Unter dem Zwillingsstern
m eine eigenen Perlen der Weisheit noch zu Papier bringen, die Jungs warten.«
Da m it die Kriti k en am nächsten Morgen er s cheinen ko n nten, war es in New York Tradition, daß die Kritiker ihre Rezensio n en nach der Pause verfaßten und sofort an die Druckerei losschickten, was natürlich bedeutete, daß ein Stück, das in der ersten Hälfte nicht schon ein T r iu m ph war, nie einer w urde. Feiton hütete sich nachzufragen, obwohl er darauf brannte, m e hr zu hören. Er hatte selbst einige Erfahrungen im Re z ensieren u n d wußte genau, wie sehr m an es bei solc h en Gelegenheiten genoß, sä m tliche Mitwirkenden zappeln zu lassen, ganz besonders einen Kollegen wie den Autor.
In der zweiten Hälfte hatte sich, was die At m osphäre im Publikum betraf, ein grundsätzlicher W andel vollzogen. Statt der gespannten Schadenfreude schlugen nun W ell e n der Erwartung aus dem Zuschauerraum, wie bei einem Gou r met, dessen Gau m en m a n m it einem delikaten ersten Gang gekit z elt hatte und der sich nun, glänzend gelaunt und bereit zu loben, den zweiten servieren ließ. Feiton hatte gehofft, hatte geahnt, daß es so ko mm en würde, aber ein Quentchen Unsicherheit war doch dabei gewesen, nicht nur Carlas wegen. Der Erfolg eines Stückes hing von so vielem ab, und bei einigen der Nebendarsteller hätte er sich eine andere Besetzung gewünscht. Ganz so, wie er sich die Char a ktere b e im Schrei b en vo r gest e llt h a tt e , wirkten sie im Film oder auf der B ü hne ohnehin nie, doch der Unterschied konnte entweder ärgerlich oder aufregend sein, und dies m al war er aufregend. Das Publikum dabei zu erleben, wie es m itging, ganz so, wie er es sich wünsc h te… Produzenten, Regisseure, Schauspieler, sie hielten s ich alle im unterschiedlic h en Maß für kreativ, und die Zuschauer identifizierten die Phantasiegeschöpfe, von denen sie sich gefangenneh m e n ließen, m i t ihnen. Aber der wirkliche Anstoß, der Schaffensakt, die W orte, die Menschen schaffen konnten und ohne die es weder Theater noch Fil m e gab, hatten ihren Ursprung im Autor, und nichts kam dem gleich. Nicht, daß er blind gegenüber dem Beitrag war, den die Schauspieler leisteten, wenn sie seine Kr e ation m it Leben er f üllten. Gut, bei P r ojekten wie diesem Stück war es ein ge m einsa m er Sch a ffensakt. Eddie Feiton lächelte, als ihm die sexuelle Metaphorik auffiel, der er sich bei seinen Überlegungen bediente. Nun, die Ähnlichkeiten waren unleugbar. Er hatte ein m al bestimmte Vorstellungen in bezug auf Carla Fehr gehabt, und nun sprach sie W orte, die er ihr in den Mund gelegt hatte, verkörperte e twas, d a s er in s ei n er Phantasie gefor m t hatte, und verlieh dem Geschöpf a us seiner Vorstellungsk r aft ihre Stimme, ihre Bewegungen, ihre Vitalität. Sex war gut, aber das war in gewissem Sinn noch besser. Kein W under, daß der Myt h os von Pyg m alion sich so lange gehalten hatte.
Als der Applaus losging und der Regieassistent zu ihm gerannt ka m , um ihn zu den Schauspielern und dem Regisseur auf die Bühne zu holen, vergaß er einige Mo m en t e lang alles, gab sich ganz dem Beifall und dem Gefühl der Erob e rung hin. Kein W under, daß die Schauspieler danach süchtig wurden und es nicht ertrugen, wenn m an es ihnen entzog. Besser, dergleichen Experi m ente nicht zu oft zu wagen und regel m äßig wieder zu den Ro m a nen zurückzukehren, um nicht selbst süchtig zu werden.
Nach seinem Einzelapplaus trat er zwischen Carla und den Regisseur. Ric h tig, sie h atte diesen Bli c k, der ihm b e i Schauspielern öfter aufgefallen war, und F e iton fragte sich, ob er gerade genauso dreingeschaut hatte. Der Vorhang senkte sich zum ersten m al, und das allge m eine tränenüberstr ö m te U m a r men begann, ungeachtet aller Unstim m i gkeiten und persönlichen Feindschaften, wie zwischen Carla und d e m Regisseur. Schauspieler… Ni e m and war so senti m ental nach Pre m ieren… erfolgreichen Pre m ieren, und so wenig ka m eradschaftlich, wenn es sich um Nie d erlagen handelte, nach denen m a n sich einfach stehe n ließ. Nicht, daß er sich über seinen Anteil bei d e m Ritual b e sc hw erte.
»Eddie«, rief der Regisseur beg e istert und hieb ihm auf den Rücken, »Eddie, du Schlitzohr, du bist ein gottverdam m tes Genie!«
» W ie du, Rudy, wie du«, gab er die erwartete Antwort. Dann erlebte er Carla Fehr zum ersten m al, seit sie die s er z u gegeben charis m atische Naziregisseur vom Kai abgeh o lt h a tte, üb e r
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