Unter dem Zwillingsstern
lachte. » W e m m an in New York nicht alles ü ber den W e g läu f t jet z t f ehlt m i r nur noch Ernst Toller in m einer Sam m lung. Der soll hier untergekommen sein, aber ich dachte eigentlich, du schwirrst in Hollywood heru m ! «
»Meistens. Zur Zeit bereite ich m ein a m erikanisches Bühnendebüt vor.«
»Grundgütiger«, m einte Eleonore, l i eß sich in den Sessel gegenüber von Carla fallen und zog eine Gri m asse, »dann hast du m ein tiefe m pfundenes Beileid. Max ist auch hier, und statt dankbar zu sein, daß er sich m it ihnen abgib t , machen die Mistkerle ihm bei den Proben das Leben zur Hölle. Es w a r schon vor zwei Jahren scheußlich, als er zum ersten Mal den A n lauf m achte, aber da konnte er wenigstens noch zur Erholung nach Europa zurück.«
Von einer anstehenden Reinhardt-Aufführung hatte Carla noch gar nichts gehört; sie öffnete den Mun d , um das zu sagen, besann sich jedoch rechtzeitig eines Besseren. In Berlin, in jeder deutschen Stadt wäre es unmöglich gewesen, von einer Pre m iere, bei der Max Reinhardt Regie führte, n i ch t zu wissen, ob nun in oder außerhalb von Theater k r ei s en. Doch sein letzter amerika n ischer Erfolg war die Aufführung des Sommerna c htstraums in der Hollywood Bowl vor drei Jahren gewesen, erfolgreich genug, um eine Verfil m ung nach sich zu ziehen, die zu einem Flop bei Kritik und Publikum wurde und Reinhardts Versuch in Fil m regie effektiv beendete. Schon für diesen einen Sommernachtstraum hatte e r die Hil f e sein e s alten Mit a rbeiters W ilhelm Diete r le, d e r sich hier i n zwischen al s W illiam Diete r le durch Fil m biographien einen Na m en ge m acht hatte, benötigt, weil ihm das neue Medium grundsätzlich fre m d war. Reinhardts nächstes Projekt b e i seinem A m erika-Bes u ch im letzten J ahr wurde z u einem Beispiel für das Sprich w ort, daß gute Absichten den W eg zur Hölle pflasterten. G e m einsam m it Franz Werfel und Kurt W eill stellte er sich die Aufgabe, die gesa m t e jüdische Geschichte auf der Bühne zu präsentiere n . Das Mahn m al für die Leidenden entwickelte sich durch Verzögerungen in der Zusammenarbeit, dem Ausfallen von wichtigen Darstellern, dem Wechsel des Aufführungsortes und v or allem durch stete Budgetkürzungen, wo er früher freie Hand gehabt hatte, zu einem Desaster bei der Uraufführung. Das Stück war viel zu lang die große Pause begann erst um M ittern a cht -, vi e l zu teuer und ruinierte den Produzenten. Carla, die zu dem Zeitpunkt in England gewesen war, hörte erst jetzt d a von, als Eleonore ihr die Geschichte erzählte und hinzufügte, Reinhardt habe ihr sogar seine Möbel verpfändet, um die Kosten decken zu können.
»Aber das war all e s n o ch nichts im Vergleich z u der j e tzi g en Katastrophe. Dies m al durfte Max noch nicht ein m al über die Besetzung entscheiden, und das geht wirklich an den Kern. Du weißt ja, wie sehr e r es liebt, m it s e i n en Schaus pi elern zu ar b eiten, aus i h nen das Beste herauszuholen. D och wenn sie ihm aufd i ktiert werden… Ich würde ihm ja raten, die Sache ganz aufzugeben, aber erste n s braucht er das Geld, und zweitens geht er dann wieder nach Hollywood zurück. Da hat er eine Tätigkeit, die ihm Spaß macht, auch wenn sie nichts einbringt. Und die endlich geehelichte, treue Helene. Also wiege ich stündlich einen depri m i e rten Max in New York m it m i r gegen einen glücklichen Max in Los Angeles m it der Th i m ig ab. Entschuldige, der nunmehrigen Frau Reinhardt der Zweiten. Ich muß sagen, ich war sehr enttäuscht, daß Else nun doch noch das Handtuch geworfen hat.«
Carla wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. »Oh, Eleonore«, sagte sie, »ich habe dich ver m ißt.« Sie winkte dem Kellner und bestellte noch etwas Kaffee für ihre F r eundin.
»Um was für eine Tätigkeit handelt es sich denn ? « erkundigte sie sich.
»Oh, kaum daß er hier anka m , um sich dauerhaft anz u siedeln, beschloß Max, in Los Angeles das T heater zum Leben zu erwecken. Gottfried versuchte ihm zu sagen, daß es hoffnungslos ist ein ein m aliges Schauspiel in der Hollywood Bowl und eine neue Theaterkultur sind zwei völlig verschiedene Paar Sti e fel -, aber Max hat noch nie begriffen, was das W ort ›un m öglich‹ bedeutet.« In ihren Augen glänzten Tränen. »Deswegen liebe ich ihn.« Hastig fuhr sie sich m it dem Handrücken über die W i mpern und sprach dann in ihrer gewohnten, hektischen Fröhlichkeit weiter. »Jedenfalls hat
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