Unter die Haut: Roman (German Edition)
Auge gestochen, das sie zunächst hatte zögern lassen, dieses Oberteil anzuziehen.
Ach was, dachte sie trotzig, eigentlich ist es ziemlich schlicht. Wirklich. Größtenteils. Es war aus schwarzer Baumwolle, hatte schmale Träger und war wie ein Mieder geschnitten, das ihren Busen züchtig bedeckte. Kein offenherziges Dekolletee, kein tiefer Rückenausschnitt. Es zeigte praktisch überhaupt nichts … abgesehen von dem kleinen V-förmigen Ausschnitt zwischen ihren Brüsten. Und selbst der ließ lediglich einen flüchtigen Blick auf ein bisschen zarte weiße Haut hier, eine blasse Rundung dort erhaschen … aus einem bestimmten Blickwinkel. Sie hatte nicht die Absicht, ihn zu becircen. Dieses Oberteil war auf eine äußerst zurückhaltende Art sexy.
Sie hörte auf, sich darüber Gedanken zu machen, als Vincent sich schließlich doch noch mit ihr zu unterhalten begann. Der Rest der Fahrt verlief sehr angenehm.
Es war schön, Vincent an diesem Nachmittag im Kreis seiner Freunde und Bekannten zu beobachten. Ivy hatte ihn bisher noch nie so entspannt erlebt und noch nie so viel lächeln und lachen sehen. Einen Großteil des Nachmittags verbrachte sie damit, mit seinem Arm um ihre Taille im Haus der Grahams oder draußen im Garten neben ihm zu stehen. Er stellte sie jedem vor, der ihnen über den Weg lief, und sorgte dafür, dass sie in die Unterhaltung mit einbezogen wurde.
Irgendwann zog Suse McGill sie zur Seite, um ihr ihren Freund vorzustellen, und etwas später fand sie sich allein mit Anna Graham in der ausnahmsweise leeren Küche wieder. Sie schnitt Tomaten und Gurken in Scheiben, während Anna durch den Raum wirbelte, Salate aus dem Kühlschrank nahm und Teller und Besteck bereitstellte. Durch die offene Tür drangen das Gelächter der Männer und der Geruch von gegrilltem Fleisch in die Küche.
Anna legte noch Servietten auf das große Tablett, das sie eben beladen hatte. Nachdem sie alles, was darauf stand, mit einer Liste in ihrem Kopf verglichen hatte, hielt sie einen Augenblick inne und sah Ivy lächelnd an. »Ich freue mich sehr, dass Sie heute kommen konnten«, sagte sie. Sie griff nach den Salz- und Pfefferstreuern und stellte sie auf die Pappteller.
»Ich mich auch«, sagte Ivy und erwiderte ihr Lächeln. Anna hatte etwas an sich, dass man sich in ihrer Gesellschaft sofort wohl fühlte – es kam ihr so vor, als wären sie schon lange miteinander befreundet und würden sich nicht erst seit ein paar Stunden kennen. »Und ich finde es ungemein interessant«, fuhr sie mit einem Grinsen fort. »Ich habe noch nie in meinem Leben so viele Pistolen auf einer Party gesehen.«
Anna lachte. »Ja, so sind sie, die Cops. Ich habe früher versucht, meine Kollegen und die von Keith auf solchen Gartenfesten zusammenzubringen, aber nach einer Weile habe ich es aufgegeben. Cops bleiben gern unter sich, und mit ihrem Gehabe und ihren Schießeisen haben sie meine Freunde sowieso bloß eingeschüchtert.« Sie warf Ivy einen raschen Blick zu. »Sie scheinen allerdings ganz gut damit zurechtzukommen.«
»Oh, hier und da hatte ich ein kleines Problem, aber das hatte nichts mit einem bestimmten Gehabe oder Schießeisen zu tun.« Sie schnitt eine Grimasse. »Immerhin habe ich jetzt eine völlig andere Vorstellung davon, wie es sein muss, auf einer Freak-Show ausgestellt zu werden.«
»Ach, du lieber Gott.« Anna lachte. »War es sehr schlimm? Die Witzbolde da draußen sind nicht gerade taktvoll.« Sie zuckte leicht die Achseln. »Sie wissen vielleicht, dass Sie die erste Frau sind, die Vincent zu einer dieser Partys mitgebracht hat, seit er von dem Luder geschieden ist. Und natürlich weiß jeder, dass er jahrelang wie ein Mönch gelebt hat, daher sind sie natürlich neugierig auf Sie.«
Ivys klappte der Unterkiefer herunter. »Sie wissen davon?«
»Klar.« Als Ivy sie fassungslos anstarrte, erklärte Anna: »Keith hat mir erzählt, dass Sie auf dem Revier waren – da haben Sie ja gesehen, wie dicht die Schreibtische beieinander stehen.« Sie lachte gutmütig. »In so einem Büro gibt es verdammt wenig Geheimnisse.«
»Da bin ich platt«, sagte Ivy mit schwacher Stimme. Und dann: »Erinnert mich an meine Familie.«
»In gewisser Weise sind sie ja auch so was wie eine Familie. Na ja, jedenfalls …« – sie machte eine wegwerfende Handbewegung und kehrte zum ursprünglichen Thema zurück – »… freue ich mich, dass er Sie heute mitgebracht hat, Ivy. Keith hat mir schon von Ihnen erzählt, und ich finde es schön,
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