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Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)

Titel: Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reimund J. Dierichs
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aber nie hatte es der Täter gewagt, den kleinen Körper auch zu penetrieren.“
    Prado sagte kein einziges Wort, aber wer ihn kannte, der wusste, was in ihm vorging. Er hatte selbst eine Tochter im Pubertätsalter und mochte sich gar nicht vorstellen, wie er wohl reagieren würde, wenn ihr Ähnliches zustieße.
    „Hier links“, forderte Sand sie freundlich auf und dirigierte sie durch eine Tür aus geriffeltem Glas. „Und jetzt wieder rechts.“
    Der Raum, den sie betraten, erinnerte Leng wegen der vielen Instrumente und der Edelstahltische an eine Großküche, ein Gedanke, der insofern gar nicht so abwegig erschien, als auch hier Fleisch zerschnitten wurde. Es war kühl in dem Raum, wenn auch nicht so eisig wie draußen.
    „Kommen Sie bitte her“, sagte der Doktor und steuerte auf einen Tisch zu, auf dem ein zugedeckter Korpus lag. Die Farbe des Lakens war grün. Ein ähnliches Grün hatten die Chirurgen bei Lengs Operation getragen. Diese Erkenntnis förderte nicht gerade sein Wohlbefinden.
    Sand schlug das Tuch soweit zurück, dass Kopf und Hals sichtbar wurden. „Ich möchte Ihnen etwas zeigen. Schauen Sie sich die Wunden ganz genau an. Es gibt drei auffällige Verletzungen im oberen Kopfbereich. Zwei rühren von einem scharfkantigen Stein her und zwar von einem roten Sandstein, dessen Partikel sich mit dem Blut vermischt haben und in der Kruste eingeschlossen wurden. Der Schlag auf die Kopfmitte ist mit ziemlicher Wucht ausgeführt worden und viel tiefer als hier an der Stirnseite, aber weniger tief als am Hinterkopf, was bedeutet, dass der Angriff zuerst in der Mitte des Kopfes erfolgte, der Körper darauf hin nach vorne sackte und die Stirn beim Aufschlag verletzt wurde. Der zweite Schlag traf den Hinterkopf und wurde entweder mit größerer Heftigkeit ausgeführt, was die tiefere Wunde erklären würde oder hatte, was ich persönlich für wahrscheinlicher halte, eine erhöhte Wirkkraft durch den Bodenwiderstand des bereits liegenden Körpers.“
    Leng räusperte sich. „Der Täter könnte aber auch nach dem ersten Schlag so viel Wut freigesetzt haben, dass er dann beim zweiten wie von Sinnen draufgehauen hat.“
    Sand lächelte, ein wohlwollendes, nicht überhebliches wirkendes Lächeln. „Sie beziehen sich auf die von einigen vertretene Blutrünstigkeits-Theorie, der zur Folge, wer einmal Blut geleckt hat, zur unkontrollierten Bestie wird. Ich halte diese aus der Tierwelt übernommene Vorstellung für ein Märchen. Fast alle Tiere töten nur aus einem Grunde: der Nahrung wegen, also um das eigene Überlieben zu sichern. Massaker unter Vierbeinern gibt es zwar, beispielsweise im Hühnerstall, wenn eingedrungene Füchse oder Marder alle Tiere töten, kommen aber ebenso selten vor wie beim Menschen auch. Ein unkontrollierter Angriff lässt das Opfer oftmals bis zur Unkenntlichkeit entstellt zurück und wird nicht immer in der Absicht geführt, den anderen auch zu töten.“
    „Wäre eine Frau in der La ge, mit einer solchen Wucht zuzuschlagen?“ Prado stellte genau die Frage, die Sand nicht mehr hören konnte; denn warum sollte eine Frau, ausgestattet mit der entsprechenden Physis oder genug Wut im Bauch, nicht zu einem solchen Schlag in der Lage sein?
    „Natürlich ist das möglich“, antwortete er ungehalten, „vor allem, wenn sie höher steht als das Opfer.“
    Beide Besucher sahen ihn verständnislos an.
    „Wenn ich mich recht erinnere, gibt es am Tatort mehrere Bänke, alle in der Nähe des Wassers. Es wäre möglich, dass der Täter auf der Bank gestanden und auf sein Opfer eingeschlagen hat.“
    „Sehr unwahrscheinlich, weil viel zu auffällig“, brummte Leng und schüttelte den Kopf. „Wir werden abwarten müssen, bis uns die Spurensicherung ihre Ergebnisse präsentiert.“
    „Und wenn sich Täter und Opfer kannten?“ überlegte Prado.
    „Auch dann nicht. Eher würde ich glauben, dass das Opfer auf der Bank saß und die Attacke von hinten erfolgte.“
    „Wer setzt sich denn bei dieser Eiseskälte nachts auf eine Bank?“ Der Kommissar hielt diese Annahme für noch unwahrscheinlicher..
    „Haben Sie denn den Todeszeitpunkt noch stärker eingrenzen können?“ wollte Leng von Sand wissen.
    „Nun, u nter Berücksichtigung von Körpertemperatur und fortgeschrittener Leichenstarre würde ich mal einen Zeitrahmen zwischen ein und zwei Uhr annehmen. In den nächsten Tagen werden vielleicht noch andere Ergebnisse vorliegen.“
    Die beiden Kommissare verabschiedeten sich und verließen das

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