Unter die Haut: Roman (German Edition)
erwartet, dass sie im Stillen jubilierte. Aber es war Jaz, die nicht lockerließ, während Sherry nur an die Wand gelehnt dastand und nichts sagte. Seltsam.
»Um Himmels willen, was ist schon dabei?«, stieß sie hervor, und dann wurde sie wütend, weil sie sich zu einer Erklärung gezwungen fühlte. »Ich möchte mich heute Abend ein bisschen amüsieren, okay? Da kommt mir ein kleiner harmloser Flirt ganz recht. Vincent ist ein Idiot, und dein Freund ist greifbar, und, Jaz, du hast selbst gesagt, dass es zwischen euch beiden eigentlich nie richtig gefunkt hat.«
»Das stimmt, aber darum geht es hier nicht, Ivy.«
»Hey, ich halt mich zurück, wenn es das ist, was du willst, Jaz. Es ist nur … Ich hatte nicht gedacht, dass er ein ernsthafter Bewerber ist.«
»Ist er auch nicht«, versicherte ihr Jaz, als sie Ivys wachsende Verzweiflung bemerkte. »Ich würde dir nie unterstellen, dass du mir den Mann ausspannen willst, Ive.«
»Als ob ich das könnte, selbst wenn ich es wollte«, sagte Ivy finster. Dann hellte sich ihre Miene auf. »Ich will ja mit dem Kerl auch nicht schlafen oder so. Ich möchte nur ein bisschen lachen.«
Jaz fragte vorsichtig: »Und was ist mit Vincent, Ivy?«
»Was soll mit ihm sein?«, fragte sie spitz zurück.
Die Kälte in Ivys Stimme verwunderte Jaz. Sie holte tief Luft und schüttelte den Kopf. »Mein Gott, ich hätte nicht gedacht, dass ich diesen Mann jemals verteidigen würde, aber mir war in dem Moment, als ich euch das erste Mal zusammen gesehen habe, vollkommen klar, dass D’Am bruzzi dich für die tollste Frau seit Marilyn Monroe hält.«
»Na sicher«, erwiderte Ivy bitter.
»Es ist wahr, Ive«, stimmte Sherry ihrer Cousine zu. »Das kann doch jeder sehen, dass er verrückt nach dir ist.«
Wie kommt es dann, dass er so überaus bereitwillig annimmt, ich würde mit dem erstbesten Kerl schlafen, der mir über den Weg läuft? , fragte sich Ivy unglücklich, und wieder überkam sie eine Woge des Schmerzes. Aber davon ließ sich an ihrem Gesicht nichts ablesen, wie ihr der Blick der beiden anderen im Spiegel verriet. Schließlich seufzte Jasmine.
»Ich gebe es auf«, sagte sie. »Meinetwegen, flirte mit Tyler, wenn du dich dann besser fühlst. Solange es dir Spaß macht. Aber hör auf zu trinken … Und treib es nicht zu weit, okay? Er ist zwar nicht der erhoffte Märchenprinz, aber er ist auch nicht Rumpelstilzchen. Tu nichts, was missverstanden werden könnte, Ivy Jayne – und dabei geht es mir nicht nur um ihn. Ich will nicht, dass du etwas tust, was du morgen, wenn du wieder nüchtern bist, bereust.«
»Ja, Mommy.«
Jaz und Sherry tauschten einen besorgten Blick, aber letztlich wussten sie, dass es nichts mehr zu sagen gab. Ivy war eine erwachsene Frau. Wenn sie auf Teufel komm raus auf Schwierigkeiten aus war, dann blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Augen offen zu halten und zu versuchen, das Schlimmste zu verhindern.
Tyler fühlte sich unbesiegbar. Es war genau so, wie er es sich vorgestellt hatte – nein, es war sogar noch besser. Der Ärztin gegenüberzusitzen, mit ihr zu sprechen, sich ihrer Bewunderung sicher sein zu können … Wow, er fühlte sich so stark und mächtig, es war ein Wunder, dass nicht alle im Lokal das Strahlen, das von ihm ausging, bemerkten.
Sie war total verrückt nach ihm, genau wie er es sich gedacht hatte. Er und sie waren auf einer Wellenlänge. Sie hatte vielleicht noch nicht ganz begriffen, wem sie da gegenübersaß, aber sie spürte wie er die mystische Verbindung. Ihre Bewunderung für ihn war so groß, dass die Stimme in seinem Kopf nicht nur in den Hintergrund gedrängt wurde, sondern vollkommen verstummt war.
Wenn das kein Grund zum Feiern war.
Neben ihrer Wertschätzung versank alles andere um ihn herum in Bedeutungslosigkeit. Es trieb ihn nicht mehr zur Weißglut, dass Jaz eine halbe Ewigkeit gebraucht hatte, um dieses Treffen zu arrangieren, oder dass sie ihn heute Abend mit Blicken durchbohrte. Mann, das Erste zählt einfach nicht mehr, und das Zweite – nun, sie war einfach eifersüchtig, weil eine andere Frau ihn attraktiv fand und weil sie vielleicht spürte, dass sie jetzt jegliche Chance, von ihm gevögelt zu werden, die sie vielleicht einmal gehabt haben mochte, verspielt hatte. Es war ihm auch egal, dass dieser Terry ihn musterte wie ein exotisches Insekt unter einem Mikroskop. Die Ärztin mochte ihn, und das war das Wichtigste.
Einen solchen Frieden hatte er schon seit Wochen nicht mehr empfunden,
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