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Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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Tag außer Mittwoch kommen. Ich würde die anderen Putzstellen verschieben.
Sie: Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie da ganztags hingehen. Und übrigens, wegen der Fenster: Meine vorige Putzfrau war 70 und die hat das alleine geschafft. Sie haben immer ihre Schwester mitgebracht. Wir sind kein Wohlfahrtsbetrieb für Ihre Familie!
    Hatte ich richtig gehört? Was war denn in die freundliche alte Dame gefahren? Ich kenne ja den Vorwurf, wir Polen würden immer unsere ganze Familie einschleusen wollen. Aber das war so an den Haaren herbeigezogen, dass ich wirklich irritiert war.
    Oder ist Verfolgungswahn eine Nebenwirkung von Botox?
Ich: Wissen Sie, ich denke, wenn Sie das so sehen, sollten wir es sein lassen.
Sie: Das denke ich auch.
Ich: Das tut mir sehr leid. Sagen Sie Ihrem Mann bitte schöne Grüße.
    Daraufhin knallte sie den Hörer auf.
     
    Es tat mir wirklich leid. Trotzdem wollte ich diesen hanebüchenen Unsinn nicht auf mir sitzenlassen. Es war offensichtlich, dass ihr meine Reaktion auf den Geburtstagsspruch Ihres Mannes wie ein Stachel im Fleisch saß.
    Das war der eigentliche Grund für den Zickenzorn. Und das in diesem Alter …
     
    Dennoch wurde mir, wie so oft, erst im Nachhinein klar, dass mir die beiden wohl nie richtig vertraut hatten.
    Sie waren immer im Haus, wenn ich putzte. Wenn sie überraschend wegmussten, musste ich einpacken und das Haus verlassen.
    Schade, dass sie mir nicht vertrauten.
     
    Aber sie haben jedes Recht dazu.
    Es war ja ihr Haus.
    Trotzdem hätte ich mich gefreut, wenn die Sache anders gelaufen wäre.
     
    Denn eigentlich fand ich die beiden älteren Herrschaften sehr nett.

Gute Kinderstube
    W as wir als Kinder lernen, prägt uns am meisten.
    Als ich noch ein Kind war, legten meine Eltern großen Wert darauf, dass ich gewisse Umgangsformen verinnerlichte.
    Der Respekt älteren Menschen gegenüber gehörte ebenso dazu wie die Toleranz anders Denkenden gegenüber oder das Teilen mit anderen.
     
    Bekam ich zum Beispiel Schokolade geschenkt, war es völlig undenkbar, dass ich die alleine aß, wenn andere Kinder da waren.
    Dann wurde entweder geteilt, oder ich musste warten, bis die Kinder weg waren, und die Schokolade dann essen.
    Auf keinen Fall war es erlaubt, anderen eine lange Nase zu machen und ihnen etwas vorzuessen. Das war völlig klar.
    Wenn ich etwas habe, biete ich anderen davon an. Ich finde das völlig normal.
     
    Entsprechend unangenehm berührt bin ich auch heute noch, wenn ich in Haushalten, die ich teilweise seit Jahren beputze, nie etwas angeboten bekomme.
    Und das ist leider die Regel.
    Ganz so, als wäre ich ein Mensch zweiter Klasse oder gar nicht da.
    In nur zwei Haushalten werde ich gefragt, ob ich etwas essen oder trinken möchte.
     
    Verstehen Sie mich bitte nicht falsch.
    Es geht mir überhaupt nicht darum, dass ich ernährt werden will.
    Ich kann mir von meinem Geld genug zu essen und zu trinken kaufen.
    Es geht mir um die zugrundeliegende Haltung. Um den Mangel an Wahrnehmung. Als Mensch. Als Person auf Augenhöhe.
     
    Das Glas Wasser ist doch nur ein Symbol.
    Für Wertschätzung und Anerkennung.
     
    Ich stehe mit dieser Erfahrung nicht alleine.
    Vorige Woche kam der Päckchenmann schnaufend die Treppe zu unserer Wohnung hoch. Ich bot ihm etwas zu trinken an. Und er freute sich, war aber auch völlig überrascht.
    »Das passiert mir sonst eigentlich nie«, erklärte er dankbar lächelnd, als er mir das leere Glas zurückgab.
    Ja, mir auch nicht.
     
    Manchmal frage ich mich, ob ich zu viel erwarte.
    Wollen die Leute einfach nichts mit mir zu tun haben? Soll ich putzen, keinen Ton sagen und am besten unsichtbar sein?
    Aber wieso?
    Ich bin doch froh, wenn jemand etwas für mich tut. Auch wenn ich dafür bezahlen muss. Beim Friseur oder beim Arzt zum Beispiel sage ich danke, wenn ich gehe. Obwohl ich gerade 40 Euro bezahlt habe.
    Aber danke sagen auch nur wenige.
     
    Ich denke, es ist einfach Unachtsamkeit.
    Auf keinen Fall sind die Leute böswillig.
    Aber es wäre schön, wenn sich das Bild der Putzfrau ein bisschen mehr auf Augenhöhe bewegen würde. Es wäre toll, wenn ich wie ein Gast des Hauses angesehen würde. Denn so empfinde ich mich: Ich gehe als Gast in fremde Wohnungen. Werde eingeladen. Menschen vertrauen mir ihren Besitz an. Ihre Privatsphäre. Und dazu liefere ich einen Service, den ich als seriöse Dienstleisterin professionell erbringe.
    Ist da das Angebot von einem Glas Wasser oder einem Stück Schokolade unpassend?
     
    Vielleicht

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