Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)
brannte.“
„Und danach haben Sie sie nicht mehr gesehen?“
„Wir haben im Laufe der Woche zweimal miteinander telefoniert.“
„Kam Ihnen da irgendetwas ungewöhnlich vor?“
„Was meinen Sie mit ungewöhnlich? Sie hat mir keinen Mord gestanden oder erzählt, sie plane einen.“
„Nein, das meine ich auch nicht“, sagte Leng lächelnd. „Was ich wissen möchte ist, ob Ihre Mutter anders war als sonst. Wirkte sie aufgebracht? Hat Sie über Ihren Vater gesprochen?“
„Mein Vater war schon lange kein Gesprächsthema mehr zwischen ihr und mir. Irgendwann reichten mir die Geschichten von immer jünger werdenden Geliebten, die seine Töchter hätten sein können. Ich verstehe bis heute nicht, warum meine Mutter bei ihm geblieben ist. Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen so zu demütigen.“
„Wo hielten Sie sich an dem Abend auf, als Ihr Vater ermordet wurde?“
Sie sah Leng erstaunt an, offenbar verwundert über die plötzliche Wendung der Befragung. „Ich hielt mich in Münster auf, in meiner Wohnung. Ich hatte am nächsten Tag eine Vorlesung.“
„Haben Sie dafür Zeugen?“
„Dutzende“, antwortete sie selbstsicher.
„Ich rede nicht von der Vorlesung, sondern von dem Abend davor.“
„Brauche ich denn Zeugen?“ Ihre Stimme klang auf einmal bissig.
„Warum fühlen Sie sich ständig angegriffen?“ fragte Leng ruhig. „Wenn Sie Einblicke in die Polizeiarbeit hätten, dann wüssten Sie, dass dies Teil der üblichen Routine ist. Niemand verdächtigt Sie. Wir versuchen nur herauszufinden, wen wir von vornherein als Verdächtigen ausschließen können.“
„Also stehe ich doch auf Ihrer imaginären Liste?“ Stefanie Burghausen sah den Hauptkommissar genervt an. Der Blick der jungen Frau schien ihn durchbohren zu wollen.
„In einem Mordfall sind zunächst einmal alle verdächtig, die das Opfer kannten und kein hieb- und stichfestes Alibi haben, völlig unabhängig von meiner ganz persönlichen Einschätzung. Hat Sie nun jemand gesehen oder nicht?“
„Ich denke eher nicht. Nach dem Unterricht ging ich mit einem Kollegen essen. Das war am frühen Nachmittag so gegen 15.00 Uhr. Dann kaufte ich im Supermarkt in meiner Nähe ein und kam gegen 18.00 Uhr in meiner Wohnung an. Ungefähr eine Stunde später klingelte die Nachbarin über mir, um sich eine Flasche Rotwein auszuleihen, da sie überraschend Besuch bekommen hatte. Danach war ich allein.“
„Was geschah am letzten Freitag, also vorgestern? Ihre Mutter erzählte uns, Sie hätten ihr geraten, auf keinen Fall ins Auto zu steigen und allein nach Köln zurückzufahren.“
„Das stimmt. Sie hatte einen Schock, und ich fürchtete, es könnte ihr etwas passieren.“
„Hat Ihre Mutter Sie vom Tod Ihres Vaters informiert?“
„Nein, das war Dr. Riegert.“
Leng schlug mit der Faust auf die Sessellehne, was nicht nur Stefanie Burghausen, sondern auch Prado überraschte. „Immer dieser Dr. Riegert. Zuerst passte es ihm nicht, dass wir seine Angestellten befragen, dann behauptete er, er wisse nicht, in welchem Hotel Ihre Mutter abgestiegen sei, und jetzt ist er derjenige, der Sie benachrichtigt hat, obwohl er uns gegenüber erklärte, die Nummer Ihres Mobiltelefons nicht zu kennen. Ach ja, Ihre Mutter hat er ja auch informiert.“
„Ich weiß nicht, worauf Sie hinaus wollen.“
„Ich kann Ihnen, sagen worauf ich hinaus will. Er behindert unsere Ermittlungen. Auf mich wirkt das so, als ob er überhaupt kein Interesse daran hat, dass der Mörder seines Kollegen gefasst wird.“
„Aber er muss nicht gelogen haben, wenn er Ihnen den Namen des Hotels nicht nennen konnte. Meine Mutter war schon öfter in Bad Ems, ist aber in unterschiedlichen Häusern abgestiegen. Und meine Mobilfunknummer hat er tatsächlich nicht. Er hat mir eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen. Das war am Freitagnachmittag.“
„Wir haben dann keine weiteren Fragen mehr“, stellte Leng fest und gab Prado durch die Wahl des Plurals zu verstehen, nun ebenfalls den Mund zu halten.
Der abrupte Abbruch des Verhörs wirkte auf Stefanie Burghausen noch irritierender als all die Fragen, die Leng ihr gestellt hatte. Sie machte ein verdutztes Gesicht, sagte aber nichts, als sie die beiden Männer zur Haustür brachte, die sie so hastig hinter ihnen zuschlug, dass sie kaum Zeit hatten, ihre Fersen in Sicherheit zu bringen.
„Was sollte das denn gerade?“ Prado platzte mit der Frage heraus, noch bevor sie die Straße erreicht
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