Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)
warten, weil sie sauer ist.“ Prados Vermutung wurde vollauf bestätigt, da sie nach dem Öffnen der Tür einer schnaubenden, jungen Frau von etwa dreißig Jahren gegenüberstanden. Sie trug Blue Jeans, eine weiße Bluse und darüber einen weinroten Kaschmirpullover mit V-Ausschnitt. An ihrem Hals hing eine Kette mit kirschgroßen schwarzen Steinen, die an dieser zierlichen Frau viel zu wuchtig wirkten.
„Meine Mutter hat mit dem Mord nichts zu tun.“ Sie hatte die beiden Kommissare ins Wohnzimmer geführt, ihnen aber keinen Platz angeboten, was Prado aber nicht im Geringsten davon abhielt, sich trotzdem hinzusetzen.
„Können Sie Ihrer Mutter ein Alibi liefern?“ fragte Leng betont freundlich, um die Situation ein wenig zu entschärfen.
„Nein, kann ich nicht, aber erstens war meine Mutter in der fraglichen Nacht gar nicht in Köln und zweitens hat sie auch kein Motiv.“
„Motive kann es viele geben: Geld, Eifersucht, Erniedrigung und eine ganze Reihe anderer.“
„Das erste von Ihnen gen annte Motiv ist geradezu lächerlich.“ Stefanie Burghausen zog verächtlich ihre Oberlippe nach oben. Leng wäre nicht verwundert gewesen, wenn sie dabei mit dem Fuß aufgestampft hätte. „Meine Mutter muss niemanden umbringen, um an Geld zu kommen. Sie verfügte schon vor der Ehe über ein beträchtliches Vermögen. Diese Villa hier war das Haus ihrer Eltern.“
Sie wollte gerade weiterreden, als Klara Burghausen im Tür- rahmen auftauchte. „Es ist gut Stefanie. Ich werde mit den Herren reden.“ Sie sprach mit ihrer Tochter wie mit einem unfolgsamen, kleinen Mädchen. Sie setzte sich in einen der ausladenden Sessel und gab Leng mit einem Handzeichen zu verstehen, dies ebenfalls zu tun. „Ich fühle mich zwar erschöpft, aber ich kann Ihren Fragen ja ohnehin nicht entkommen.“
Sie sah tatsächlich sehr müde aus, was Prado aber nicht davon abhielt, in Pitbullmanier seine Zähne zu fletschen, um sie im Fleisch seines Opfers zu versenken. „Frau Burghausen“, begann er in äußerst scharfem Ton. „Warum haben Sie uns nicht die Wahrheit gesagt?“
Sie betrachtete ihn mit einem Lächeln, das ihn vollkommen irritierte, weil er erwartet hatte, die Schuld auf ihrer Stirn ablesen zu können. „Sie haben es also herausgefunden“, sagte sie langsam. „Ich hätte es mir zwar denken können, nur in welchem Tempo Sie es geschafft haben, erstaunt mich. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie den Mörder meines Mannes sicher bald gefunden haben.“
Prados Schläfen begannen zu pochen und seine Nasenflügel flatterten, beides untrügliche Zeichen dafür, dass er kurz vor der Explosion stand. Diese Frau wollte ihn entweder auf den Arm nehmen oder provozieren.
Leng übernahm die Gesprächsführung, um die Katastrophe abzuwenden. „Erzählen Sie uns doch bitte noch einmal genau, was Sie am Donnerstagabend gemacht haben. Wir wissen inzwischen, dass die Version, die Sie uns gestern präsentiert haben, nicht ganz der Wahrheit entsprach. Wir haben eine Zeugin, die Sie am Abend, als Sie sich Ihren Angaben zufolge bereits auf Ihr Zimmer zurückgezogen hatten, im Cinedom in Köln gesehen hat.“
Sie sah den Hauptkommissar erstaunt an. „Ich hatte eher damit gerechnet, dass Sie mir bei Ihren Recherchen im Hotel in Bad Ems auf die Schliche kommen würden. Wer hat mich gesehen?“
„Darüber darf ich Ihnen keine Auskunft geben, aber es ist niemand, den Sie kennen.“
„Und trotzdem hat diese Frau mich erkannt?“
Leng ging darauf nicht ein, sondern bat sie noch einmal, ihren Tagesablauf zu schildern.
„Ich glaube kaum, dass Sie meine Anwendungen und Massagen sonderlich interessieren, weshalb ich mich auf die Abendstunden beschränke. Die Woche in Bad Ems diente zwar der Erholung, sollte mir aber auch die Möglichkeit eröffnen, meinen Mann in flagranti zu erwischen, wenn er sich sicher fühlte.“
„Sicher in Bezug worauf?“
„Sicher was mich angeht. Ich wollte wissen, wie weit er geht, ob er es tatsächlich wagen würde, eine seiner Geliebten mit in unser Haus zu bringen.“
„Ich verstehe Ihre Beweggründe noch immer nicht“, sagte Leng in Columbo-Manier, obwohl er wirklich keine Ahnung hatte, worauf Klara Burgwinkel hinauswollte.
„Wir führten eine glückliche Ehe“, begann sie stockend. „Ich habe meinen Mann geliebt.“ Die Tränen, die ihre Augen füllten und ihre Selbstsicherheit fortspülten, waren echt. „Das änderte sich auf dramatische Weise, als unser Sohn bei einem Unfall in Portugal ums
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