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Unter den Sternen von Rio

Unter den Sternen von Rio

Titel: Unter den Sternen von Rio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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zu genießen?
    António beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Was für ein göttlicher Anblick! Sie wirkte gelöst, geradezu befreit, ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen. Und diese herrliche Frau wäre demnächst die Gemahlin von Henrique, ausgerechnet. Sein alter Freund würde ihr wahrscheinlich verbieten, Auto zu fahren, und selbst wenn er es nicht täte, würde sie in seinem alten, lahmen Ford doch nie denselben Hochgenuss erfahren wie in einem schnelleren und eleganteren Gefährt. Es war eine Sünde. Diese Frau brauchte Tempo und Nervenkitzel.
    »Nur Fliegen stelle ich mir noch schöner vor!«, rief Caro ausgelassen.
    Verblüfft starrte António sie an. Sie drehte sich kurz zu ihm hin, schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und meinte: »Was dagegen?«
    »Willst du mal mitkommen? Zum Fliegen, meine ich?«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Aber ja.«
    »Natürlich will ich mitkommen.« Konzentriert starrte Caro durch die Windschutzscheibe auf die Avenida. Nun gut, vielleicht nicht ganz so konzentriert, wie sie hätte sein sollen. Aber António jetzt ihr Gesicht zuzuwenden kam gar nicht in Frage. Sie wollte nicht, dass er die Emotionen wahrnahm, die sich ohne Zweifel darin widerspiegelten: Begeisterung, Dankbarkeit und Hoffnung.
    »Ich habe morgen früh einen Testflug mit einem Flugzeug, das eigens für eine Atlantikpassage entworfen wurde.«
    »Ganz so weit müssen wir ja am Anfang noch nicht fliegen«, erwiderte sie und gluckste leise vor sich hin.
    Am Anfang noch nicht? Später vielleicht doch? António war sprachlos angesichts ihrer Wortwahl. Und obwohl er wusste, dass sie bestimmt nicht halb so viel Bedeutung hineingelegt hatte, wie er herauszuhören glaubte, erfüllte ihn ihre Bemerkung mit einem unbeschreiblichen Hochgefühl.

7
    D er Mann, der Bel im morgendlichen Berufsverkehr beinahe überfahren hätte, ein gewisser Fernando Pereira, war vor Schreck ganz grün im Gesicht – und vor Erleichterung äußerst spendabel. Nachdem er festgestellt hatte, dass das junge Mädchen außer einer kleinen Schramme keine Verletzungen hatte, steckte er ihr einen großen Geldschein zu und brachte sie außerdem noch zu ihrem Ziel. Als er in der kleinen Straße anhielt, schaute Bel stolz um sich. Sie hoffte, möglichst viele Leute würden sie sehen, wie sie so damenhaft aus diesem noblen Auto ausstieg. Leider war es immer noch sehr früh am Morgen, so dass einzig ein Zeitungsjunge und ein Straßenfeger ihren triumphalen Einzug in ihr neues Leben beobachten konnten. Beim Abschied von Senhor Pereira drückte dieser ihr eine Visitenkarte in die Hand: »Wenn Sie Hilfe brauchen sollten, mein Kind, scheuen Sie sich nicht, mich anzurufen.«
    Bel bedankte sich und verabschiedete sich von dem freundlichen Herrn, ohne die Karte eines weiteren Blickes zu würdigen. Dann winkte sie dem abfahrenden Auto hinterher, als handele es sich bei dem Fahrer um einen alten Freund.
    An der Haustür erwartete sie bereits ein Hausmeister, der die Szene beobachtet hatte. Sie wünsche die Senhorita Moreira zu sehen, erklärte sie ihm.
    »Dritter Stock«, grummelte der Mann. »Aber so früh liegt sie bestimmt noch in den Federn.«
    Das, dachte Bel, lass mal meine Sorge sein. Es ekelte sie bei dem Gedanken, was der alte Widerling alles über die Hausbewohner wusste und wie er es benutzte. Doch sie blieb höflich und nickte ihm huldvoll zu, als sei sie eine feine Dame und er ihr Lakai. Diese Lektion hatte sie früh gelernt: Auftreten war alles. Wer sich so benahm, als habe er von Geburt an das Vorrecht, immer und überall bedient zu werden, dem brachte man auch die entsprechende Dienstfertigkeit entgegen. Und das galt auch für sie, die erstens dunkelhäutig, zweitens sehr jung und drittens weiblich war. Wenn sie sich wie eine Diva aufführte, wurde sie auch wie eine behandelt.
    Sie stieg die dunkle, enge Treppe in die dritte Etage hinauf. Hinter den Türen der anderen Wohnungen hörte sie die alltäglichen Morgengeräusche, von denen sie die meisten lieber nicht gehört hätte. Und hier wollte sie unterkommen? Wo sie jeden Tag das Schleimhochziehen fremder Leute hören musste, Kindergeschrei, Geschirrgeklapper, Ehekräche? Ach, egal, es wäre ja nicht für lange.
    An der Wohnungstür von Beatriz angekommen, legte Bel ihr Bündel auf dem Fußboden ab und holte erst einmal tief Luft. Ein winziges, vergilbtes und eingerissenes Papierschildchen an der Tür sagte ihr, dass sie hier richtig war: »B. Moreira«. Es war schon eine Weile her, dass sie das

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