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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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sehen zu können.
    Dessentwegen drang er tiefer und tiefer in die Häuserschlucht, bis er schließlich jene scharfe Abschwenkung der Gasse erreichte, an der man zunächst glauben musste, man habe das Ende erreicht. Erst wenn man sich verstört umsah, erhaschte man die enge Nische zur Rechten, die wiederum nur einen Winkel darstellte, aus welchem der Gang erneut entsprang. Firminus glaubte weder an eine Sackgasse, noch musste er sich verstört umschauen, um von dem Fortgang des Weges zu wissen. Nachdem er vorsichtig um die Mauerecke in die Dunkelheit gespäht, machte sich Firm daran, seinen Weg fortzusetzen. Doch schon nach wenigen Schritten gewahrte er in der Schwärze zwei Pilaster. Sie waren nicht besonders ausladend. Aber sie verengten den Weg zu einem schmalen Durchlass.
    Da ward Firm von jäher Angst geschüttelt. Er erkannte das Tor, von dem es hieß, es wandere und hole ein, wer immer zur Kehrtwende bereit sei. Seine Augen tränten ob der Erinnerungen, die ihn erschütterten. Er war bereits einmal an diesem Ort gewesen. Er war geflohen. Sein Fuß trat auf einen alten Pfad.
    Gleichwohl entsann er sich nicht, was hier geschehen war.
    Er entsann sich seiner Angst. Er entsann sich der Schmerzen. Er entsann sich der Verlassenheit, die ihn unentwegt quälte. Und dessen, dass es für ihn keine Rettung geben würde – keine Wunder.
    Alsdann war er durch das Tor getreten und nichts war geschehen. Hatte es ihn enttäuscht? War er gerettet worden? Firm entsann sich nicht, und es nahm ihn auch nicht wunder.
    Er schüttelte sich, ermannte sich und wand sich durch die Mitte der beiden Wandpfeiler. Als er sie berührte, hinterließen sie einen weichen Eindruck, und als er hindurch war und einen eiligen Satz nach vorn anstrebte, hörte er ein gefährliches Zischen sowie ein Rauschen von Stoff. Firm war plötzlich in Rauch gehüllt. Und jenseits sah er einen schwarzen, bedrohlichen Schatten annahen.
    Das Tor ... es bewegte sich, wendete sich hinum.
    Was er für Pfeiler gehalten, bog sich, knickte ein.
    Es schien, als wolle sich etwas auf ihn stürzen.
    Zugleich bekam Firm keine Luft mehr, sein Atem war abgerissen und nur ein scharfer, reißender Brand lag in der Nase, dem Mund und seiner Lunge. Ihm war nach Husten, doch er war nicht imstande. Schon schwindelte ihm, er verlor einige Schritte rückwärts an die Flucht der Gasse. Er spürte etwas Weiches an einem Fuß, einen Körper vielleicht, stolperte und fiel darüber weg. Hernach ward es formlos um ihn. Und er verlor die Besinnung.
    * * *
    Es schmeckte wie Blut, und es war mit schrecklichen Gedanken vereint. Die Starre seines Gesichts schmerzte zu sehr, um es beekelt zu verziehen. Sein Mund schien schlaff und ohne Empfindnis, allein den Spuckefaden spürte er kalt und fremd hinausziehen. Und als sich Firms Sinne wieder gesammelt, dass er klar aus den Augen zu schauen vermochte, gewahrte er sein Leben und vor sich das runde Gesicht von Margarete Graft, welche von eigenartig gilblichem Licht beschienen ward.
    »Ei, da ist ja unser Ausreißer«, hörte er ihre Stimme, die durchaus befriedigt klang. »Glück hast du gehabt. Wieder einmal. Und ein Narr bist du gewesen. Das weißt du ja wohl.« Maggie tupfte seine Stirn mit einem feuchten Lappen ab. »Sie haben den Kerl.« Die Worte tropften in sein Bewusstsein wie Speichel auf seine Brust. »Sie sagen, er maß neun Fuß. Neun Fuß , Junge, was für ein End das gewesen sein muss. So einer vermöchte aus Dachrinnen zu saufen.« Sie lachte, und es klang gleichfalls wie ein Knurren. »Die Polizei sagt, er verspüre einen ungewöhnlichen Hass auf alles Kleinwüchsige und wohl besonders auf Kinder. Er habe Hunderte getötet. Mit einem giftigen Gas hat er den Bälgern aufgelauert, dieser Hund. Ha, nun müssen sie den Galgen höher bauen, sonst baumelt er nicht«, erzählte sie leichthin. »Hunderte, na ja, die reden ja viel, wenn der Tag lang ist. Sie sagen auch, du würdest für immer in diesem Zustand bleiben. Was wissen die schon, nicht wahr, mein Schätzchen? Nun bist du ja wieder daheim, bei Mutter Maggie. Wir machen dich schon wieder gesund. Und jetzt schau ein wenig in den Himmel und ruh dich aus, mein Süßer.« Sie wischte ein weiteres Mal über seine Stirn und drückte seinen Kopf zum Fenster herum, als schiebe sie ein Brikett in den Ofen.
    Firminus Becket sah nun auf das halb erblindete und verrußte Glas. Sein Blick suchte die einzige Stelle dort, die noch durchsichtig genug war, um hinausspähen zu können. Allda grüßte

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