Unter dem Zwillingsstern
Krieg gibt und Deutschland gewinnt? Versprich m i r w e nigstens, daß du ein Visum beantragst. Nur f ür den Not f all. Falls es Krieg gibt und wir bis dahin Dr. Gold m ann aus Deutschland herausgeschleust haben.«
Nach einigem Hin und Her verspra c h Käthe, zu m i ndest den Antrag zu stellen, und ließ sich überreden, einen der drei verbliebenen Dia m anten zu behalten, wenn Carla m it den beiden übrigen für Dr. Gold m ann ein Schließfach eröffnete. Die Sache m it den D i a m anten brachte Carla auf die Idee, Kät h es Abneigung, Geld von ihr anzuneh m en, auf die Art zu u m gehen, daß sie ihr S ch m uck schenkte. Es brachte ihr zuerst einen eisigen Blick und energische Proteste ein, also entschied sie sich für eine scha m l ose Manipulation. Käthe wußte, wie sch w er ihr e m otionale Ges t ändnisse fielen, also würde ihr bei diesem gar nichts anderes übrigbleiben.
»Bitte n i mm die Halskette m it dem Medaillon. Du weißt nicht, was es m i r bedeutet, daß du es trägst was du m i r bedeutest. Mir wurde es zum ersten Mal klar, als du so böse wegen m einer Entscheidung für das Theater war s t. Dich zu enttä u schen war furchtbar. Für m eine ric h tigen Eltern war i c h vom Tag m einer Geburt an ei n e Enttäuschung, weil sie einen Jungen erwartet hatten, aber du hast mich akzeptiert. Verstehst du nicht, du bist m eine richtige Mutter, und wenn du m i ch jetzt wieder zurückweist…«
Käthe kapitulierte. Es war schlicht w eg Erpressung durch Schuldgefühle, und sie wußten es beide, aber obwohl die W ortwahl berechnend war, entsprach der Inhalt der Wahrheit, und es kostete Carla einiges an S tolz, sich zu dieser Offenbarung durchzuringen. Hinterher waren sie beide verlegen, und Käthe gab ihr einen ungeschickten Wangenkuß zum Abschied.
Inzwischen war die Drehzeit in W a l es vorbei, und die Produktion hatte sich in die Ranks Studios in der Hauptstadt verlegt, was für Carla eine Verkürzung ihrer Reisezeit bede u tete. An dem Wochenende, an dem sie Käthe die Halsk e tte schenkte, kehrte sie bereits wieder gegen sechs Uhr abends in ihr Hotel z u rück, statt wie früher spät in der Nacht einzutreffen. Es handelte sich um ein kleines, aber exquisites Haus in Mayfair, in dem außer ihr und Nancy von der Fil m crew nur noch die beiden üb r igen Hauptdarsteller und Eddie Feiton wohnten. Der Regisseur d e s Fil m s lebte ohnehin in London, und der Rest des Produktionstea m s war von Paramount und Korda in billige r en Hotels u n ter g ebrac h t wo r den.
Nancy hatte sie dies m al nicht nach Paris b egleitet; s i e h atte sich das W ochenende für die Durchsicht eines neuen Skripts, das gerade aus A m erika eingetroffen war, ge n om m en. Da sie am liebsten in der Abgeschiedenheit ihres Zimmers arb e itete, überraschte es Carla, s i e im Foyer zu finden, wo sie je m andem gegenüb e rsaß, von dem über dem breiten Ledersessel nur der schwarzhaarige Hinterkopf zu sehen war. Als Nancy Carla erblickte, stand sie auf, und der Mann im Sessel tat das gl eiche.
»Du hast wieder Fa m ilienbesuch«, sagte Nancy; an Carlas Reglosigkeit m erkte sie, daß etwas nicht stim m te, und ihr Lächeln verrutschte ein wenig, doch sie fuhr fort: »Dies m al ist es d e in S c hwager aus Deutschland.«
Das Schlim m ste war, daß Nancy es nicht wußte. Carla hatte ihr erzählt, daß sie eine unglücklich verlaufene Aff ä re m it einem Mann gehabt hatte, aber nicht, m it w e m . Es war ihr auch bekannt, daß Carlas Schwester tot war und daß ihr W itwer und Carla nicht m ehr in Verbindung m iteinander standen, schließlich konnte sie sehen, w e m Carla nach Europa schrieb. Aber zu keinem Zeitpunkt hatte Car l a den N a m en ihres Liebhabers genan n t noch sich die Mühe ge m acht, die falsche Schlußfolgerung, die N ancy aus der kurzen Erzählung zog, zu berichtigen, da s i e i h r v ö llig entgangen w ar daß nä m lich d i e Affäre deswegen gescheitert war, w eil es sich um einen Mann, nicht um eine Frau gehandelt hatte. Nancy in ihrer Ahnungslosigkeit, die nicht m ehr lange anhalten würde, neben Philipp stehen zu sehen war f ast so al b t r au m ha f t, wie Philipp n e ben Nancy stehen zu s ehen. In diesem Mo m ent hätte sie Robert umbringen können.
Philipp schaute sie an, und die Er i nnerung an ihre letzte Begegnung, an die Nacht, die von Zärtlich k eit zu völli g er Desill u si o nierung u m geschlagen war, sprang wie ein körperliches Wesen zwischen sie. Er war kaum gealtert, hatte lediglich ein
Weitere Kostenlose Bücher