Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)
hat sie immer wieder auf so etwas vorbereitet und ihr erklärt, auf keinen Fall panisch oder ängstlich zu reagieren, weil das den Täter erst recht motivieren würde. Am besten, ihn gar nicht beachten, riet sie ihr. Den Rat hat sie allerdings nicht befolgt, sondern ihm so richtig einen ausgeschenkt. Der zieht seinen Reißverschluss so schnell nicht mehr nach unten. Ich habe auch bereits Nachforschungen angestellt. In den letzten drei Monaten hat es acht ähnliche Vorkommnisse gegeben. Die Täterbeschreibung ist immer dieselbe. Es kann also nicht mehr lange dauern, bis wir ihn erwischen.“
Die um zwölf stattfindende Besprechung brachte eine Fülle von neuen Informationen, die den möglichen Täterkreis eingrenzte. Obwohl ihm die voraussichtliche Tatzeit von Alexander Seamus erst am Morgen von Sand durchgegeben worden war, hatte Leng die Beamten vorsorglich bei ihren Verhören auch die Alibis für Sonntagabend und die darauf folgende Nacht überprüfen lassen.
Kriminalhauptmeister Siegfried Kerner wiederholte noch einmal, was der Hauptkommissar am Abend vorher schon von Prado erfahren hatte. Demzufolge wurde die Aussage von Sylvie Bertold, um Mitternacht nach Hause gekommen zu sein, von der über ihr wohnenden Nachbarin Sandra Winckler bestätigt, der sie im Hausflur begegnet war. Die lieferte ihr auch ein Alibi für den Sonntagabend, an dem sich die Wege der beiden in einem Lokal in der Altstadt mehrfach gekreuzt hatten. Die Sylvie Bertold gegenüber wohnende Nachbarin, Elfriede Sommer, eine pensionierte Lehrerin, die immer sehr spät zu Bett ging, weil die interessanten Berichte im Fernsehen erst nach 23.00 Uhr begannen, erinnerte sich daran, in der Nacht zum Freitag die Klospülung der Arzthelferin gehört zu haben, als sich die alte Dame um viertel nach eins anschickte, ins Bett zu gehen.
Kriminalhauptmeister Markus Brenner hatte den Nachtportier des Hotels in Bad Ems aufgesucht und herausgefunden, dass in der fraglichen Nacht der Zimmerschlüssel von Klara Burghausen um Viertel vor zwei abgeholt worden war. „Selbst wenn sie sehr schnell gefahren ist, kann sie die Strecke von 120 Kilometern unmöglich in weniger als einer Stunde geschafft haben, zumal sie ein Viertel davon über Landes- und Bundesstraßen fahren musste. Die Wahrscheinlichkeit ist also sehr groß, dass sie Köln bereits vor halb eins verlassen hat.“
„Wieso konnte sich der Portier so genau daran erinnern, wie spät es war?“ fragte Leng zweifelnd.
„Hab ich auch wissen wollen“, antwortete Brenner mit einem selbstbewussten Lächeln. „Was ich dann zu hören bekam, ist durchaus nachvollziehbar. Bad Ems gilt nicht gerade als eine Hochburg des Nachtlebens, weshalb sich der Mann am Empfang wunderte, wo eine ältere Dame so spät noch gewesen sein könnte. Also vermutete er einen Liebhaber in der Stadt, dem er allerdings den stillen Vorwurf machte, die Dame seines Herzens nicht bis zum Morgen dabehalten zu haben.“
„Nicht jede Dame lässt sich so einfach halten“, erklärte Marion Walz lachend. „Damen haben durchaus ihren eigenen Kopf. Wenn sie ihren Spaß hatten, verschwinden sie einfach. Männer sehen das natürlich nicht so gerne, weil es immer ihre Domäne war.“
Brenner fand den Einwurf unnötig, zumal er nicht zu den Vertretern gehörte, die durch machohaftes Gehabe auffielen. Dass sie Windkerk tags zuvor vorgeführt hatte, konnte er gut nachvollziehen, nicht aber ihre Bemerkung jetzt, auf die er auch nicht weiter einging.
„Die Überlegung des Portiers“, fuhr er unbeirrt mit seinem Bericht fort, „führten dazu, dass ein Blick auf die Uhr nicht ausblieb. Außerdem, so versicherte er mir glaubhaft, sei der Nachtdienst so langweilig, dass er unwillkürlich mehrmals in der Stunde aufs Zifferblatt schaue.“
Marion Walz, die als nächste nach vorne kam, überraschte alle mit einer Entschuldigung. „Tut mir leid, Markus. Ich hätte dich nicht unterbrechen sollen. Ich weiß, dass du einer von den Guten bist, aber in den letzten beiden Jahren hat sich so viel Druck aufgebaut, dass ich manchmal im falschen Moment explodiere.“
Als sie dann auf ihre Recherchen zu sprechen kam, konnte sie mit einer kleinen Sensation aufwarten. „Die Nachbarin Stefanie Burghausens bestätigte, sich am frühen Abend, etwa gegen 19.00 Uhr, eine Flasche Rotwein ausgeliehen zu haben, nachdem sie unverhofft von einem alten Schulfreund Besuch bekommen hatte. Als sie eine Stunde später um eine weitere Flasche bitten wollten, war niemand mehr
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