Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)
brachte es nicht über sich, die kleine Rose zur Adoption freizugeben. Nur, was für ein Leben konnte sie ihrem Kind bieten? Kathleen schrieb immer noch jede Woche einen Brief an ihre Mutter, in dem sie Rose beschrieb, ihre Eigenheiten, ihre Art zu lächeln und zu lachen. Allerdings verschwieg Kathleen ihrer Mutter das Elend, in das sie seit der Geburt von Rose geraten war. Sie erwähnte nichts von der Dunkelheit, die sie tagelang ans Bett fesselte, sodass sie nur aufstand, um den schreienden Säugling zu füttern und zu wickeln, und auch nichts von den einsamen Stunden, die sie weinend neben ihrem Baby verbrachte.
Und sie erwähnte ganz sicher nichts davon, dass, nachdem ihr das Geld ausgegangen war und sie ihre Miete nicht mehr bezahlen konnte, Alice, die Wirtin, ihr Männer aufs Zimmer schickte, während sie auf Rose aufpasste. Für diesen Monat hatte Kathleen die Miete zusammen und auch das bisschen, was sie zum Leben benötigte. Es blieb sogar ein wenig Geld übrig für ihren geheimen Notgroschen. Sie sparte für eine Zugfahrkarte.
Als sie einschlief, matt und ausgelaugt, erschien ihr im Traum Michael Greenfield, und ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen. Nur in ihren Träumen konnte sie noch lächeln. Grace stellte den Kessel auf den Ofen, während Michael die schlafende Diane aus dem Wagen holte und in ihr Bettchen trug.
Franks Abschiedsfeier war eine nette Abwechslung gewesen, aber nun mussten sie sich wieder der bitteren Realität stellen.
»Michael, was sollen wir tun?«, fragte Grace ängstlich, als er aus dem Kinderzimmer kam. »Frank hat sich damit zufriedengegeben, dass wir unsere Vergangenheit dort gelassen haben, wo sie hingehört … weit hinter uns. Aber wer weiß, wie sein Nachfolger sein wird? Wenn jemand in Esperance herausfindet, warum wir England verlassen haben, werden wir aus der Gemeinde ausgeschlossen.«
»Grace, Grace«, versuchte Michael, sie zu beruhigen. »Ich denke, du machst dir unnötig Sorgen. Ich glaube, unsere neuen Landsleute akzeptieren uns so, wie wir sind, und nicht als das, was wir waren oder unter welchen Umständen wir hierherkamen. Sollten unsere Nachbarn und Freunde sich tatsächlich von uns abwenden, können wir immer noch überlegen, wie wir darauf reagieren.«
Kapitel 39
W ortlos riss Amanda den Besenschrank auf, nahm ein Paar Gummihandschuhe heraus und streifte sie über.
Mit Herzklopfen öffnete sie den Umschlag und zog den Brief heraus. Ihre Augen schwammen in Tränen, als sie die vertrauten Worte las. Ich werde dich nicht vergessen . Sie starrte auf das Blatt. »Wer tut so was?«, murmelte sie leise.
»Ich weiß nicht«, sagte Hannah und legte den Arm um sie. »Aber dafür weiß ich, dass du unbedingt zur Polizei gehen musst. Ich meine, dieses feige Schwein war in deinem Haus!«
Amanda schloss die Augen und atmete tief durch, um die Tränen unter Kontrolle zu bekommen. Als sie die Augen wieder öffnete, sagte sie: »Also gut, ich rufe sofort an.«
Mit zitternden Fingern wählte sie die Nummer der lokalen Polizeiwache.
»Polizeistation Esperance, Constable Williams am Apparat.«
Amanda begann stockend: »Äh, hallo, mein Name ist Amanda Greenfield.«
»Handelt es sich um einen Notfall?«, fragte der Constable ungeduldig.
Verwirrt stammelte Amanda: »Nun, ja, äh … nein. So ähnlich. Ich habe diese anonymen Briefe erhalten. Es sind keine richtigen Drohbriefe, sie enthalten nur immer denselben Satz: ›Ich werde dich nicht vergessen.‹ Den letzten Brief habe ich gerade in meiner Küche gefunden, am Kühlschrank.«
»Okay, jemand belästigt Sie also mit anonymen Briefen. « Die Stimme des Constable klang zweifelnd. »Und was können wir für Sie tun?«
»Tja, ich weiß ja nicht, aber ich habe die Briefe aufgehoben. Vielleicht können Sie sie nach Fingerabdrücken untersuchen oder so.«
»Wo wohnen Sie?«
»Äh, ungefähr vierzig Kilometer von Esperance entfernt.«
Der Constable stöhnte. »Hören Sie, wir haben hier ziemlich viel zu tun. Bringen Sie die Briefe doch einfach vorbei, wenn Sie das nächste Mal in der Stadt sind. Dann sehen wir, was wir für Sie tun können.«
Amanda hörte plötzlich das Besetztzeichen. Fassungslos drehte sie sich zu Hannah um. »Der hat einfach aufgelegt.«
»Was?«
»Er hat gesagt, ich soll die Briefe vorbeibringen, wenn ich das nächste Mal in der Stadt bin. Dann hat er aufgelegt. « Sie legte das Telefon aus der Hand. »Schätze, meine Geschichte klingt ziemlich verrückt.«
»Pack die Briefe ein, wir
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