Unter dem Zwillingsstern
aber nicht für die der besten Hauptdarstellerin, fühlte sie weder E n ttäuschung noch Groll, obwohl einer der wichtigeren Kritiker des Land e s in ihr Lager übergesch w enkt war und in d e m Artikel zu den Oscar- N o m inierungen schrieb, wenn sie nicht für ihre Schreckgespenst e r berüh m t wäre, »hätte man Miss Fehrs hervorragende Lydia Gwilt b e rücksic h ti g t«. Sie versuchte, nur noch die anderen Geschöpfe, den e n sie Leben gab, etwas empfinden zu lassen; selbst zu fühlen war zu beschwerlich, tat zu weh, und um sich ganz und gar davon abzus c hneiden, begann sie den Versuch, sich von jenem anderen Teil jenseits des Atlantik, der Nancys Schwäche und ihren eigenen gehei m en Wuns c h nach Freiheit zum Vorschein g ebrac h t hatte, zu tren ne n. Zuerst versuchte s ie es m it dem völli g en Abbruch aller Korrespon d e n z, aber si e konnte nicht aufhören, Roberts Briefe zu lesen. Dann b e schloß sie, ihn zu bestrafen, auf die gleiche Art, wie er sie m anipuliert hatte, aber dann begriff sie, daß bereits der Prozeß der Bestraf u ng die ungewollte Fähigkeit zu fühlen wie d er in i h r wachgeruf e n h atte. Auch Rachsucht u nd Haß waren Gefühle, und sie wußte nur zu genau, daß das, was sie an Robert haßte, ihre eigene S chuld war.
Der Som m e r , in dem sich Nancys Tod jährte, brachte ihr Stück für Stück ihre alten E m pfindungen wieder zurück. Nancys Schwester Lucy, die i n zwischen bald sechzehn wurde, bat s ie um ihre Hil f e, um ins College gehen zu können.
»Papa ist natürlich strikt dag e gen, wegen Nancy, als ob ihre Bildung etwas m it ihrem Tod zu tun gehabt hätte. Er will nicht einsehen, daß ich ihm viel nützlicher als Buchhalterin sein kann, als wenn er m i ch an den näch s t en reichen I d ioten verheiratet. Ich bin nä m lich hervorragend im Rechnen, Carla, und Papa ist im Grunde kein praktisc h er Me n sch. Hinter seinen Büc h ern i s t er am glücklic h sten. Deswegen i s t es ja so un f ai r . Aber i c h habe ihn dazu gekriegt, m it m ir einen Handel einzugehen. W enn i c h m ir während des Som m ers das Geld für die Kosten des ersten Se m e sters verdienen kann, nicht ausleihen, n a c h weislich m i t respe k t a blen Tätigkeiten verdienen, dann darf ich aufs College. Na, und das wäre doch gelacht, wenn ich das nicht kann. Ich habe schon einen Plan, aber für den brauche ich dich.«
Lucys Plan brachte sie zum ersten Mal s e it la n ger Zeit wi e der zum Lachen. Er setzte voraus, daß Carla und jeder ihrer Bekannten aus dem Fi l m gewerbe, den sie dafür gewinnen konnte, alles von Autogram m en über Taschentücher bis zu Pullov e rn zu e iner Verst e ig e rung freigaben.
»Schau, du kennst doch Leute wie Fairbanks und so. Neulich hat m i r eine Schulka m eradin fünfzig Dollar für ein Unterhe m d von ihm geboten! Fünfzig Dollar! Verstehst du, ich m öchte nicht, daß ihr m i r das Zeug schenkt. Ihr kriegt den reinen Sach w ert wieder, und ich kassiere den Überschuß als Ver m ittlungsgebühr. Komm schon, Carla, ich weiß doch, daß Stars so etwas gelegentlich tun, für die W ohltätigkeit. Ich bin auch ein W o h ltätigkeitsobjekt, m eine Bildung m uß gefördert w e rden!«
»Sicher«, entgegnete Carla und e r widerte Lucys breites Grinsen,
»sonst verliert die W elt eindeutig ein Verkaufsgenie.«
Daß sie sich einverstanden erklärte, hatte zu ihrer Überraschung weniger etwas m it den Schuldgefüh l en Nancys wegen und m ehr m it ihrer Zuneigung zu diesem rapide erwachsen werdenden Kind zu tun, dessen ansteckende Lebensfreude es verdie n te, n icht e rstickt zu werden. Sie hatte nie eine kleine Schwester gehab t , aber Lucy k a m d e m am nächsten.
Dann brauchte Frances Marion i h re Hilfe, die über den plötzlichen Selbst m ord ihres Ex g atten George Hill n i cht h i nwegka m , und der Versuch, Frances zu überzeugen, d a ß es nicht ihre S chuld war, daß sie getan hatte, was sie konnte, tat ein weiteres, um sie aus d e r W üste der E m pfindungslosigkeit wieder h e rauszuholen. Bei Frances traf sie eines Tages Eddie Feiton wieder, der m it seinem Drehbuch bei den Oscar-No m i nierungen ebenfalls übergangen worden und eine Zeitlang aus Hollywood verschwunden war.
»Haaallo, C arla Fehr. Wie ste h t e s ? Sprechen wir m iteinander, grüßen wir einander nur, ignorieren wir uns, oder machen wir uns gleich Vorwürfe ? «
Da er sich im vergangenen Jahr m e hrfach in ihrer Gegenwart über Frances’ »senti m entalen, alt m odischen MGM-Sch m
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