Unter die Haut: Roman (German Edition)
ledig und besaß einen Blumenladen. Und was das Beste von allem war, er schien die Person zu sehen, die hinter der makellosen Schönheit ihres Gesichts steckte.
Sie setzte hohe Erwartungen in die Verabredung zum Abendessen mit Tyler Griffus morgen Abend. Vielleicht wäre es ja der Beginn von etwas ganz Besonderem.
Als Vincent und Ivy bei ihrem Apartmenthaus ankamen, hatte es aufgehört zu regnen. Er kam wortlos zu ihr an den Wagen und begleitete sie zur Eingangstür, geschickt den vielen Pfützen ausweichend, die auf dem Parkplatz standen.
Zu dem Zeitpunkt, als sich die Aufzugtüren hinter ihnen schlossen, hatten sie noch immer kein Wort miteinander gewechselt, aber es war kein angenehmes Schweigen. Er stand viel zu dicht bei ihr und sah sie viel zu eindringlich an, als dass sie hätte entspannt sein können. War es wirklich nötig, dass er ihr so nahe kam, wenn sie den ganzen, wenn auch nicht übermäßig großen Aufzug für sich hatten? In seinen Augen flackerte das Begehren auf, aber der Ausdruck seiner Lippen ließ erkennen, dass das gegen seinen Willen geschah. Er wollte sie, das war klar. Aber er war nicht glücklich darüber.
Und in diesem Moment wurde ihr klar, dass es ihm wahrscheinlich gar nicht darum gegangen war, ein Spielchen mit ihr zu treiben, als er wortlos verschwunden war, nachdem sie miteinander geschlafen hatten. Als sie jetzt in seine glühenden schwarzen Augen sah, fiel ihr auf, wie missmutig sich seine dichten schwarzen Augenbrauen über seiner Nase zusammengezogen hatten. Von plötzlicher Erkenntnis durchzuckt, dachte sie ungläubig: Du hattest Angst. Mein Gott, ich werd verrückt. Der große, starke Vincent D’Ambruzzi hatte Angst.
Auf diese Idee war sie bis jetzt überhaupt nicht gekommen. Okay, sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, zu irgendetwas seinen Standpunkt einzunehmen, weil sie zu beschäftigt damit gewesen war, ihre Wunden zu lecken. Doch es schien plausibel. Sie hegte schon seit längerem den Verdacht, dass er eine gescheiterte Beziehung hinter sich hatte, eine Geschichte, die irgendwie mit dazu beigetragen hatte, dass er dieses übertriebene Misstrauen entwickelte. Allerdings hatte sie das nicht ein Mal damit in Verbindung gebracht, wie er sie behandelt hatte.
Nicht dass das eine Entschuldigung gewesen wäre, natürlich nicht, aber irgendwie …
Nein! Nein, nein, nein, nein, nein. Sie hatten ihr Stockwerk erreicht, die Aufzugtüren öffneten sich und Ivy schob Vincent zur Seite und eilte schnurstracks in Richtung ihrer Wohnung, wütend auf sich selbst. Hast du jetzt auch noch den letzten Rest von Verstand verloren? , fragte sie sich voll Zorn. Das ist ja wohl die älteste Falle der Welt. Untersteh dich, sein Verhalten romantisch zu verklären – dafür tut es viel zu weh!
Da Vincent eine Weile brauchte, um sich aus dem fortwährenden Kampf, der in ihrer Gesellschaft jedes Mal zwischen seinem Verstand und seinen Hormonen zu toben schien, zu befreien, holte er sie erst an ihrer Wohnungstür ein. Gegen die Wand gelehnt sah er ihr zu, wie sie in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel kramte, und wartete bis sie ihn ins Schloss gesteckt und aufgeschlossen hatte. Sie betrat ihre Wohnung, drehte sich um, um ihn mit großen, wachsamen Augen anzusehen, und machte mit einem leise gemurmelten »Gute Nacht« Anstalten, die Tür zu schließen.
Vincent stieß sich von der Wand ab. Was sollte das denn? Sie ließ sich von ihm nach Hause bringen, nur um ihn dann eiskalt vor ihrer Wohnungstür wegzuschicken? Er legte seine Hand um ihren Oberarm. »Moment mal!«, sagte er in Befehlston. »Das war’s dann? Du knallst mir einfach die Tür vor der Nase zu – ohne ein Wort?«
»Ja«, erklärte sie knapp. Ihm ging es sowieso nicht ums Reden, und sie brauchte Zeit zum Nachdenken.
»Vorhin in der Bar … warum hast du da gesagt, dass du mit mir nach Hause fahren willst?«
Sie zuckte mit den Schultern.
Das war neu. Sie war doch sonst nie um eine Antwort verlegen. Er hatte es bisher nicht einmal erlebt, dass sie sich vor einer Auseinandersetzung drückte, so wie sie es jetzt tat, und ihre offensichtliche Gleichgültigkeit machte ihn unsicher und nervös. »Was ist denn mit der überaus redegewandten Ivy Pennington passiert?«, fragte er mit vor Spott triefender Stimme, um sie aus der Reserve zu locken.
Sie biss nicht an. »Die hat sich heute Abend freigenommen.«
Er knirschte frustriert mit den Zähnen. »Verdammt noch mal, warum redest du nicht mit mir? Wovor hast du
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