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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wert bin!!!«
    Plötzliche S tille h e rr s c h te in dem Auto. Dann tat Dr. Gol d m ann etwas Unerwartetes. Er kurbelte s e in Fenster herunter, um e twas von dem kalten Rauch hinauszulassen, und sagte in aller Ruhe: »Nicht, wenn du so schreist, Rob e rt. Das ist ganz und g a r n i cht gut für m ein Trommel f ell.«
    Einige Sekunden lang wirkte Robert noch aufgebracht, b i s s i ch die verzweifelte Spannung in ihm in Gelächter löste. » S cherze auf m eine Kosten, Dada ? « fragte er, als er s i ch wieder ber u higt hatte. »Du m eine Güte, wir werden er w achsen, nicht wahr ? «
    Martin Gol d m ann ö ff nete die Mil c hflasche. »Möglicherweise. Das heißt nicht, daß ich vergessen kann, was du… Es wird nie w i eder so sein wie früher. Aber auch ohne Podest kann ich wohl nicht aufhören, m i ch um dich zu küm m ern, m e in Junge. Das ist eine zu alte Angewohnheit, die wird man nicht m e hr los.« E r seufzte. » N ur werde ich es wohl von jetzt an aus der Ferne tun m üssen.«
    Wenn wir Glück haben, dachte Rob e rt. W enn wir sehr viel Glück haben und ich dies m al in Sachen Philipp Bach m aier richtigliege.
     
    In den letzten Jahren hatte sich die Einwohnerschaft von Bogenhausen verändert. Berüh m theiten wie Tho m as Mann und Constanze Hallgarten, deren Villa nun das polnische Generalkonsulat beherbergte, hatten Deutschland verl a ssen m üssen, und in der Donaustraße war ein Gebäude in Form eines Hakenkreuzes entstanden. Trotzdem lebten in d e m Viert e l o ff enbar immer noch einige Juden; als Robert in die Möhlstraße einbog, konnte er auch hier die zerschlagenen Scheiben sehen.
    »Robert, fahr langsa m er«, sagte Dr. Gold m ann plötzlich. »Das da vorne das ist Blut auf der Straße. Da m uß j e m a nd o m ein Gott.«
    Soviel zu der Hoffnung, der »Volkszorn« habe sich auf Berlin beschränkt oder auf Sachbeschädigu n g. Nun, daran hatte Robert nicht ernsthaft geglaubt. Es dauerte nic h t m ehr lange bis zur Pienzenauer Straße, und Dr. Gold m a nns Erschöpfung und Schockiertheit ließen sich daran erkennen, daß er erst j e tzt begriff, wohin sie unterwegs waren. »Das kann doch nicht dein Ernst sein«, protestierte er fassungslos.
    »Das ist m ein Ernst.«
    »Robert, ich bin jetzt nicht in der Lage, m it diesem Mann zu sprechen, nicht nach de m , was er und s e inesgleichen in der letzten Nacht getan haben.«
    »Du brauchst nicht m it ihm zu sprechen, das erledige ich. Ver m utlich ist er ohnehin schon unterwegs, und wir haben es erst ein m al m it dem L a mm zu tun.«
    »Mit we m ? «
    »Mit seiner Frau.«
    Elfi Bach m aier hatte sich seit ihrer letzten Begegnung sehr verändert. Zunächst ein m al besaß ihr Haar wieder seine natürliche Farbe und fiel ihr aschblond über die S c hultern. Außerdem trug sie ein Dirndl, was Robert unter anderen U m ständen belustigt hätte. Verständlich, daß sie sich so gründlich wie m öglich von Carla absetzen wollte, aber m it den Rüschär m eln und der karierten Schürze erinnerte s i e auf f atale W eise an die Ser v iererinnen im Hofbräuhaus. I mm erhin, einen m odischen Vorteil hatte das T rachtenkleid: Es hob ihren Busen, der größer war, als er si ch erin n erte, hervor, und er fragte sich, ob sie dem Kind wohl die Brust gab. Sie hatte ihm e i ne Geburtsanzeige geschickt, doch ihm war der Na m e von Bach m aier junior wieder entfallen, er wußte nur noch, daß es sich um einen Jungen handelte, der inzwischen etwa e i n Jahr alt sein m ußte. Ihr Gesicht hatte seinen gehetzten, ungl ü cklichen Ausdruck verloren; sta t t dessen wirkte sie m ehr verblüfft als unangenehm berührt über den morgendlichen Besuch zweier unrasierter, hohläugiger Männer.
    »Ja, Robert… also das ist eine Überraschung!«
    Dies m al verzichtete er a uf die Präli m inarien. »Es ist ein N ot f all«, präzi s i erte er. »Ich bra u che Ihre Hilfe, die Ihres Gatten, das Telefon und zwei Zimmer für die nächsten Tage, nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge.« Er m achte eine Kopfbewegung zu Dada. »Darf ich Ihnen m einen Vormund, Dr. Gold m ann, vo r stellen… Martin, das ist El f i Bac h m aier.«
    Man verlas s e sich auf Dada. Übernächti g t oder nic h t, s c h ockiert oder nicht, er begrüßte Elfi Bach m aier m it der for m vollendeten Höflichkeit, die er Frauen gegenüber s t ets an den Tag l e gte. Elfi das Lamm war deutlich rei f er geworde n ; sie m achte ein bestürztes Gesicht, stellte jedoch keine überflüssigen Fragen, sondern bat Dr.

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