Unter die Haut: Roman (German Edition)
gereizt, »ob Sie sie auf Spuren einer Vergewaltigung untersucht haben?«
Ivy sah ihn wütend an. »Mäßigen Sie Ihren Ton, solange Sie hier drin sind, D’Ambruzzi«, sagte sie, im Gegensatz zu ihm äußerst beherrscht. Sie deutete mit dem Kopf auf die Patientin.
Vincent nickte.
»Gut, und um Ihre Frage zu beantworten: Ja.«
»Ist hier ein Herz …?« Er zeigte auf eine Stelle auf seiner Brust.
»Ja, zumindest ein halbes.« Bess stöhnte plötzlich laut und bewegte sich unruhig, und Ivy beugte sich über sie. »Schon gut, Bess«, sagte sie sanft. »Es ist alles in Ordnung. Bleiben Sie einfach ruhig liegen, und regen Sie sich nicht auf. Wir bringen Sie gleich in den Operationssaal, wo man sich um Ihr Magengeschwür kümmern wird. Verstehen Sie mich?« Bess nickte schwach. »Fühlen Sie sich kräftig genug, um die Einverständniserklärung zu der Operation zu unterschreiben?« Wieder nickte Bess, und Ivy blickte zu Vincent hoch, als sei sie überrascht, ihn immer noch hier vorzufinden. »Gehen Sie jetzt bitte.«
Vincent folgte der Aufforderung. Vor dem Behandlungsraum blieb er einen Moment auf dem Korridor stehen und ging dann entschlossen in Richtung Schwesternzimmer.
Eine attraktive Schwester machte dort gerade Eintragungen auf einem Krankenblatt, und er wartete geduldig, bis sie damit fertig war. Schließlich klappte sie den Deckel der Akte zu, legte sie zur Seite und sah ihn an. In ihren Augen blitzte spontanes Interesse auf. »Kann ich Ihnen helfen?«
Vincent zeigte ihr seinen Ausweis. »Dr. Pennington behandelt ein Opfer in einem Fall, an dem ich arbeite«, sagte er und lächelte die Schwester so charmant an, dass sie verwirrt blinzelte. Es war ein Mittel, das er selten einsetzte, aber er brauchte Informationen, und er brauchte sie auf der Stelle, und manchmal, bei manchen Frauen erreichte er auf diese Weise das, was er wollte, am schnellsten – Keith und seine Frau Anna würden die Augen verdrehen, wenn sie davon wüssten, das war ihm völlig klar. »Dr. Pennington ist momentan beschäftigt«, fuhr er in vertraulichem Ton fort, »aber ich muss unbedingt so bald wie möglich mit ihr sprechen. Könnten Sie mir sagen, wann ihre Schicht zu Ende ist?«
»Oh, Dr. Pennington hätte eigentlich ab Mitternacht freigehabt, Detective«, erklärte die Schwester mit einem eifrigen Lächeln. »Sie hat sicher Zeit, mit Ihnen zu reden, sobald sie mit der jetzigen Patientin fertig ist.«
»Ich will sie auf keinen Fall verpassen. Wenn ich mich in den Warteraum setze, sehe ich sie dann, wenn sie geht?«
»Wahrscheinlich nicht. Sie wird sich vermutlich im Arztzimmer umziehen und durch den Hinterausgang rausgehen. Von da aus ist es näher zum Parkplatz.« Die Schwester stützte die Unterarme auf den Tresen, legte die Hände übereinander und beugte sich lächelnd etwas näher zu ihm. »Aber ich piepse sie gerne an oder sage ihr Bescheid, dass Sie auf sie warten, wenn Sie möchten.«
Vincent bedachte sie erneut mit einem Lächeln. »Das ist nicht nötig, aber vielen Dank«, erwiderte er. »Vielleicht könnten Sie mir zeigen, wo das Arztzimmer liegt?«
Zum ersten Mal wirkte sie etwas verunsichert. »Ich fürchte, das darf ich nicht, Sir.«
»Macht nichts.« Mit einem letzten Lächeln wandte er sich zum Gehen.
Kurze Zeit später, außerhalb der Sichtweite der Schwester, hielt er einen Pfleger auf und zückte erneut seinen Ausweis. Sie sprachen eine Weile miteinander, und dann drehte Vincent sich um und ging zielstrebig in die Richtung, die ihm der Mann gewiesen hatte.
3
Ivy konnte sich vor Müdigkeit kaum noch aufrecht halten, als sie die schwere Tür öffnete, die zum Parkplatz führte. Sie versuchte, sich damit zu trösten, dass alles viel schlimmer sein könnte – immerhin war ihr heute Nacht keiner der Patienten unter den Händen weggestorben. Die frische Brise änderte zwar nichts an ihrer Erschöpfung, aber sie verschaffte ihr zumindest etwas Kühlung, und außerdem tat es gut zu wissen, dass sie von jetzt an gerechnet zwei volle Tage freihatte. Vielleicht würde sie sie durchgehend im Bett verbringen und den fehlenden Schlaf nachholen.
»Dr. Pennington?«
Ihre Wagenschlüssel wie eine Waffe umklammernd, wirbelte Ivy herum und wappnete sich gegen einen möglichen Angriff, als sie dem Mann entgegensah, der aus der Dunkelheit auf sie zutrat. Ihre Müdigkeit war durch den plötzlichen Adrenalinstoß wie weggefegt, und ihr rasender Herzschlag beruhigte sich nur unwesentlich, als sie ihren Nachbarn
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