Unter die Haut: Roman (German Edition)
lächelte Tyler mit zusammengebissenen Zähnen an. »Entschuldigst du uns bitte für eine Sekunde?« Dann packte sie Ivy am Arm und zog sie so energisch hoch, dass Ivy, die im Moment nicht über ihre gewohnte Körperbeherrschung verfügte, beinahe seitlich von ihrem Stuhl kippte.
»Huch.« Ivy hielt sich mit einer raschen Bewegung an Jaz’ Stuhl fest. Aus irgendeinem Grund fand sie das Ganze überaus lustig und fing erneut an zu kichern, als sie sich wieder aufrichtete und sich mit der freien Hand eine Haarsträhne aus den Augen strich. »So etwas dürft ihr zu Hause aber nicht nachmachen, Kinder«, sagte sie und lächelte in die Runde. »Diese studierte Ärztin brauchte viele Jahre, um sich solche überschallschnellen Reflexe anzutrainieren.«
»Ivy!«
»’tschuldigung,’tschuldigung.« Sie erhob sich und trottete gehorsam hinter Jasmine her. Sherry murmelte rasch eine Entschuldigung und folgte den beiden.
Kaum hatte sich die Tür der Damentoilette hinter ihnen geschlossen, drückte Jaz Ivy auf einen der Drehstühle vor dem Frisierspiegel. Ivy hob ihre Füße an und drehte sich einmal im Kreis. Als sie wieder zum Stillstand kam, fiel ihr Blick auf Jaz, die sie finster anstarrte.
»Was zum Teufel ist los mit dir?«, fragte Jaz. Sherry lehnte an der Wand, die Hände in den Taschen ihres Sweatshirts vergraben, und beobachtete sie.
Ivy sah Jaz mit großen Augen an. »Hm?«
»Verdammt, Ivy, warum kippst du einen Whisky nach dem anderen runter, als wäre es Mineralwasser – willst du dich betrinken? Wie kommst du dazu, mit meinem Freund zu flirten? Und was zum Teufel«, setzte sie genervt hinzu, »gibt es eigentlich dauernd zu kichern? Mein Gott, das letzte Mal, als ich dich kichern gehört habe, musst du in der Grundschule gewesen sein.«
»Also, das stimmt aber nicht«, erwiderte Ivy mit einem kehligen Lachen. Den Rest ignorierte sie lieber.
»Was ist nur in dich gefahren – warum führst du dich plötzlich wie eine rebellische Dreizehnjährige auf?«
Jaz musterte ihre Cousine, als könne sie ihr die Gründe für ihr seltsames Verhalten am Gesicht ablesen. Dann schoss plötzlich eine ihrer Augenbrauen in die Höhe, und sie sagte: »Nein, warte, sag nichts, lass mich raten. Kann es sein, dass du und der italienische Hengst gestritten habt?«
Augenblicklich war Ivys gute Laune verflogen. »Nenn ihn nicht so«, fuhr sie Jaz an und wunderte sich gleich darauf, warum sie ihn immer noch instinktiv verteidigte. Wenn sie an die Namen dachte, mit denen sie Vincent seit Verlassen der Wohnung in Gedanken bedacht hatte, gab es eigentlich keinen vernünftigen Grund, etwas gegen Jaz’ Bezeichnung einzuwenden.
Aber gerade das war es. Sie durfte ihn beschimpfen, aber sonst niemand. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Entschlossen blinzelte sie sie weg und reckte ihr Kinn empor. Sie wollte verflucht sein, wenn sie weinte wegen dieses dummen, misstrauischen … Unvermittelt versetzte sie dem Stuhl einen Schubs, beugte sich dann zum Spiegel und tat so, als inspizierte sie ihr Make-up.
»Es tut mir Leid, Ivy«, sagte Jasmine, als sie die Verletztheit in den Augen ihrer Cousine sah. Sie berührte Ivys bloße Schulter und ihre Blicke trafen sich im Spiegel. »Hör nicht auf das, was ich sage. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass ich eifersüchtig bin auf deine Beziehung mit D’Ambruzzi -«
Ivy schnaubte. Schöne Beziehung.
»- aber ich werde versuchen, meinen Sarkasmus etwas zu zügeln, okay?« Als Ivy nickte, schlug sie einen bewusst neutralen Ton an und fragte vorsichtig: »Dann … habt ihr euch also tatsächlich gestritten?«
Ivy nickte.
»Offenbar ernsthaft. Willst du darüber reden?«
Ivy sah ihre Cousinen übertrieben gleichgültig an, dann befeuchtete sie eine Fingerspitze und strich sich damit über die Augenbrauen. »Nein«, erwiderte sie schließlich mit tonloser Stimme. Ihr Blick wanderte an Jaz vorbei zu Sherry. »Sher, hast du irgendeinen Lippenstift dabei? Ich sehe ja wie eine Wasserleiche aus.« Sie nahm den Lippenstift, den ihr ihre Cousine reichte, und fuhr sich damit sorgfältig über die Lippen. Dann lehnte sie sich ein wenig zurück und musterte das Ergebnis kritisch. »Schon besser.« Da sie jetzt keinen echten Grund mehr hatte, irgendwo anders hinzusehen, blickte sie Jaz erneut im Spiegel an und fragte sich, was hier eigentlich ablief. Sie verstand überhaupt nichts mehr. Sie hätte gedacht, dass sich Sherry aufregte, wenn ihre Beziehung in die Brüche ging. Von Jasmine hätte sie
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