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Unter den Sternen von Rio

Unter den Sternen von Rio

Titel: Unter den Sternen von Rio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke. Ich habe dort morgen meinen ersten Auftritt. Soll ich dir einen Tisch reservieren lassen? Es wäre schön, wenn ich im Publikum wenigstens ein bekanntes Gesicht sehen würde.«
    »Du meinst, wenn wenigstens einer applaudieren würde?«, foppte Augusto sie.
    »Pah! Toben werden sie vor Begeisterung.«
    »Natürlich«, stimmte Augusto ihr zu und meinte es völlig ernst.
    »Also, dann ist das geklärt? Du kommst um 21  Uhr, ich besorge dir einen kleinen Tisch mit gutem Blick auf die Bühne.«
    »Ja, gern.« Augusto wusste nicht so recht, wie er Bel von dieser Idee abbringen sollte. Er konnte sich einen Tisch im »Casa Blanca« im Grunde gar nicht leisten, und er würde den ganzen Abend mit einem Glas Limonade vorliebnehmen müssen. Zum Anziehen hatte er auch nichts Passendes, es sei denn, er stöberte ein wenig bei den Requisiten im Studio. Einen feschen Hut und ein neckisches Halstuch würde er dort wohl auftreiben, genauso wie irgendein Abendjackett, und das reichte wahrscheinlich, um eingelassen zu werden. Dabei hätte er ihr genauso gut hinter der Bühne die Daumen drücken können, wo er sich viel wohler fühlte. Aber wann hätte er ihr je einen Wunsch abschlagen können? Wenn Bel ihn im Publikum sehen wollte, dann würde sie ihn dort zu sehen bekommen.
     
    Ganz so einfach war es dann doch nicht. Bel hatte Schwierigkeiten damit, gleich am ersten Abend ihre Sonderwünsche durchzusetzen. Es gelang ihr schließlich trotzdem. Dann trat das nächste Hindernis in Form eines Türstehers auf, der Augusto nicht einlassen wollte, weil er keine Fliege trug und sein Jackett mehr nach Clownskostüm aussah als nach Abendgarderobe. Auch diese Hürde nahm er, was er seiner Fähigkeit verdankte, sich mit Worten bei den Leuten einschmeicheln zu können. Er überzeugte nämlich den Türsteher mit einer hanebüchenen Geschichte über Leinwandhelden und Gepflogenheiten beim Film, dass die Aufmachung der neuesten Mode entsprach, und wurde nach einigem Hin und Her hineingelassen. Drinnen wies man ihm den schlechtesten Tisch zu, aber Augusto war zufrieden damit, in der düsteren Ecke sitzen zu dürfen. Er würde genug von Bel sehen und hören, und sie würde auch ihn wahrnehmen, denn er hatte vor, ihr länger und lauter zu applaudieren als alle anderen. Vielleicht würde er ja auch mit einigen Zwischenrufen ihre Aufmerksamkeit erregen, »Viva Bela Bel« oder Ähnliches. Scham kannte er dieser Hinsicht keine.
    Eine weitere Schwierigkeit bestand in seiner geringen Barschaft. Anscheinend servierte man in dem Lokal nur alkoholische, importierte Getränke zu horrenden Preisen. Ein lokales Bier oder gar eine Limonade standen nicht auf der Karte. Die Serviererin zog erbost wieder ab, nachdem er darauf bestanden hatte, nur ein Sodawasser trinken zu wollen. Auch die Tabakwarenverkäuferin mit ihrem Bauchladen wurde bei ihm nichts los und bedachte ihn mit einem herablassenden Blick. Augusto fühlte sich zunehmend unwohl. Er passte nicht hierher. Er gehörte nicht hierher. Dieser Club war etwas für reiche Weiße. Die Leute an den Nebentischen hatten ihn arrogant gemustert, und er fand auf einmal seine Aufmachung gar nicht mehr lustig, sondern peinlich. Aber jetzt war es zu spät.
    Die halbe Stunde, die es noch dauerte, bis Bel endlich auftrat, erschien ihm wie ein halber Tag. Wäre er wenigstens nicht allein hier gewesen! Er hatte keine Zigarette, an der er sich festhalten, noch ein vernünftiges Getränk, das er langsam schlürfen konnte. Was er indes hatte, waren seine Fingernägel, die er abnagte, sowie seine frisch geglätteten Haare, durch die er so oft mit den Händen fuhr, dass diese von der Pomade ganz klebrig wurden und das Nägelkauen auch nicht gerade appetitlicher machten. Des Weiteren hatte er einen klobigen Aschenbecher vor sich stehen, mit dem er herumspielte, bis er mit einem lauten Krachen zu Boden fiel, was ihm die missmutigen Blicke der benachbarten Gäste einbrachte. Immerhin war das Stück nicht in tausend Teile zersprungen.
    Dann war es endlich so weit. Der Conférencier kündigte Bela Bel mit diversen Superlativen an – »die Schönste, die Talentierteste, die Erfolgreichste« – und gab der Band ein Zeichen, dass es nun Zeit für einen Trommelwirbel war. Der Applaus, mit dem Bel empfangen wurde, war trotzdem mager. Einzig Augusto fiel schon wieder unangenehm auf, weil er so frenetisch klatschte.
    Als ihre Stimme erklang, war ihm, als ginge die Sonne auf. Er nahm nichts um sich herum

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