Unter deutschen Betten
erzeugt der Begriff »Putzfrau« dieses Problem. Ein Wort, das ich eigentlich nur aus negativen Zusammenhängen kenne:
»Ich bin doch nicht Deine Putzfrau.«
»Der behandelt mich wie eine Putzfrau.«
»Die ist Putze.«
»Nur Putzfrau.«
»Wenn gar nichts mehr geht, kann ich ja immer noch putzen.«
Super!
Klingt alles nicht schön. Klingt nicht wie eine, die ich höflich frage, ob ich ihr ein Glas Wasser anbieten kann. Eher wie jemand, der seinen Job machen soll und dabei bloß seinen Mund hält. Beschwerden nicht vorgesehen.
Forderungen stellen geht gar nicht.
Wasser gibt’s nicht.
Auch deshalb mag ich den Begriff »Putzfrau« eigentlich nicht. Viel besser finde ich »Putzhilfe« oder »Haushaltshilfe«. Ein Kunde stellte mich einmal seinen Freunden vor, die zu Besuch waren:
»Darf ich vorstellen, das ist Frau Polanska. Sie hilft mir im Haushalt.«
Das fand ich schon sehr nett, aber dann stellte er mir auch noch umgekehrt seine Freunde vor. Und das fand ich bemerkenswert.
Da fühlte ich mich wie eine von ihnen. Wie ein Mensch.
Was ich ja auch bin.
Und dann hab ich beschwingt meinen Putzlappen genommen und mit Stolz die Klos geputzt.
Denn dazu war ich ja gekommen.
Wenn diese Sensibilität fehlt, zeigt sich das oft noch deutlicher bei den Kindern der Familie.
Erinnern Sie sich noch an die Familienmutter, die mir beim hochsommerlichen Fensterputz nichts zu trinken anbot?
In derselben Familie war ich an einem Nachmittag, um die Bügelwäsche zu machen. Es war viel zusammengekommen diesmal.
Ich stellte mein Bügelbrett ins Wohnzimmer, wo die gesamte Familie auf dem Sofa zum Kaffee saß. Nur dass es statt Kaffee Milchshakes gab und Kuchen. Wieder bekam jeder ein Glas – außer mir. Die Mutter fragte noch: »Will jemand einen Nachschlag?« Ich war damit nicht gemeint.
Ich hätte sowieso abgelehnt, denn ich mag keinen Milchshake. Es geht mir ja auch nicht ums Satttrinken.
Ich denke manchmal wirklich, ich bin im falschen Film. Es geht doch nicht um Kaviar und Champagner. Wir reden nur von Wasser, Kaffee, Milch, einem Stück Kuchen oder mal einer Banane.
Ich habe doch gar keine Zeit für ein Fünf-Gänge-Menü.
Auch wenn sich das komisch anhören mag: Für mich ist das wirklich schlimmer als jede sexuelle Belästigung.
Es tut mir weh, so missachtet zu werden.
Sicher, es gibt auch andere Beispiele. Manche Kunden sagen beim Vorstellungstermin schon: »Wenn Sie Hunger haben oder Durst, bedienen Sie sich einfach. Sie brauchen nicht zu fragen.« Ich frage dann natürlich doch immer und nehme allenfalls ein Glas Wasser oder Cola, vielleicht auch einen Apfel oder ein Stück Schokolade.
Aber oft bin ich seit Jahren bei Familien. Sie vertrauen mir, ich habe den Schlüssel zu Haus oder Wohnung, ich bekomme ein Weihnachtsgeschenk und passe auf die Kinder auf. Ich schlage die Betten auf und wühle in der Schmutzwäsche.
Aber ich werde nicht gefragt, ob ich etwas trinken möchte.
Ich verstehe das nicht.
Ich kann es mir nur so erklären, dass es ihnen gar nicht in den Sinn kommt, weil sie mich nicht wahrnehmen.
Und das tut mir im Herzen weh.
Arme Kunden
E ine weitere, erstaunlich beliebte Form der Nichtachtung meiner Arbeit ist die »Armutsfalle«.
Das läuft dann immer so, dass die Kunden schon an der Wohnungstür anfangen zu jammern, wie schlecht es ihnen geht und dass die Zeiten ja so schwierig seien.
Es sei auch gerade Weltwirtschaftskrise.
Das muss man einer Putzfrau ja noch mal sagen, denn die liest sicher keine Zeitung, und vom Markt hat sie auch keine Ahnung. Sie muss ja auch keine Kunden akquirieren und kriegt es gar nicht mit, wenn niemand mehr Geld hat.
Und alle wieder selber putzen.
Aber egal. Zurück zur Armutsfalle. Mein Lieblingsbeispiel ist Heike. Sie ist Mutter von zwei kleinen Kindern, die sie morgens im Hort abgibt, um dann zur Arbeit zu fahren. Sie ist bei Boston Consulting, einer internationalen Unternehmensberatung in Frankfurt.
Ihr Mann ist Inhaber eines kleinen Unternehmens, das Werbemittel bedruckt. Von Kugelschreibern und T-Shirts bis hin zum Lastwagen. So viel lässt sich also sagen: Geld ist nicht wirklich das Problem in dieser Familie.
Heikes Mann holt die Kinder vom Hort ab, und dann kommt die Babysitterin. Eine freundliche Studentin, die um die Ecke wohnt.
Ich putze einmal die Woche für vier Stunden.
36 Euro.
Aber die sehe ich oft monatelang nicht.
Denn Heike ist arm.
Sie hat einen »Kaufzwang«.
Den hat ihr angeblich ein
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