Unter dem Zwillingsstern
nie m and, auch Käthe nicht, es sei denn, sie wagte nicht, ihm darüber zu schreiben, sollten ihre Briefe kon t rolliert werden. Daß sich Robert ihm in einer so wichti g en Sache nicht anvertraute, wohl aber zwei Fre m den, k r änkte Dr. Gold m ann zutiefst. Er fragte sich einmal m ehr, ob Robert ihn unter anderen U m stä n den, ohne Hitler, nicht längst aus seinem Leben ausgeschlossen hätte und nur noch ein m al im Jahr, wenn überhaupt, besuchen würde. S ein Stolz verbot es ihm lange, die Schweizer auszufragen, und als Robert wieder ein m al das Geld ausging und die Produktion bis zur nächsten Finanzspritze eingestel l t werden m ußte, war es zu spät.
Robert hatte m it seinem Kri m inal f ilm, Endlos, zum ersten Mal genau den Erfolg gehabt, den er sich wünschte: beim Publikum, bei den Kriti k ern, im In- und im Ausland, gen a uer ge s agt, bei der Biennale in Venedig, dem neuen Filmfest, das in Italien ein Publikum a us aller Herren Länder vereinigte. Das Pro b lem lag darin, daß durch die derzeitigen Bedingungen der deutsche Fil m export ins Ausland nahezu gänzlich zurückgegangen war und der Verleih, den er schließlich in Österreich gefunden hatte, Felicia, einfach nicht m it der UFA konkurrieren konnte, was die Distrib u tion an Kinos anging. In den Kinos, in denen Endlos lief, war der F ilm sehr erfolgreich und sorgte außerdem für einen regen Verkauf der Haffner-Sy m phonie, die Robert in dem Film leit m otivisch eins et zte.
»Ein scha m l oser Klau bei Fritz Lang, gebe ich zu«, sagte er zu Dr. Gold m ann, »ich habe nie vergess e n, wie er den Peter Lorre in M d iese Peer-Gynt-Melodie pfeifen ließ. Aber darauf kann hierzulande keiner m ehr hinweisen, nicht wah r ? W as die Zensur nicht alles für einen tut.«
Es war die Art von zynischer Be m erkung, wie er sie seit seinem Besuch in E ngland immer öfter m achte. Früher hätte der Erfolg von Endlos, selbst wenn es wegen der beschränkten Aufführungs m öglichkeiten kein finanzieller Erfolg war, Robert in Hochstimmu n g versetzt. St a tt d essen v e r f iel er bei seinem nächsten P rojekt aus g erechnet auf Dantons Tod, ein Stück, daß selbst Dr. Gold m ann, überzeugter Anhänger der deutschen L iteratur des 19. Jahrhunderts als kulturellem Höhepunkt und derzeitiger bester Flucht m öglichkeit aus der Gegenwart, insgeheim unerträglich fand. Es war ihm zu düster, zu hoffnungslos, und in diesen Tag e n m it seiner Porträtierung einer im Chaos versinkenden, sich selbst zerstörenden Welt der Realität zu nahe. Er wunderte sich, daß Robert überhaupt die Erlaubnis zu einer Verfil m ung erlangt hatte, zu m al es kaum in den Theatern aufgeführt wurde.
»Es handelt sich um d e utsches K u lturgut«, entgegnete Robert auf seine Frage hin sarkastisch, » m it antifranzösischem Propagandawert. Ähnlichkeiten zu unserer eigenen glorreichen Revolution sind unmöglich, da die in dem Stück doch von dekadenten W elschen durchgeführt wurde. So habe ich es der K a m m er verkauft. Natürlich brauchten sie noch etwas m ehr Beweise für m eine Gesinnungstreue, also wirst d u m ich demnächst in einem dieser unsäglichen Fridericus-Epen sehen, wo Otto Gebühr uns zum hundertsten Mal m it der gleichen Darstellung beglückt.«
Roberts Reise nach England hatte auch nicht dazu beigetragen, sein Eheleben zu verbessern, und inzwischen bezweifelte Dr. Gold m ann, ob das überhaupt noch möglich war. Immerhin be m erkte auch Monika, daß der Som m er 1937 etwas zwischen Robert und Carla verändert haben mußte, doch inzwischen schien es sie n i cht m ehr zu küm m ern. Sie verbrachte ihre Zeit da m it, allen möglichen Frauenorganisationen beizutreten, und ignorierte Dr. Gold m ann, s o gut es ging, was m ittlerweile auch M artina auffiel. Sie m ußte ihre M u tter nach dem Grund gefragt haben, denn eines T ages kam sie zu Dr. Gold m ann, u m ar m te ihn und erklärte, sie liebe ihn, auch wenn er ein Jude sei, und ganz gewiß gebe es auch gute Juden. Es war einer der bitter s ten M o m ente sei n es Leben s , denn so gut das Kind es m einte, es zeigte doch, daß die schleichende Vergi f tu n g sein e r Se e le bego n nen hatte. A ber alle privaten S o rgen wichen in den Hintergrund, als Hitler Anfang Septe m ber 1938 be g ann, von ei n er » m ilitäri s chen Unterstützung der Sudetendeutschen« zu sprechen.
Für Dr. G o ld m ann war die Aussic h t auf Krieg in einer W eise schrecklich, die nichts m it der Befürchtung, Deutschland dann nic h t m
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