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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Irrungen, Wirrungen bemüht, aber vor alle m , weil er in dem Stoff Neuland sah, etwas, das von seiner eigenen W e lt ganz und gar entfernt war. D ie Überzeugung, das fil m ische Gegenstück zu Fontanes ironisch-distanzierter Erzählweise liefern zu können, begleitete ihn durch die Arbeit an Drehbuch und Fil m , bis ausgerechnet Hel m ut daherkam und die Geschichte auf e i ne W eise interpretierte, die ihm vorher hätte auffallen müssen. Auf e in m al fragte er sich, ob ihm sein Unterbewußtsein b e i di e sem Film tatsäc h lich St r eiche ges p i e lt hatt e . Es würde eine W eile dauern, bis er diesen Floh im Ohr wieder lo s werden würde.
    Im großen und ganzen verliefen d i e Dreharbeiten danach störungs f rei. Die nächste Krise k am erst, als Robert den Rohschnitt d es Fil m s schon hinter sich hatte und, das feste Theaterengage m ent für den Herbst in der Tasche, bereits voller Pläne f ü r den näch s t en Film steckte. Er bewunderte F r itz Längs M und trug sich schon seit längerem m it der Idee eines Kri m inalst ü cks. Die Studie eines Mörders, aber d ieser Mörder sollte nicht an seinen zahlreichen V e r b rechen scheitern, sondern ausgerechnet für den einen Mord bestraft werden, den er nicht begangen hatte, und der Kom m issar, der ihn verhaftete, sollte das als einziger w issen. Da er gerade dabei war, Zettel um Zettel m it Notizen über diese Idee vollzukritzeln, verstand er den Anruf von Astrid zunächst falsch.
    »Chef«, sagte sie m it ihrer leis e n, im m er etwas ate m los klingenden Stim m e, »h a st du das von deinem Film gehört ? «
    »Aber ich habe doch noch gar kein Szenarium eingereicht«, entgegnete Robert verblüfft.
    »Irrungen, Wirrungen«, erläut e rte Astrid. »Sie drehen einen neuen Schluß. Reiß m ir nicht den Kopf ab, aber da ich am Drehbuch m itgearbeitet habe und kein neues Honorar dafür verlangen kann, m ußte ich es u m schreiben. Im Mo m ent telefoniert jeder Albers hinterher, um ihn zu f i nden, er m a cht nä m lich gerade Ferien, also hast du noch eine Gnadenfrist, und ich dachte, ich warne dich.«
    Er versuchte, sich zu beherrschen, obwohl er Mordgedanken hegte.
    » W as für ein neuer Schluß ? «
    »Botho trifft Lene nach Jahren wieder. Gideon ist tot, Käthe ist tot, und die beiden können heiraten. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.«
    »Danke, Astrid. Ich schulde dir et w as«, stieß Robert hervor, warf den Hörer auf die Gabel und wies den nächsten Taxenfahrer, den er finden konnte, an, so schnell wie m öglich nach Babelsberg zu fahren.
    »Hören Sie, junger Mann«, sagte der wichtigste Produzent des Fil m s nicht unfreundlich, »das richtet sich nicht gegen Ihre Arbeit. Aber was Sie uns geliefert haben, i s t einfach z u … düster und m orbide. Zu m indest das l e tzte Drittel. W i r brauchen Fil m e, die das Publikum glücklich zurücklassen. Also, dieses Schlußbild, wo das Balkongitter einen Schatten auf Albers wirft, daß er aussieht, als sitze er im G e fängnis m it der dum m en Zicke, die er geheiratet hat, das ist nicht glücklich. Und das Mädel am Schluß m it Holpert s t att m it Albers, das verzeiht m an uns nie. W i r hängen einfach etwas Aufmunterndes dran, und der Film ist gerettet.«
    »Nein, ruiniert.« Robert holte tief Ate m ; Argu m e nte über die Integrität ei n er Geschic h te würden hier nicht helfen. »Die Presse wird Sie zerreißen, w enn Sie Fontane so…«
    Sein Gegenüber wurde ungeduldig. »Jetzt kom m en Sie m i r nicht da m it. Erstens kennen die m eisten Leute von Fontane gerade noch Effi Briest. Zweitens haben Sie selbst ganz schön an d e m heru m gedoktert, was uns Ihr Vorgänger da hinterlassen hat, und drittens brauchen wir uns wegen der Presse kei n e Sorgen zu m achen. W i r leben schließlich nicht m ehr in der Syste m zeit m it ihren jüdischen Kriti k ern. H eutzutage gi bt es n u r n och orde n tliche Betrachtungen, keine zersetzenden Kritiken.«
    Robert versuchte es m it Rationalität, m it Berechnung, m it Char m e, m it Beschwörungen, m i t Drohungen, die, wie sie beide wußten, leer waren. Er konnte noch nicht ein m al glaubwürdig behaupten, nie wieder für die UFA arbeiten zu wollen. Am Ende verließ er Babelsberg und Berlin. Er war nicht m ehr an d e m Endschnitt von Irrungen, Wirrungen interessiert; selbst noch bei der Verstü mm elung seines Films m itzuhelfen war etwas zuviel ver l angt. W ütend packte er einen Koffer und teilte Monika mit, er wer d e eine

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