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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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einmal hier gewesen bin?«
    »Wer weiß?!« Er grinste unverschämt, während er sich zu mir umdrehte.
    Obwohl ich mit dieser Antwort nichts anzufangen wusste, war ich doch zufriedengestellt.
    Wir spazierten, fast gemächlich, mein mysteriöser Begleiter einige Schritte voraus, einen breiten Kiesweg entlang, der die saftigen Wiesen einer gepflegten Grünanlage durchzog.
    Es hätte ein gewöhnlicher Sonntagnachmittag im November sein können. Die Sonne hatte sich hinter den fahlen Dunst gedrängt, und die schweren Wolken, die kurz zuvor noch den Äther verzierten, verliefen zu einem phantasielosen Grau zusammen.
    Feuchte Kälte zog auf.
    Aus der Ferne hörte ich das Durcheinander weinerlicher Frauenstimmen.
    Düsternis machte sich in meinem Herzen breit. Ich senkte das Haupt, und ein rätselhafter Vers kam mir in den Sinn.
    Der junge ungestüme Freidenker, dessen Hoffnung einst so vielversprechend war,hoch auf des höchsten Berges einsamem Gipfel. Doch als er aufstand, um zu fliegen, stürzte er tief, hinab in die bestialischen Fänge seiner Henker.
    Wieder sah ich nach vorne. Die schlanke dunkle Gestalt, die mich führte, war noch einige Meter weiter vorausgeeilt.
    Einen Augenblick lang dachte ich an Umkehr, denn ich spürte deutlich, dass etwas Unheiliges diese Szenerie umfing. Der Himmel hatte sich schwarz gefärbt, und glutrote Lava ergoss sich aus ihm.
    Und dann geschah das Unfassbare. Das ich im ersten Moment nicht realisieren konnte.
    Aber ja, der schwarze Mann, der vor mir ging, schien seine Gestalt zu verändern!
    Übermächtige, durch die Kleidung hervorquellende Rückenmuskeln wanden sich wie mächtige Schlangen. Die gesamte Rückenpartie zog sich unter lautem Knacken der Glieder und Gelenke zu einem krummen, abstoßenden Buckel zusammen.
    Ich sah, wie die seltsame Erscheinung vor meinen Augen in die Höhe wuchs und immer kräftiger und mächtiger wurde.
    Endlich drehte sich der Dämon zu mir um, starrte mich mit glühenden Augen an und grollte: »Jetzt habe ich dich ! Jetzt gehörst du mir !« Er streckte seine grässlichen Klauen nach mir aus, um mich zu packen.
    Vor Entsetzen war ich wie zu Stein erstarrt.
    Doch dann begriff ich.
    Diese Kreatur kannte ich, konnte sie meinen Kindheitserinnerungen zuordnen. Viele Jahre hatte sie mich in meinen Träumen begleitet. So, wie das grässliche Wesen eines Tages mit verschränkten Armen kopfüber von der Decke unserer Bibliothek gehangen und eindringlich auf meine Mutter eingeredet hatte.
    Längst verdrängt und vergessen war der dunkle Moment.
    Meine Mutter unterzeichnete ein Papier, das der Fremde einsteckte. Dann bedeckte sie ihr Gesicht voller Verzweiflung mit den Händen und weinte bitterlich, bis sie mich in der Türe stehen sah. Sie erschrak und forderte mich scharf auf, in mein Zimmer zurückzukehren.
    Von dort vernahm ich den Rest der Nacht das grauenvolle Grollen und Stöhnen des Dämons, während er den Körper meiner Mutter zum Altar seiner widerlichen Lust machte.
    Irgendwann schlief ich vor Erschöpfung ein.
    Doch in diesem Moment wusste ich es – in jener schicksalsträchtigen Nacht stand er im Morgengrauen an meinem Kinderbett um sein Pfand zu begutachten.
    Meine Mutter und ich sprachen nie über den Vorfall, und insgeheim hoffte ich, es sei alles nur ein Traum gewesen.
    Heute weiß ich, wer er war: Der leibhaftige Höllenfürst löste den unheiligen Pakt ein, den meine Mutter mit ihm geschlossen hatte!
    Er war es – Satan, der verbrannte Engel –, der vor mir stand, und der mich hierher in sein Reich geholt hatte, um sich das zu nehmen, was ihm versprochen worden war.
    »Der Zeitpunkt ist gekommen. So steht es geschrieben! Deine Mutter ist tot, und sogleich wirst du für ihre Sünde bezahlen!«, fauchte er.
    Dann packte er mich.
    Ich spürte das bestialische Ziehen in jeder Fleischfaser meines Leibes.
    Alles Menschliche in mir wurde von diesem unwiderstehlichen, brodelnden Sog verschlungen.
    Und mir wurde schwarz vor Augen.
    * * *
    Verzweifelt schrie ich, riss meine Augen auf und sah fassungslos um mich.
    Völlig durchnässt von kaltem Schweiß lag ich da, in dem Zimmer, in das mich die Entführer gesperrt hatten.
    Alleine.
    War das alles nur ein fürchterlicher Albtraum gewesen?
    Meine Gliedmaßen waren steif und ausgekühlt, nur mühsam konnte ich mich aufrichten.
    Das Feuer im Kamin war längst erloschen, und eine lähmende Kälte hatte sich ausgebreitet.
    Durch die Fensterscheiben erkannte ich, dass die Sonne bereits auf dem Zenit

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