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Unter den Sternen von Rio

Unter den Sternen von Rio

Titel: Unter den Sternen von Rio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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der Reisezeit im Zug auf ihr Äußeres verwendet haben.
    Marie zog die Augenbrauen hoch und enthielt sich eines weiteren Kommentars. Doch sie strahlte übers ganze Gesicht. »Ach, es ist himmlisch, wieder hier zu sein – endlich wieder erträgliche Temperaturen!«
    »Vielleicht klappt es ja jetzt endlich mit dem Strand«, sagte Maurice. »Darauf hatten wir uns so gefreut. Und in dieser langen Zeit in Südamerika haben wir es nur zwei- oder dreimal überhaupt dorthin geschafft.«
    »Ehrlich? Das ist natürlich nicht hinzunehmen«, entgegnete Ana Carolina. »Aber der Herbst ist in Rio wirklich sehr schön. Die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder so lange regnet, ist verschwindend gering. Wir können uns also nach Herzenslust am Strand von Copacabana tummeln und allen unsere gewagten Badekleider vorführen.«
    »Caro!«, stieß Marie mit schriller Stimme aus. »Du glaubst nicht, was ich mir in Argentinien gekauft habe. Ein Badedress – mit schockierend kurzen Beinen und skandalös tiefem Ausschnitt! Du wirst erblassen vor Neid!«
    »Nicht, dass nachher noch irgendwelche Sittenwächter die Polizei rufen …«, unkte Ana Carolina.
    »Das wäre aber doch wirklich mal ein Spaß, nicht wahr?«, gab Marie grinsend zurück, und Ana Carolina beschlich das Gefühl, dass sie es ernst meinen könnte.
    Als sie am Wagen angekommen waren, verstauten sie zunächst das Gepäck. Es waren so viele Koffer, Kisten und Schachteln, dass sie nicht alle im Kofferraum Platz fanden, sondern auch noch die ganze Rückbank beanspruchten. Marie und Maurice fanden es lustig, sich zu zweit auf den Beifahrersitz zu quetschen, und Ana Carolina lachte über die frivolen Späßchen, die die beiden trieben. Im Grunde war sie froh, dass beide vorn saßen und nicht etwa zu zweit auf der Rückbank, denn dann hätte sie sich ja wie ein Chauffeur mit zahlenden Fahrgästen gefühlt.
    »Du musst mir unbedingt das Fahren beibringen«, bettelte Marie.
    »Aber Chérie«, warf Maurice ein, »in Paris wirst du mit deinen Fahrkünsten wenig anfangen können. Es lohnt sich nicht, ein weiteres Automobil anzuschaffen, und der öffentliche Transport ist dort ja auch viel besser als hier.«
    »Mag sein«, gab sie zurück, »aber es ist
très chic,
wenn eine elegante Dame am Steuer sitzt und ihren langen Seidenschal im Wind flattern lässt.«
    »Ich kann es dir gerne beibringen. Allerdings würde ich das lieber in Henriques alter Klapperkiste machen, wenn er sie mir zur Verfügung stellt. Nur für den Fall, dass du Brems- und Gaspedal miteinander verwechselst oder Vorwärts- und Rückwärtsgang.«
    »Ah, hör sie dir an, Maurice! Ist das nicht einfach umwerfend, wenn solche technischen Fachbegriffe aus dem Mund einer schönen Frau kommen? Ich weiß nicht einmal, was ein Gang ist.«
    »Das lernst du dann ganz schnell«, meinte Ana Carolina. »Noch schneller wirst du den Gebrauch der Hupe lernen, wie ich dich einschätze.«
    Wie zur Bestätigung drückte Marie dreimal schnell hintereinander auf die Hupe und erschreckte damit den Vordermann, der prompt auf die Bremse stieg. Ana Carolina musste daraufhin so stark bremsen, dass ihnen Teile des Gepäcks um die Ohren flogen.
    »Hoppla«, sagte Marie und brach in schallendes Gelächter aus.
    Trotz dieser und anderer Widrigkeiten während der Fahrt kamen sie gut zu Hause an. Man begrüßte die beiden neuen alten Gäste überschwenglich, brachte das Gepäck auf ihr Zimmer und gönnte ihnen zwei Stunden Ruhe, bevor zum Diner gebeten wurde.
    Da das Wetter so angenehm mild war und man sich in der Abendsonne aufhalten konnte, ohne zu schwitzen oder sich zu verbrennen, rief Marie ihre Cousine zu sich, um sich mit ihr ein bisschen auf den Balkon des Gästezimmers zu setzen.
    »Unten auf der Terrasse fühlt man sich immer so beobachtet«, erklärte sie. »Und während Maurice sein kleines Nickerchen macht, können wir doch die Gelegenheit zu einem Plausch unter vier Augen nutzen. Zu unserem vollkommenen Glück fehlt uns eigentlich nur ein Drink …«
    »Schon arrangiert«, sagte Ana Carolina. »Jeden Augenblick müsste das Hausmädchen mit einem Eiskübel und einer Flasche Champagner auftauchen. Wenn sie ihren Auftrag auf dem Weg vom Flur in die Küche nicht wieder vergessen hat.«
    In diesem Augenblick klopfte es. Mariazinha brachte die gewünschte Erfrischung, servierte alles still und effizient auf dem kleinen Balkontisch und zog sich dann diskret wieder zurück.
    »Nanu, was ist denn mit der passiert? Vor wenigen Wochen war sie noch

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