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Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)

Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)

Titel: Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fleur McDonald
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deren heißer Inhalt überschwappte. Anschließend hatte er wortlos das Büro verlassen. Hinterher war Amanda bewusst geworden, dass ihr Vater denken musste, sie würde seine Geschäftstüchtigkeit infrage stellen, indem sie ihn als altmodisch und stur hinstellte. Das war nie ihre Absicht gewesen.
    Heute konnte sie an nichts anderes denken als daran, wie sie den Schaden wiedergutmachen konnte. Amanda war sich sicher, dass ihr Vater sie nicht mehr in sein Büro lassen würde, geschweige denn sie einbeziehen bei geschäftlichen Entscheidungen. Statt ihr betriebswirtschaftliches Wissen nutzbringend anzuwenden, reparierte sie Zäune, behandelte das Vieh gegen Parasiten oder schaufelte Schafdung wie an diesem glorreichen Tag heute.
    Amanda liebte ihren Vater, aber ihre Mutter hatte schon früher häufig zwischen ihnen vermitteln müssen. Da Vater und Tochter sich sehr ähnlich waren, kam es vor, dass die Fronten sich völlig verhärteten. Am schlimmsten war es, als Amanda sich entschieden hatte zu studieren. Ihr Vater war vehement dagegen gewesen, zu ihrer großen Verwunderung, denn sie hatte sich beim selben College beworben, an dem er bereits studiert hatte. Brian behauptete jedoch steif und fest, ein Studium der Agrarwissenschaften wäre nichts für Frauen und das soziale Umfeld zu derb für seine Tochter.
    Das Funkgerät erwachte knackend zum Leben.
    »Bist du auf Empfang, Mandy?«, ertönte Brians schroffe Stimme.
    Amanda seufzte, tastete nach dem Sprechgerät und meldete sich.
    »Ich bin gerade auf Koppel eins an der Wasserstelle«, sagte Brian. »Der Pegel steht ziemlich tief, und im Schlick stecken zwei tote Schafe. Du musst kommen und sie herausziehen.«
    »Warum kümmerst du dich nicht selbst darum, wenn du schon vor Ort bist?«, entgegnete Amanda, deren Ärger größer war als ihre Zurückhaltung. Darauf erntete sie nur Schweigen, bis sie schließlich den Frontlader zurück in den Schuppen fuhr, sich ein Seil schnappte, auf ihr Quad stieg und wütend losbrauste.
    Als sie durch das offene Gatter auf die Koppel fuhr, sah sie ihren Vater an der Wasserstelle sitzen und auf die beiden Kadaver starren. Er machte den Eindruck, als wäre er mit seinen Gedanken ganz woanders. Amandas Blick wanderte zu den toten Schafen. Soweit sie das beurteilen konnte, hatte er keinerlei Anstalten gemacht, die Tiere aus dem Schlamm zu ziehen.
    Als sie das Quad anhielt, stand Brian auf und ging ihr entgegen. Er blieb dicht vor ihr stehen und sah ihr direkt in die Augen. »Hinterfrag nie wieder meine Anweisungen über Funk! Sonst weiß bald der ganze Distrikt, was bei uns zu Hause los ist. Du tust gefälligst, was ich dir sage, und keine Widerrede, verstanden?«, blaffte er sie an.
    Amanda verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und machte ein entschlossenes Gesicht. »Dad, es wäre schneller gegangen, wenn du es selbst erledigt hättest, statt mir zu befehlen, alles stehen und liegen zu lassen und extra rauszukommen. Ein gutes Zeitmanagement ist ungemein wichtig auf einer Farm. Dass du mich hier antanzen lässt, ist unproduktiv. Zeit ist Geld. So schwer ist diese Arbeit nicht. Zwar keine angenehme Aufgabe, aber nicht anstrengend.«
    Brian tat so, als hätte sie nichts gesagt. »Verstanden?«, wiederholte er.
    »Ja, Dad«, antwortete sie mürrisch.
    Während Amanda das Seil abrollte und am Heck des Quads befestigte, hörte sie an den Schritten im Kies, dass ihr Vater zu seinem Pick-up ging. Als er die Fahrertür zuzog, hob sie den Kopf, sah zu ihm hinüber und sagte: »Tut mir leid wegen gestern Abend, Dad.«
    Eine kurze Pause entstand, in der Brian ihre Entschuldigung verarbeitete, aber dann startete er den Motor und fuhr davon, ohne noch ein weiteres Wort zu sagen.
    Amanda starrte auf die toten Tiere, während ihr wieder die Tränen kamen, und plötzlich verstand sie, dass sein Schweigen und die Kadaverbeseitigung die Strafe waren für den Abend zuvor. Und immer wenn er sie ansah, konnte sie den stummen Vorwurf in seinen Augen erkennen. Er gab ihr die Schuld für den Tod ihrer Mutter. Als hätte sie nicht so schon genug Schuldgefühle! Aber schließlich waren ihre Eltern auf der Fahrt zu ihrer Abschlussfeier verunglückt.
    Amanda verstand durchaus, dass ihr Vater trauerte – sie trauerte auch. Aber um zu überleben, mussten sie weitermachen. Sie wusste, dass ihr Vater sie für kalt und herzlos hielt, wenn er mit versteinertem Gesicht ihre Belehrungen hörte. Könnte er doch nur ihr Inneres sehen, ihre eigene überwältigende

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