Unter die Haut: Ein romantischer SM-Roman (German Edition)

lernen, dass dieser Farbwechsel emotionsabhängig ist.
    Die Stimmung am Strand ist träge geworden, die Sonne steht hoch am Himmel, nach und nach schläft der kräftige Ostwind ein. Das Meer hat sich beruhigt und wird nun seinem schlechten Ruf als langweiligem Brackwasser beinahe schon gerecht.
    Lydia, Fernandos spanischstämmige Frau, liegt bäuchlings entspannt auf einer weißen Decke neben ihrem lesenden Mann. Ihr lackschwarzes Haar, zu einem dicken Zopf geflochten, reicht ihr fast bis an die wohl gerundeten Pobacken. Juliette entdeckt ein Tattoo auf ihrem linken Oberschenkel. Ein kleines Zeichen, einem „F“ nicht unähnlich, von Ranken verziert, zeigt untrüglich ihre Zugehörigkeit an.
    Rinderzüchter!, denkt Juliette etwas spöttisch, müssen wohl überall ihr Brandzeichen anbringen.
    Susanna erhebt sich, um sich neben sie zu setzen. „ Ups, was hast du denn da?“ Juliette deutet auf den kleinen Ring, der sich deutlich in der Sonne blitzend am obersten Ende der Schamspalte der Freundin zeigt. „ Mich wundert ja fast, dass du ihn nicht durch die Nase trägst, irgendwie erinnert ihr mich an einen Kuhstall, du mit dem Ring, Lydia mit ihrem Tattoo.“
    „ Na hör mal !“, erwidert Susanna und ihr Ton ist ziemlich indigniert. „Unsere Zeichen sollen ja unsere Zugehörigkeit zeigen. Ich habe ein vertikal gestochenes Piercing in der Klitorisvorhaut, der Ring hat eine kleine Kugel, die direkt auf der Klitoris aufliegt. Für uns ist es eine Art Ehering, er ist auch graviert. Das Setzen war für uns ein sehr verbindendes Ritual. Ich erinnere mich zu gern an den Moment des Durchstechens, des Einsetzens, als Robert mich schützend im Arm hielt und mich fortwährend tröstete und flüsterte: 'Für uns! Für immer!' Ein guter Freund, ein wirklich erfahrener Piercer, hat es gemacht, er war sehr diskret und sensibel. Außerdem hat die Sache natürlich einen ganz gewaltigen Einfluss auf meine Lust. Schau, die Vorhaut ist etwas angehoben, so ist diese sehr empfindliche Stelle jeder Berührung, und sei es nur des Strings, ständig ausgesetzt. Zu Lydias Tätowierung hat Fernando damals eine Riesen-Fiesta organisiert. Frag sie mal, sie wird dir stundenlang vorschwärmen. Kennst du das Zeichen überhaupt und weißt du, was es bedeutet?“
    „ Bedeutet? Das ist doch ein 'F' für Fernando, oder liege ich da falsch?“
    „ Ja und nein“, antwortet Susanna, „sieh mal genau hin, der Aufstrich schließt nicht mit der oberen Querlinie ab, und beide Querstriche streben nach oben. Was Lydia da trägt ist ein 'Fehu', nur bedingt bezieht sich diese Tätowierung auf Fernandos Namen. Dieses Symbol ist auch eine germanische Rune. Sie verkörpert die Macht des Feuers, des göttlichen Funkens, der Neues entstehen lässt. Versinnbildlicht wird es gern dargestellt mit der Kraft einer dahinstürmenden Rinderherde, womit wir beim zweiten passenden Punkt wären. Sowohl mit Feuer als auch mit losdonnernden Rindern sollte man vorsichtig sein, beides hat den Ruch urtümlicher, ungestümer Macht. Fernando gefiel die Idee nach der Geburt des ersten Sohnes damals so gut, diese Machtsymbolik und auch seine eigene männliche Kraft sozusagen auf Lydias zartem Fleisch zu bannen und in friedliche Grenzen gewiesen zu sehen.“
    „ Meine Güte, Susanna, bitte entschuldige!“ Juliette ist zerknirscht und es ist ihr sichtlich peinlich, wie sie sich gerade lustig gemacht hat über Dinge, die ihr unbekannt, unverständlich sind, deren Bedeutung sie noch nicht nachvollziehen kann. „Ich bin euer Gast und ich bin einfach unmöglich und undankbar, ein richtiger Elefant im Porzellanladen.“
    „ Schon gut, Liebes, ich versteh dich ja. Und ich bin auch nicht sicher, ob ich früher nicht genauso reagiert hätte. Aber sag mal, wie fühlst du dich eigentlich?“
    „ Ich bin noch gar nicht wirklich in der Lage, einzuschätzen, was mit mir hier gerade passiert. Und dein Blick für den 'richtigen Mann' scheint immer noch verdammt gut zu sein. Ich glaube, ich bin dabei, mich Hals über Kopf zu verlieben .“ Juliette ist offenkundig dankbar für den ruhigen Augenblick, für die Möglichkeit, sich auszutauschen und mitzuteilen.
    „ Du warst wohl gestern Abend ziemlich tapfer, hat Sarah erzählt. Diese etwas heftige Form der Initiation hast du jedenfalls mit Bravour durchgestanden. Wenn man keine Ahnung hat, was auf einen zukommt, kann das schon das Ende der Standfestigkeit bedeuten. Wir haben zweimal Frauen hier erlebt, die eigentlich szenevertraut waren und dann