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Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Titel: Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reimund J. Dierichs
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allen möglichen Tricks Zugang zu Mehrfamilienhäusern verschafften. In einem Fall drückten sie auf alle Klingeln, riefen Pizza-Service und stürmten unter erheblichem Lärm in die oberste Etage, wo sie dann die mit keinem Sicherheitsschloss ausgestatteten Türen der beiden dort befindlichen Wohnungen aufbrachen, jeden Raum durchwühlten und Bargeld und Schmuck mitnahmen. Keiner der anderen Mieter hatte sich weiter um die Ein-dringlinge gekümmert oder wäre auf die Idee gekommen, es könnte sich um Einbrecher handeln, bei denen jeder davon ausging, sie würden sich so leise wie möglich verhalten. Ein älterer Herr im ersten Stock, der durch seinen Türspion geschaut hatte, fand es zwar sonderbar, gleich drei Lieferanten auf einmal zu sehen, machte sich aber keine weiteren Gedanken.
    Leng schob die Akten mit dem Arm beiseite, um Platz zu schaffen für den Kaffee, den Maria ihm wohl gleich bringen würde. Es war ein eingespieltes Ritual, das er nicht missen mochte, obwohl er sie nie darum gebeten hatte, Kaffee für ihn zu kochen, weil er die Meinung vertrat, dass sie ohnehin schon zuviel zu tun hatte. Darauf angesprochen, winkte sie ab und erklärte ihm, es mache ihr überhaupt nichts aus, eine halbe Kanne mehr aufzubrühen, und sie empfinde es auch nicht als Diskriminierung, ihm eine Tasse ins Büro zu bringen. Zwar fühle sie sich ihm gegenüber nicht zu lebenslangem Dank verpflichtet, wisse aber sehr wohl, wie sehr er sich trotz massiven Widerstandes für sie eingesetzt habe.
    Nahezu geräuschlos öffnete sie die Tür, balancierte Tasse und Untertasse auf vier Fingerkuppen ihrer rechten Hand durch den Raum, wobei es ihr gelang, auch nicht einen einzigen Tropfen über den Rand schwappen zu lassen. Unter Zuhilfenahme ihrer anderen Hand setzte sie das Getränk dann auf dem Schreibtisch ab.
    Leng war immer wieder aufs Neue erstaunt, mit welcher Geschmeidigkeit sich Maria bewegte. „Du schleichst dich an wie eine Katze“, sagte er anerkennend.
    „In Wirklichkeit wundert es dich, dass ich nicht wie ein Eisbär herumtapse“, entgegnete sie spitz.
    „Habe ich irgendeine Andeutung gemacht?“ Er schätzte es überhaupt nicht, wenn ihm etwas unterstellt wurde, was nicht einmal im Ansatz der Wahrheit entsprach. „Ich sollte gar keinen Tiervergleich bemühen. Es reicht vollkommen aus, Prado als Beispiel heranzuziehen.“
    Maria brachte ein glucksendes Lachen hervor. Sie wusste genau, worauf der Hauptkommissar anspielte. Prado überragte sie um fast zwei Köpfe, war schlank und dank regelmäßiger Besuche im Fitnessstudio durchtrainiert. Außer-dem verbrachte er trotz regelmäßiger Proteste von Frau und Tochter an den Wochenenden einen beträchtlichen Teil seiner Freizeit auf dem Rennrad. Trotzdem wirkte er oft hölzern und ungeschickt, was noch durch die Tatsache verstärkt wurde, dass Diplomatie nicht zu seinen Stärken gehörte. Vielleicht lag es genau daran, dass er vorzugsweise bei Verhören eingesetzt wurde, bei denen weniger Fingerspitzengefühl, sondern vielmehr Durchsetzungsvermögen gefragt war. Trotzdem hätte sich Leng keinen besseren Mann an seiner Seite vorstellen können, da Prados Beobachtungsgabe äußerst präzise und seine Schlussfolgerungen messerscharf waren.
    Der Hauptkommissar hatte gerade seinen ersten Schluck Kaffee getrunken, als die Tür bis zum Anschlag aufschwang und Prado mitten im Türrahmen stand mit einem grässlichen, pinkfarbenen Fahrradhelm, den er unter seinen linken Arm geklemmt hatte.
    „Moorgen!“ Die Stimme klang angenehm, wirkte aber für sensible Freitagmorgenohren einige Dezibel zu laut. Leng steckte sich demonstrativ die Zeigefinger in die Ohren.
    „Was ist los? Ihr schaut mich an, als ob ich das Ungeheuer von Loch Ness wäre.“
    Leng grinste. „Etwas Ungeheuerliches hat dein Auftritt schon. Deine Art, die Tür zu öffnen, ist, wollen wir mal so sagen, ungewöhnlich für jemanden, der über zwei Hände und einen ausgeprägten Tastsinn verfügt.“
    „Wohl schlecht geschlafen, der Herr Hauptkommissar?“ sagte Prado angriffslustig und strich sich mit der freien Hand durch sein rotbraunes Haar.
    „Wenn es nur so gewesen wäre. Kaum geschlafen trifft den Sachverhalt besser.“
    „Aber du hattest doch keinen Bereitschaftsdienst?“ In Prados Frage schwangen erhebliche Zweifel mit.
    „Hatte ich nicht. Macht aber keinen Unterschied, da Brenner mit 39° Fieber im Bett liegt, obwohl er laut eigener Aussage gestern noch putzmunter war, und Breidenbach sich den Ischiasnerv

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