Unter dem Zwillingsstern
stürzte. N e in, der Krieg war k e i n e Überr a schung. Dennoch m ußte sie sich setzen und war einige Minuten lang nicht in der Lage, sich zu bewegen.
In ihrer Jugend hatte sie alles getan, da m it es nie wieder Krieg geben würde, und nun m u ßte sie sich wünschen, daß die W est m ächte die Polen nicht ebe n so opfern würden wie d i e Tschechen, denn die Union der sozialistisch e n Sowjetre p ubliken wü r de Hitl e r nicht au f halten. Krieg. Hunderte, Tausende T ote, und m a n konnte nur hoffen, daß sich nach der letzten Erfahrung alle an die Vereinbarungen hielten und nicht wieder G i ftgas benutzten. Krieg, und Städte würden bo m bardiert werden, wie Guern i ca, in Schutt und Asche gelegt. Krieg, und Menschen, die sie kannte, m anchmal sogar m ochte, m it denen sie gearbeitet und gelacht h a tte, würden töten und getötet werden.
Zu ihrer Beschä m ung tauchte der ganz und gar egoistische G edanke in ihr auf, daß sie C arla nun in diesem Jahr nicht sehen würde. Carla hatte sie im Som m er bes u chen wollen, doch ihr Theaterstück war ein solcher Erfolg gewesen, d a ß sie den größeren Teil des Frühjahrs in New York verbracht h a tte und danach in Hollywood unter Ter m indruck stand, weil sie ihre vertraglichen Verpflichtungen bei Universal m indestens drei F il m e pro Jahr erfüllen m ußte. Also war aus dem geplanten Som m erbesuch ein Herbstbesuch g eworden; wenn zwei der drei Filme abged r eht waren, konnte sie sich genügend freie Zeit für eine Pri v atreise n ach Europa neh m en. Daraus würde jetzt wohl nichts m ehr werden.
Käthe sch ü ttelte den K o p f , um das Selbst m itleid zu ve r t r eiben, das zu diesem Zeitpunkt w i rklich nicht angebracht war. Es gab Dinge, die getan werden m ußten. Schon s e it langem hatten die Kollegen und sie darüber debattiert, wie m an sich im Fall eines Krieges nützlich engagieren müßte. Flugblätter, hatte der allge m eine Konsens gelautet; Flugblätter, die Flugzeuge hinter den Linien abwerfen konnten, da m it die deutschen Soldaten und m öglichst auch die Zivilbevölkerung sie lasen und eine andere Sti mm e außer Goebbels’ P ropaganda hörten. Natürlich m achte das eine Zusam m enarb e it m it der französischen Ar m ee nötig, aber deren F ü hrung sah gewiß ein, daß es im beider s eitig e n Inte r esse lag.
Als sie noch m als flüchtig in den Spiegel sah, ehe sie ihre Wohnung verließ, stellte sie fest, daß ihre Augen leicht geschwollen aussahen, obwohl sie sich nicht erinnerte, geweint zu haben. Nimm dich zusam m en, K ä the, befahl sie sich. Sol a nge es etwas zu tun gibt, solange besteht auch Hoffnung.
Robert erfuhr es auf eine einzig a rtige W eise. Er sc h lief n oc h; d e rzeit spielte er einen char m anten Taschendieb, der sich Marika Rökk gegenüber als Graf ausgab, war wie üblich spät nach Hause geko mm en und lag, da die Dreharbeiten e r st gegen Mittag wieder anfingen, um neun Uhr noch fest und tief sch l ummernd, in seinem Bett, als ihn ein heftiger Türknall weckte. Er schrak hoch und stellte fest, daß Monika im Türrah m en stand und das Geräusch verursacht haben mußte, aber nicht im geringsten wütend aussah. S ie bewohnten schon seit einiger Zeit getrennte Schlaf z immer, so daß ihr Erscheinen an sich schon ungewöhnlich war, doch die Differenz zwischen ihrem Handeln und ihrem zufriedenen, heit e r wirkenden Gesichtsausdruck erhöhte das Seltsa m e an ihrem Auftreten.
»Guten Morgen, Robert«, sagte sie fröhlich. »Ich weiß, du brauchst deinen Schlaf, aber nach all den g l ü cklic h en Ehejah r en wollte ich d i r nicht einfach nur einen Zettel hinte r legen. Ich verlasse dich. Ich lasse m i ch scheiden. Und glaube nicht, daß du irgendwelche Ansprüche auf Martina erheben kannst. Da habe ich vorgesorgt. Mein Anwalt, den ich übrigens auch als m einen Verlobten betrachte, m eint, nach de m , was du m ir angetan hast, bei deinen Bekannten und bei deinem Ruf könnte er dich vor Gericht ze r f etzen, und dann würde von deiner Karriere wohl nichts m ehr übrigb l eiben, ganz zu schweigen von deinem Leben.«
Erzürnenderweise tat er ihr nic h t den Gefallen, bestürzt dreinzuschauen. Sie hatte so lange darauf gewartet, und nun zog er nur leicht überrascht eine Augenbraue hoch, als habe sie erwähnt, daß sie eine plötzliche F erienreise an die Nordsee zu m achen gedenke.
» W arum jetzt ? « fragte er.
Das, dachte Monika verbittert, war wirklich die einzi g e Fra g e. W arum jetzt, und warum ni
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