Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)
offenen Vorhänge schien.
»Warum, Helena, warum? Wie konnte das passieren, nach allem, was wir durchgestanden haben? Nachdem wir immer zusammengehalten haben? Wie konntest du mich jetzt verlassen?«
Kapitel 3
F rüh am Abend wurde es bereits kühl, der Winter kündigte sich an. Amanda zog sich häufig in das Arbeitszimmer zurück, um an dem Businessplan für Kyleena zu arbeiten, an dem sie herumtüftelte, seit sie wieder zu Hause war. Wann immer es ihre Zeit erlaubte, nutzte sie jede Gelegenheit, um vor dem Sonnenuntergang Kyleena neu zu entdecken.
In den vergangenen sechs Monaten hatte sie das gesamte Grundstück inspiziert und war jeden Meter Land zu Fuß abgegangen. Sie hatte die Dämme an den Wasserstellen überprüft, die Zäune und Weiden, und nebenbei ihren Viehbestand gezählt. Sie hatte einige Ideen, wie die Einkünfte sich steigern ließen, aber keine Antwort auf die Frage, wie sie ihren Vater dazu bringen konnte, sich ihre Vorschläge anzuhören.
An den meisten Abenden übertrug sie ihre Notizen in den Computer, um ihren Businessplan zu ergänzen. Obwohl ihr Vater sich weigerte, einen Blick darauf zu werfen, hatte Amanda sich diese Aufgabe fest vorgenommen. Zuerst aktualisierte sie fleißig die Daten, je mehr sie über die Farm erfuhr. Dadurch blieb sie in Übung, und ihre Arbeit ergab einen neuen Sinn. Aber mit der Zeit ließ ihr Enthusiasmus nach, und ihre Hoffnung sank wieder.
Amanda blickte über den Monitor hinweg auf das verdorrte Gras draußen, das einmal eine Wiese war. Ihre Mutter wäre sehr enttäuscht, wenn sie den Garten in seinem jetzigen Zustand sehen würde. Sie stand auf und ging hinaus. Was konnte sie tun, damit der Garten schöner aussah? Wollte sie das überhaupt? Würde dann das nagende Bedürfnis verschwinden, der Farm für immer den Rücken zu kehren? Vielleicht.
Das Einzige, was noch blühte, waren ein paar rote Geranien und Lavendel. Amanda kniete sich vor das Blumenbeet und begann, das Unkraut auszurupfen, das über einen halben Meter hoch war. Nach zehn Minuten beugte sie den Oberkörper zurück, um ihr Werk zu begutachten. Sie hatte lediglich einen kleinen Streifen von einem Meter geschafft. Sie schüttelte den Kopf über die vergebliche Mühe und verspürte plötzlich das Bedürfnis zu fliehen. Sie sprang auf, klopfte sich die Jeans ab, holte den Autoschlüssel und ging hinüber zu ihrem VW Käfer, den sie sich zu ihrem Studium geleistet hatte. Sie konnte genauso gut in die Stadt fahren und ihr Postfach leeren.
Bei dem vertrauten Motorengeräusch des Käfers musste Amanda an Hannah und Jonno denken, die sich über ihren Wagen lustig gemacht hatten, als sie damit zum ersten Mal auf den Uniparkplatz gefahren war. Die beiden hatten draußen gestanden und einen neuen Pick-up bewundert, als Amanda langsam vorüberknatterte, auf der Suche nach einer freien Lücke zwischen all den Geländewagen mit ihren Funkantennen, Aufklebern und glänzenden Alufelgen. Jonno war ihr sofort aufgefallen – seine lange, muskulöse Gestalt und sein blonder Schopf –, und sie fand, dass er der schönste Mann war, den sie jemals gesehen hatte. Gleich darauf hatte sie eine passende Lücke entdeckt, den Käfer eingeparkt, war ausgestiegen und hatte den beiden schüchtern zugelächelt.
Jonno hatte anerkennend gepfiffen und war dann auf Amanda zugegangen, während Hannah ihm folgte. Amanda, die den Pfiff auf sich bezogen hatte, wurde rot, als sie merkte, dass er damit ihren Wagen gemeint hatte.
»Hey, hey, da haben wir wohl einen echten Oldtimer aus den Siebzigern, Han« , hatte Jonno gesagt und mit der Hand über das Wagendach des Käfers gestrichen.
Amanda hatte tief Luft geholt und sich mit funkelnden Augen vor ihm aufgebaut. »Hast du etwa ein Problem damit?«, hatte sie erwidert und Jonnos große Gestalt gemustert, seine dunklen Augen und sein schönes, sonnengebräuntes Gesicht.
»Nö. Tolles Auto. Noch ein paar Peace-Aufkleber und der Wagen ist perfekt. Starke Farbe, dieses Lila. Hast du ihn selber umlackiert?« Er grinste breit. Hinter seinem Rücken verdrehte Hannah die Augen und ließ den Zeigefinger neben dem Kopf kreisen, um zu signalisieren, dass Jonno eine Schraube locker hatte.
»Klar«, antwortete Amanda. »Und was für einen Schlitten fährst du?«
»Ah, wenn du den Pick-up sehen willst, der sämtliche Schönheitswettbewerbe in Western Australia gewinnen wird, dann bitte hier entlang, Madam«, sagte er und machte eine ausladende Geste zu dem glänzenden schwarzen
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