Unter dem Zwillingsstern
m it ihm i n Berlin gewesen, und er hatte eine der berüh m ten Reinhardt-Inszenierungen erlebt, was Carlas Vorteil m it den Münch n er Kam m erspielen wie d er etwas wett m achte. Sie lac h te.
»Max Reinhardt und du.«
Er wußte, worauf sie hinauswollte, und bestätigte in seinem selbstsichersten T onfall: »Ich und Max Reinhardt«, ehe er in i h r Lachen einfiel. De sw egen, dachte Carla, war es unmöglich, lange auf ihn böse zu sein. Er war eingebildet, und zu allem Überfluß auch noch zu Recht, aber er war auch der einzige Men s ch, den sie ka n nte, der über sich selbst lachen konnte.
»In m einer Fassung«, sagte Robert, nachdem s i e sich wieder beruhigt hatten, »hört das Stück auf, nachdem Cassius und Brutus aus der Stadt geflohen sind. Wenn m an die Schlußakte rauswirft, braucht m an keine Soldatenkostü m e und viel weniger Leute auf der Bühne. Außerdem ist es so ein besserer K r i m i.« Er grinste. »Und es dauert nicht so la n ge, daß die Eltern gela n gweilt wer d en und irge n d je m and seinen Text vergißt.«
Sie konnte sehen, daß er darauf bra n nte, ihr ein paar Szenen vorzuspielen, aber sie beschloß, ihn noch ein wenig zappeln zu lassen.
» W enn du gestern abend schon hier gewesen wärest«, sagte sie, »hättest du wirklich was erleben können. In den Kammerspielen haben sie ein neues Stück aufgeführt, von einem neuen Dra m atiker. Mein Vater ist m i t uns allen hin, um Mariannes Verlobung zu feiern behauptet er. Aber viellei c ht hat er nur Philipp den Hai ärgern wollen, weil es nämlich hieß, in dem Stück gehe es um einen Kriegshei m kehrer. Aber am Schluß w a ren sie be ide entsetzt . «
Sie schwindelte etwas; von »uns« konnte keine Rede sein. Man hatte sie daheim gelassen, und sie mußte sich ihren Reim aus den Zeitungsartikeln, der türknallenden Reaktion ihres Vaters und einigen Äußerungen seiner Begleiter m achen. Robert erfuhr, der Kriegshei m kehrer in dem Stück beteilige sich erst an der Revolution, nur um ihr dann den Rücken zu kehre n , nicht etwa wegen einer politischen Bekehrung, sondern weil er das private Glück m it sein e m Mädchen, das obendrein von einem anderen ein Kind erwartete, vorzog.
»Die Leute haben geklatscht wie w i ld«, sagte C arla, die sich d a m it auf sicherem Boden bewegte, denn das hatten alle Zeitungen geschrieben, »aber m ein Vater hat gesagt, wenn die Kammerspiele noch weiter m it sein e r Unterst ü tz u ng rech n en wollten, da n n sollten sie aufhören, Dra m en zu insze n ieren, die Gesinnungslosigkeit und Un m oral glori f izierten. Das heißt, Gesinnungslosigkeit war Mariannes Ausdruck. Un m oral…«
Sie verstu mm te jäh, und Robert, der wußte, was ihr m it einem mal in den S i nn gekommen war, be m erkte ha s ti g : »I ch dac h te, Marian n e spricht nicht m ehr m it dir.«
»Tut sie a u ch nic h t. Sie hat es zu Philipp dem Hai gesagt«, gab Carla zurück, und klang im m er noch bedrückt.
Es lag Robert auf der Zunge, ihr etwas über die Zeit in Berlin zu gestehen, weil es ihm immer leichter fiel, Carla von seinen Sorgen zu erzählen, w enn sie selbst beküm m e rt war. Doch ehe er dazu ka m , erre g te e tw a s ihr e r b e i d er Auf m erksa m keit. Aus einer Seitenstraße drang rhyth m isches G e gröle, das rasch näher ka m . Carla legte den Kopf schief und lauschte, aber das erwies sich a l s unnötig. Ein aus zehn oder zwölf Männern bestehe n der kleiner Trupp bog um die Ecke, und nun waren die W orte, d i e von den einzelnen Mitgliedern laut gerufen wurden, deutlich a u szumachen: »Judensäue! Nove m berverbr e cher! Raus!«
» W er sind denn die ? « erkundigte sich Robert, der die braunen Unifo r m en, die sie alle trugen, noch nie gesehen hatte.
»Die gehören zu einer von den ganz rechten Parteien. Davon gibt’s jetzt im m er m ehr«, erwiderte Carla und runzelte die S tirn. »Ich glaube, die wollen in die Redaktion der Münchner P ost.«
Sie kannte die Adresse, Althei m er Eck 13, und wußte, daß sie gleich um die Ecke lag. Außerdem hatte sie gehört, wie Käthe Frau Hallgarten erzählt hatte, daß die »Braunen« die Redaktion bereits m eh r fach überfallen hätten; m an h a tte um Polizeischutz gebeten und ihn selb s tv e rstän d lich n icht er h alt e n. » W ir w e rden uns eben selbst verteidigen müssen«, hatte Käthe erbittert gesagt. Aber gewiß war sie heute nicht dort; das wäre ein zu unglaublicher Zufall gewesen. Sicher saß sie in Bogenhausen und korrigierte Carlas
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