Unter dem Zwillingsstern
konnte, daß es um Rache oder Selbsterhaltung ging.
»Das ist ein Scherz ein gesch m ackloser, sc h l echter Scherz . «
»Nein, das ist es nicht. Eine ganze Reihe von L euten, die w eiter arbeiten wollen, tun es bereits. Dein Vater ist t o t, ihm tut d a s nic h t m ehr weh. Du brauchst nur einen g u ten Bekannten deiner Mutter, der bereit ist, mitzuspielen und zu schwören, daß er eine Affäre m it ihr hatte.«
»Meine Mutter soll s i ch prostituieren und…«
»Komm von d e m hohen Roß herun t er, Hel m ut«, unterbrach Robert, der in bezug auf Mütter und ihre Affären e m pfindlich war, unerwartet heftig. »Einen S eitensprung zu gestehen m acht deine Mutter nicht zu einer Prostituierten. W o lebst du, im Mittelalter?«
»Meine Mutter m üßte da m it leben, unter all ihren Freunden und Bekannten, die sich fragen werden, ob es nicht stim m t .«
»Nun hör mal zu, Helmut«, sagte R obert, senkte seine Stim m e zu einem bedrohlichen Flüstern und packte den sehr viel kleineren Mann bei den Schultern, etwas, das in der Vergangenheit bei Proben im m er einschüchternd auf He l m ut gewirkt hatte, »so wie ich das sehe, stehen dir folgende Möglich k eiten offen: Du kannst versuchen, Arbeit im Ausland zu fi nden, wie B rigitte.« Brigitte h a tte k eine A r beit gefunden und schließlich weniger aus Liebe denn aus Mangel an Altern a tiven einen öst er r eic h ischen Geschäftsmann geheiratet, und das wußten sie beide. »Du kannst deine Karriere so lang unterbrechen, wie Hitler an der Macht i s t, und gegen m i serable Bezahlung für den völlig überfüllten jüdischen Kulturbund s pielen. Oder du versuchst, d ie Mistkerle mit ihren eig e nen Regeln zu schlagen, schluckst deinen Stolz herunter, strengst dieses Verfahren an und spielst eine der vier Hauptrollen in einer UFA-Produktion.«
»Und wie soll ich hinterher m it m ir selbst leben ? «
Es klang wie ein P rotest, doch R obert hörte die zukünftige Kapitulation heraus. Manch m al wünschte er sich etwas weniger E r folg darin, Menschen zu m anipulieren; doch nicht j e tzt. Es war das Beste f ür Hel m ut, sagte er sich, und es erleichterte die Ausführung seines Vorsatzes, all s eine in De u tschland verbliebenen Mitarbeiter durch die Zeit von Hitlers Regi m e zu bring e n, beträchtlich. Aber es gab ihm auch das Gefühl, eine Ratte zu sein, wie er es Jean-Pierre gegenüber ein m al ausgedrückt h atte.
» W ie wir alle«, antwortete Robert und versuchte, sich nichts von seinen Gedanken an m erken zu las s en und statt dessen weiterhin Autorität zu projizieren. »Augen zu und durch zum rettenden Ufer, auch wenn die Brühe noch so ekelhaft ist.«
»Manch m al bist du…«
»Ja, ich weiß.«
Nach diesem Erlebnis im Vorfe l d waren die Dreharbeiten, als sie endlich begannen, ein Z uckerschleck e n. Er genoß es, wieder m it seinen Leuten zusam m ena r beiten zu können, er genoß es, wieder selbst die W elt um sich einzurichten, nachdem er s i ch bei dem Rüh m ann-Film und dem Engag e ment im Schillertheater wieder in der Position eines Schauspielers unter ander e n Schauspielern befunden hatte, und seine Lieb e sa ff äre m it dem Zellul o id hatte s eit Iffland, trotz oder gerade wegen der m angelnden W i rkung von Iffland auf d i e Öffen t lichkeit, nicht nachgelassen. Den staatlichen Aufpasser, der ihm verpaßt worden war und der hin und wie d er die Dreharbeiten besuchte, ignorierte er, so gut er konnte, und war dankbar dafür, daß Monika sich des Mannes annahm, indem sie die konservative preußische Adlige hervorkehrte. W as Albers und die anderen Mitwirkenden an d e m Film anging, die er noch nicht kannte: es hatte Robert nie Schwierigkeiten bereitet, sich neue Freunde zu schaffen, wenn er es wirklich darauf anlegte. Alte F reunde zu b e halten erwies sich als proble m at i scher. Hel m ut, dem m i t seinem schwebenden Verfahren tatsächlich eine Arbeitserlaubnis für Irrungen, Wirrungen zuteil geworden war, stra h lte n ic h ts als g equ ä ltes Ung l ück aus; für die m eisten Gideon-Szenen paßte das nicht übel, aber nicht für alle, und außerdem wirkte es auf Robert wie ein leibhaftiger Vorwurf.
Als der sonst so verträgliche Hel m ut einen Streit m it Hans Albers anfing, wußte Robert, daß die S i g n ale endgültig auf Sturm standen. Albers hatte ein sehr schwaches Gedächtnis und verließ sich regel m äßig darauf, seinen Text von ent s prechend aufgestellten schwarzen Tafeln, die in der Fil m welt »Nege r « genannt
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