Unter die Haut: Ein romantischer SM-Roman (German Edition)
resigniert vernehmen und Juliette sieht schuldbewusst zu Georg auf.
Robert steht da wie ein Racheengel. Hoch aufgerichtet, breitbeinig, die Kiefer angespannt, die wütend funkelnden Augen fest auf Susanna gerichtet. Mit sicherem Griff fasst er ihre Handgelenke, zieht sie auf die Füße. „Gibt es irgendwelche Unklarheiten, unsere Abmachungen, speziell deine Alleingänge betreffend?“, fragt er sie, das Gesicht dicht vor ihrem. Sein Ton lässt Juliette kalte Schauer den Rücken hinunterlaufen und ihr wird blitzschnell klar, dass der selbstbewusst kokette Blick, den die Freundin aufsetzt, der so stark an den von Lena am Vorabend erinnert, der Situation völlig unangemessen ist.
„ Ich habe doch nur...“ Weiter kommt sie nicht, denn eine schallende Ohrfeige bringt sie zum Schweigen. Juliette sieht Tränen in ihren Augen aufsteigen und dann eine Reaktion, die sie vorerst überhaupt nicht einordnen kann. Susanna sinkt in die Knie, den offenen bedauernden Blick zu Robert aufgerichtet und sagt allen Ernstes: „Danke!“
Er hilft ihr auf, nimmt sie in den Arm und führt sie zum Wasser, wo er ihr sorgsam und liebevoll den klebenden Sand vom Körper wäscht.
Mit vor Staunen halb offenem Mund sieht Juliette der Szene zu, vergisst für den Augenblick völlig Georgs Anwesenheit, bis ihr die eigene Verfehlung, das freiwillig gegebene Zugeständnis an ihn, über ihre Sexualität bestimmen zu dürfen, klar wird. Susanna scheint gereinigt, ihre Welt wieder gerade gerückt zu sein, sie selbst aber schmort noch immer im eigenen Saft der empfundenen Schuld des Vertrauensbruches. Unsicher sieht sie zu ihm auf. „ Und ich? Bitte!“
„ Juliette, du bist noch nicht so weit“, beginnt er mit überlegendem Ausdruck, „sie hat dich verführt und das war nicht das erste Mal, dass sie Dinge tut, die allein in seinen Entscheidungsbereich fallen. Der Fehler ist weniger, dass sie es tut, vielmehr, wie sie es tut. Nämlich immer im Alleingang, ohne ihn vorher in Kenntnis zu setzen. Das ist es, was er als Hintergehen empfindet, und sie sollte endlich kapiert haben, dass sie es viel leichter haben könnte, wenn sie ihn nicht immer verletzen würde.“
„ Aber auch ich habe dir die Gewalt über mich in dieser Hinsicht übergeben und ich möchte nicht, dass es zwischen uns stehen bleibt!“
Die Ohrfeige kommt, obwohl sie sie erbeten hat, überraschend und unerwartet. Nicht sehr stark, nicht wirklich schmerzhaft, aber sie trifft ins tiefste Innere. Kein Peitschenschlag, jeder einzelne erheblich stärker in seiner Intensität, hat diese Wirkung bei ihr auslösen können. Tränen strömen über ihr Gesicht, und statt sich abzuwenden sucht sie Schutz bei ihm, lässt sich in die Arme nehmen, schmiegt sich an, wie eine Ertrinkende an den Retter, gehalten und geschützt. Sanft wiegt er sie und ihr „Danke“ kommt so leicht über die Lippen, dass sie, erschüttert über sich selbst und dennoch unendlich erleichtert, durch nasse Wimpern zu ihm aufsieht, erstaunt fragt: „Was passiert da?“
„ Ich denke, es ist sehr einfach“, erklärt er, „man ohrfeigt keinen Erwachsenen. Es ist in gewisser Weise entwürdigend, und auch dann, wenn es nicht wirklich weh tut, ist es eigentlich ein Tabu, es gehört zu den Dingen, die 'man nicht tut', schon gar nicht mit einem geliebten Menschen. Es ist die Geste, die die Ungeheuerlichkeit ausmacht. Und die trifft mehr als eine noch so heftige Session. Insofern ist es nur sehr, sehr besonderen Situationen vorbehalten und eigentlich hätte ich es dir gern erspart, denn deine Verfehlung war mir nicht groß genug. Wie fühlst du dich jetzt?“
„ Gut!“, kommt unumwunden und strahlend ihre Antwort. „Wieder im Reinen!“
„ Dann war es richtig“, lächelt er zärtlich und schließt ihren Mund mit einem langen Kuss.
„ Glaub aber nicht, mein Schatz, dass eure netten Spielchen nicht Grund genug sind, euch noch bei ein paar feinen kleinen Gemeinheiten dran zu erinnern“, grinst er wenig später und sie sieht die Vorfreude in seinen grünen Augen leuchten.
„ Oh, du Scheißkerl“, schimpft sie lachend, entwindet sich seinen Armen und rennt, von ihm verfolgt, ins Meer, wirft sich in die kleinen Wellen.
Juliette fühlt sich frei und wohl wie der sprichwörtliche Fisch im Wasser.
Für einen kleinen Augenblick schießt ihr der Gedanke in den Kopf, was die Szene, die sich den Männern vorhin geboten hat, in einer normalen Partnerschaft für wochenlanges Theater ausgelöst hätte. Verletzte Eitelkeiten,
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