Unter die Haut: Roman (German Edition)
verwischt, aber wer weiß, welche Wunder die heutige Polizeitechnik vollbringen kann.« Als sie weiterhin einfach nur dasaß und ihn groß ansah, sagte er geduldig: »Ivy, dir ist doch klar, dass du das D’Ambruzzi sagen musst, oder?«
»Nein!« Sie wurde noch einen Hauch blasser, falls das überhaupt möglich war. »Das geht nicht«, sagte sie, ohne nachzudenken.
»Warum geht das nicht?«, erkundigte sich Terry sanft. »Weil du mit D’Ambruzzi schläfst?«
Ivy sackte in sich zusammen. »Woher …? Wer …?« Plötzlich überzog eine dunkle Röte ihr Gesicht. »Sherry! Sie hat es dir erzählt! Der Teufel soll sie holen, ich habe sie extra gebeten, es nicht in der ganzen Familie herumzutratschen.«
»Sie hat es nicht der ganzen Familie erzählt, Ive«, sagte Terry beruhigend. »Ich bezweifle sogar, dass sie es Ben erzählt hat. Sie kam gestern Nachmittag bei mir vorbei, und ich habe ihr angesehen, dass sie irgendetwas beschäftigt, also habe ich es aus ihr herausgelockt. Du kennst doch Sherry: Sie hat eine Schwäche für Liebesgeschichten, und sie konnte noch nie etwas vor mir verbergen, wenn ich dazu entschlossen war, ihrem Geheimnis auf die Spur zu kommen.«
Das war richtig. Sherry und Terry waren Zwillinge und hatten eine besonders enge Beziehung. Terry war immer der Willensstärkere von beiden gewesen und schaffte es, seine Zwillingsschwester nach Herzenslust zu manipulieren. Für gewöhnlich verfolgte Ivy mit Vergnügen, welche Tricks er bei seiner Schwester anwandte, aber verdammt noch mal, warum musste Sherry sich unbedingt verplappern, wenn es um Ivys Angelegenheiten ging? Sie hätte die Sache für sich behalten sollen.
»Na komm schon«, sagte Terry und gab ihr einen Knuff. »Entspann dich, Ive. Du hast hier den guten alten Terry Pennington vor dir. Du weißt, dass deine Geheimnisse bei mir gut aufgehoben sind.«
Ivy entspannte sich. Auch das war richtig. Terry war kein Klatschmaul, und im Gegensatz zu vielen anderen ihrer Verwandten musste man ihn nie eigens darum bitten, eine vertrauliche Mitteilung auch wirklich vertraulich zu behandeln. Er behielt seine Meinung einfach für sich. Bei seinen nächsten Worten kehrte ihre Anspannung jedoch sofort wieder zurück.
»Aber Fakt bleibt«, sagte er, »ob du nun mit D’Am bruzzi schläfst oder nicht, er ist für diesen Fall zuständig, und du musst ihn über diese Sache informieren.« Er sah sie verwundert an. »Ich hätte gedacht, dass einem so was leichter fällt, wenn man eine persönliche Beziehung hat, nicht schwerer.«
»Das wäre wahrscheinlich auch der Fall«, erklärte sie ihm steif, »wenn wir eine persönliche Beziehung hätten. Aber so wie es aussieht, wollte er offensichtlich nur mal eben mit mir ins Bett. Seitdem habe ich jedenfalls nichts mehr von ihm gesehen oder gehört.«
»Oh Scheiße, tut mir Leid.«
Als sie seinen Blick erwiderte, lagen in ihren Augen all der Kummer und die Aufregung der vergangenen Tage. »Ich komme mir so benutzt vor, Terry«, gestand sie leise. »Er war so hinreißend … Und dann ist er einfach ohne ein Wort verschwunden.« Sie lachte kurz auf. »Nur damit du weißt, was für eine Idiotin ich bin, ich dachte sogar, die Blumen wären von ihm, bis ich die Karte gelesen habe.«
»Hey, wenn hier jemand ein Idiot ist, dann ganz bestimmt nicht du. Und ich sag dir das wirklich nicht gern, aber du musst ihm trotzdem die Karte zeigen und von den Blumen erzählen.« Als er ihre abweisende Miene sah, fügte er hinzu: »Denk doch mal nach, Ivy. Du bist eine der klügsten Frauen, die ich kenne, aber im Augenblick hast du deinen Verstand offenbar ausgeschaltet.«
»Warum?«, fragte Ivy gereizt. »Weil ich keine Lust habe, noch einmal den Weg von D’Ambruzzi zu kreuzen?«
»Nein«, erwiderte er ruhig. »Weil du dich kein einziges Mal gefragt hast, woher dieser Vergewaltiger weiß, dass du die Ärztin bist, die seinem Opfer das Leben gerettet hat.«
Terry hatte natürlich Recht. Sie hatte sich von ihrem Stolz leiten lassen, statt von ihrem Verstand. Woher hatte der Vergewaltiger das gewusst? Die einzig plausible Erklärung war, dass er in jener Nacht in der Notaufnahme gewesen war. Hatte er sich am Empfang erkundigt? Sich vielleicht als Angehöriger ausgegeben? Es war äußerst unwahrscheinlich, dass er sie tatsächlich gesehen hatte, weil die Behandlungsräume vom Wartebereich aus nicht einzusehen waren, und Unbefugten war das Betreten der Korridore dort im Allgemeinen nicht gestattet. Aber woher hatte er dann
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