Unter dem Zwillingsstern
wieder ern s t und brachte ihn in das Eßzim m er, wo inzwischen wieder gedeckt worden war. Dr. Gold m ann, den sie unterwegs im Salon abholten, zeigte keinen großen Appetit, m achte jedoch heroische Anstalten, so etwas wie ein nor m ales Gespräch m it Elfi Bach m a ier zu führ e n, die ihrerseits nic h t w ußte, worü b er s i e m it ihm reden s ollte. Die b e iders e itige Verlegenheit verschwa n d er s t , als sie ihr Baby erwähnte. Es dauerte nicht lange, dann holte sie den Säugling und ließ ihn von Dr. Go l d m ann, der genau die richtigen Fragen stellte, bewundern.
»Mein Gott, Sie sind der erste M a nn, der das Kind gleich richtig hält«, sagte Elfi, als sie ihm das Baby vorsichtig reichte. Robert schaute auf.
»Martin kennt sich aus m it Kindern«, be m erkte er m it voll e m Mund, schluckte den Rest Gelbwurst hinunter und fuhr so beiläufig wie m öglich fort: »Einen besseren Vater könnte m an sich nicht wünschen.«
Er wußte nicht, ob diese Bitte um Entschul d ig u ng ihre bea b sichtigte W i rkung tat, denn Dr. Gold m ann beugte seinen Kopf tief über das Kind, so daß sein Gesicht von Rober t s Perspektive aus nicht zu sehen war. Doch gehört hatte er es; d i e Sc h ultern strafften sich.
» W ie heißt der Junge denn ? « fragte er, nachdem eine stum m e kleine Pause ei n getr e ten w ar , m it etwas r auher S tim m e. Ho ff entlich n icht Adolf, Her m ann oder Josef, dachte Robert, sonst gebe ich nicht m ehr viel auf Dadas Selb s t be h errschung, u nd er braucht sie, wenn Philipp der Hai hier aufkreuzt.
» W erner«, antwortete Elfi. »Und Hel m ut nach meinem Vater, aber wir wollen ihn W erner nennen.«
Nach d e m Frühstück n ahm Robert eines von Philipps Rasier m essern in Anspruch, doch er konnte Dr. Gold m ann nicht überreden, das gleiche zu tun. Nun, w e nn Dada erst ein m al etwas geschlafen hatte, würde er Argu m enten wieder zugänglicher sein; zu schade, daß m a n ihn nicht jetzt schon in eines der G ästezim m er stecken konnte, aber es war wirklich nic h t a n gebrac h t, Philipp übermäßig zu provozieren. Nicht bei dem, wozu er i m stande war.
Am Ende warteten sie alle drei, ohne das wieder in seine W iege gelegte Baby, im kleinen Salon, und Rob e rt vertrieb sich die Zeit da m it, Geschichten über Otto Gebühr zum besten zu geben. Genau eine Stunde und zehn M in u ten nach Elfis Anruf kam Philipp. Robert konnte nicht widerstehen, als er das leise Ge m ur m el des Majordo m us und die schnellen Schritte, die sich näherten, hörte. » W otans Auftritt«, sagte er. » W alvater naht.«
Im Gegensatz zu Elfi Bach m aier verstand Dr. Gold m ann die Anspielung auf den dritten Akt der Walküre, wo B r unhild die flüchtende Sieglinde in Sicherheit brachte und bei ihren Schwestern auf die Begegnung m it dem erzürnten W otan wartete. Aber er war nicht in der Stim m ung, sie ko m isch zu finden. Als er das letzte Mal dieses Haus besucht hatte, hatte er es als Arzt getan, als freier Mann, als Bürger in einem Staat, der gewiß nicht v o llkom m en, aber, ver g lichen m it dem jetzigen, ein Rechtsstaat gewesen war. Daß sich die Dinge geändert hatten, war unter anderem die Schuld von Menschen wie d e m Mann, der nun die Tür öffnete und s i e alle m it einer undurchdringlichen Mie n e musterte.
»Elfi«, sagte Philipp Bach m aier zu seiner Gattin, »sei so gut und laß uns allein. Ich habe m it den Herren etwas zu besprec h en . «
Etwas blaß und m it schwankender S tim m e, ab e r entschlossen entgegnete sie: »Ich glaube, das geht auch m i ch etwas an, denn ich habe ihnen unsere Gastfreundschaft angeboten.«
»Ich verstehe. Dr. Gold m ann, ich würde gerne sagen, daß es m i ch freut, Sie wiederzu s ehe n , aber ich neh m e an, Sie legen darauf derzeit genauso wenig W ert wie ich. Betrach t en Sie si ch bitte als Gast m einer Frau, während ich m it unser e m g e m einsamen Freund hier einen kleinen Spaziergang unterneh m e. E l fi, küm m ere dich um Dr. Gold m ann.« Er s chaute zu R obert. »Kom m en Sie ? «
»Nach so einer Einladung? Aber m it Vergnügen.«
Er warf Dada einen beschwörenden Blick zu und folgte Philipp bis in den Garten hinaus, der, verglichen m it Heinri c h Fehrs Zeiten, entschieden v erbessert worden war, wenn m an es vom streng geo m etrischen Standpunkt aus betrachtete. Hecken, Beete, Sträucher, alles war sorgfältig voneinander getrenn t , gepflegt, zurechtgestutzt und teilweise für den W i nter abgedeckt. Robert ver m ißte den
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