Unter dem Zwillingsstern
nicht nur auf Goebbels’ Abschußliste und ein gutes Beispiel, was Goebbels Sch a uspielern antun konnte, hatte im letzten Oktober der Tod von Renate Müller nach Jahren voller Schikanen abgegeben -, sondern auch auf der der Gestapo. Trotz seiner Ehe m it Marianne Hoppe war Grü n dgens’ Homosexualität ein m ehr oder weniger offenes Gehei m nis.
»Ich erwarte gar keine Sicherh e it m ehr«, sagte Hel m ut düster.
»Nur einen Lebensunterhalt.«
Gründgens musterte ihn nachden k lich. »Ich kann m ich noch erinnern, daß dein Gedächtnis hervorrag e nd ist, aber wie schnell bist du im Einstudieren ? «
»So schnell wie nötig, anders kann m an nicht überleben und m i t Robert arbeiten«, entgegnete Hel m ut, schon etwas hoffnungsvoller.
»Der Mann wirft einem ständig die Texte u m .«
»Das nennt m an Kreativität«, warf Robert ein. »Außerdem wollen Talente ausgenutzt werden.«
»Zweifellos«, m einte Gründgens. »Unser Krauß schaut m i r in den letzten Tagen bedenklich grün aus, und seine reguläre zweite Besetzung ist bereits der Grippe erlegen. W enn er vor der Pre m iere au s f ällt, stehen wir m it einem Riesenproblem da. Also, Hel m ut, betr a chte dich als vorläufiges Mitglied des Ens e m bles, und frische deinen Shaw auf. Ich werde m it Liebenei n er reden, da m it er die Rolle im Schnellverfahren m it dir durchpaukt… falls Liebeneiner m i t m i r redet. Er m a c ht m ich n ä mlich für Sch m idts Ohnmacht von vorhin verantwortlich, und das, nachdem er den Mann m it Mühe und Not v o m Deutschen T heater weggelockt hat.«
Robert blieb noch eine Weile, um über Dantons Tod zu reden, weil Gründgens im nächsten Jahr selbst das Risiko eingehen wollte, dieses Stück zu inszenieren; wenn sich der Film bis dahin fertigstellen ließ, konnten sie die Pre m ieren so miteinander abstim m en, daß beide davon profitierten. Da n n ging er, um eine Sorge erleic ht ert, nach Hause, wo er Dr. Gold m ann bei einer für Dadas Verhältnisse heftigen Auseinandersetzung m it Monika antraf.
Seit Monaten grübelte er über das n ach, was C a rla in ihrem Brief vorgeschlagen hatte. Mehr als ein m al stand er kurz davor, es tatsächlich zu tun, aber jedes m al hielt ihn die Furcht, alles nur noch schlim m er zu m achen, zurück. W enn Dada a m Ende gebrochen und m angels eines beantragten Visu m s immer noch nicht ausreisefähig wäre… Robert versuchte selbst, für Dr. Goldmann Visa zu beantragen, und hatte keine Skrupel, dabei d i e Unterschrift s e ines Zi ehvaters zu fälschen, aber b i sher war noch kein einziger positiver Bescheid zurückgekommen. Ohne einen solchen Bescheid, sagte er sich, hatte es keinen Sinn, Dada und sich der Tortur zu unterziehen, die ein solches Gespräch dar s tellen würde. Die gleic h zeitig seine Buße für Nancy sein würde, denn er wußte g e nau, worauf Carla hi n au s wollte.
»Robert«, sagte Monika aufgebracht, »würdest du deine m … väterlichen Freund bitte verdeutlichen, d a ß er sich nicht in die E r ziehung m eines Kindes einzu m ischen hat ? «
»Ich habe lediglich versucht, M a rtina einiges zu erklären. Kinder sollten keine W orte wiederho l en, die sie nicht verstehen.«
Monikas Mundwinkel krüm m t en si ch verächtlich. »Oh, und ich neh m e an, wenn Martina der klein e n Annegret Schlosser gegenüber wiederholt, daß es auch gute Juden g i bt, versteht sie, was sie sagt? Es war sehr peinlich, als ich das Sybille erklären m u ßte!«
» W er«, unterbrach Robert, ehe Dr. Gold m ann etwas entgegnen konnte, »ist Annegret Schlosser?«
Die Frage b rachte ihm einen erbost e n Blick seiner Frau ein, die es bezeich n end fand, daß er sich den unwichtigsten Punkt aus ihrem Anliegen h e rausg r i ff . Sie t e ilte ihm m it, die kleine Annegret sei die Tochter ihrer Freundin S ybille und derzeit eine von Martinas liebsten Spielgefährtinnen, etwas, das er w üßte, wenn er sich ein wenig m ehr um seine Tochter küm m ern würde. Doch hier ginge es um etwas Grundsätzliches. Martina werde im n ächsten Jahr m it der Schule anfangen, und dann sei es doch wirklich unangebracht, wenn sie im Unterricht da m it herausplatze, das habe m an ihr zu Hause aber anders erzählt. Dr. Goldmann protest i erte, ehe er sich eines Besseren besann, sie könne doch nicht wollen, daß ihr Kind nur m it Lügen groß werde.
» W elche Lügen ? « fragte Monika k a lt. »Ich gebe zu, ich war voreingenommen und habe eine W eile gebraucht, um diese Voreingenom m enheit zu
Weitere Kostenlose Bücher