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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Sonne war im Westen versunken. Graue Nebel webten zwischen den Bäumen und zogen manchmal in Schwaden über die Straße. Als sich das Fuhrwerk der Stelle mit dem Burghügel näherte, sah der Bauer zu seinem Erstaunen den Diener Eberhard am Straßenrand stehen. Freundlich rief er ihm zu: ›He, Eberhard! So spät noch unterwegs? Willst du ins Dorf? Soll ich dich aufsitzen lassen?‹
    Der Mann nickte nur stumm. Bleigrau war sein Gesicht, aber seine Augen glühten in einem rötlichen Feuer. Das Gespann fuhr weiter, aber bald wurde dem Bauern unheimlich zumute. Eberhard sprach kein Wort und beantwortete keine Frage. Er starrte nur immerzu mit diesen rot glühenden Augen vor sich hin. Mit einem Mal drehte er sich um und fiel den Bauern an.
    Der Mann stürzte vor Überraschung vom Kutschbock, als der Vampir ihn packte und die Zähne in seinen Hals zu schlagen versuchte. Ineinander verschlungen wälzten sie sich auf der Erde. Jetzt war dem Bauern klar, dass er es nicht mit einem menschlichen Feind zu tun hatte. Er rief alle Heiligen an, ihn zu beschützen. Eberhard fauchte und spuckte wie eine Katze, als er die heiligen Namen zu hören bekam. Aber seine klauenartigen Hände hielten den Mann fest, und schließlich biss er ihn so tief in den Hals, dass der Bauer vor Schreck und Schmerz in Ohnmacht sank.
    Der Blutsäufer trank sich satt, dann richtete er sich auf und huschte quer über die Straße davon.«
    * * *
    Jan und der Verwalter kamen zurück. Jan machte bereits eifrig Pläne, wie er es angehen würde, diese ungeheure Anzahl von Büchern zu ordnen. Er unterhielt sich lebhaft mit Bühler, während sie in dessen Wohnung zurückkehrten.
    Julia stand noch unter dem Eindruck der Geschichte, die sie gelesen hatte. Sie nahm ihren Mut zusammen und wandte sich entschlossen an den Verwalter. »Herr Bühler, ich weiß, dass viele Leute über solche alten Schauergeschichten lächeln. Aber Sie leben hier schon lange. Geben Sie mir eine ehrliche Antwort! Glauben Sie daran?«
    Der Verwalter sah unbehaglich beiseite. »Das ist schwer zu beantworten.«
    Julia ließ ihn nicht entkommen. »Sie haben uns erzählt, dass der letzte Burgherr eine Frau nach Heidebrock brachte – Werners Mutter. Nun? Ist die Gräfin Samantha aus ihrem Sarg gestiegen, als diese Frau auf der Burg wohnte?«
    Während der Verwalter ihnen mit der Lampe in der Hand voranging, sagte er: »Ich habe sie nicht nur gesehen – ich habe sogar auf sie geschossen.«
    »Geschossen?«, rief Jan. »Wieso denn das?«
    »Ich war in die Küche hinuntergegangen, weil ich spät abends noch Hunger bekommen hatte. Zweimal im Monat kommt eine Frau aus dem Dorf mit ihren beiden Töchtern. Sie kochen für zwei Wochen im Voraus und stellen uns die Speisen in die Tiefkühltruhe. Aber sie bleiben nie über Nacht, sondern gehen noch vor Sonnenuntergang. Ich musste mir also mein Essen selbst holen. Da sah ich, dass eines der Fenster im Flur offen stand. Über das Fensterbrett schob sich etwas, das wie ein Kopf mit struppigen Haaren aussah. Ich dachte an einen Einbrecher. Wir wohnen hier sehr einsam, daher besitze ich einen Revolver. Ich rannte lautlos hinauf, holte ihn und lief wieder hinunter. Es überraschte mich etwas, dass sich der Kopf noch in genau derselben Stellung befand, aber ich war nicht in der Stimmung, darüber nachzudenken, und rief: ›Wer ist da?‹ Daraufhin schnellte das dunkle Ding hoch, also feuerte ich einen Schuss in die Luft ab. Da hörte ich eine Frau lachen! Ganz deutlich. Böse und höhnisch war es. Dann sprang das Knäuel in einem hohen Bogen durch die Luft und rollte auf dem Boden auf mich zu. Ich sah es nur einige Sekunden – ein wolliges, zottiges Ding, wie ein Knäuel rauer Wolle. Im nächsten Augenblick war es unter einen Schrank gerollt. Und so sehr ich auch suchte und leuchtete, ich fand es nicht mehr.
    Ein anderes Mal war ich nachts unterwegs, als ein heftiges Gewitter tobte. Ich wollte nachsehen, ob alle Fenster sicher geschlossen waren. Da schwebte mir im Korridor plötzlich etwas entgegen. Es sah aus wie ein dünner Schleier oder ein silbriges Spinnennetz. Dann wurde mir eisig kalt, und ich spürte eine solche Furcht und Beklemmung wie nie zuvor. Mir brach der Schweiß aus. Meine Knie wurden weich. Ich schlug ein Kreuz und rief alle Heiligen an, mich vor dem bösen Ding zu beschützen. Da fauchte es mich wie eine Katze an, und zwei Hände fuhren aus dem Dunkel, als wollten sie mir die Augen auskratzen. Sie sahen entsetzlich aus ... lang und dürr und

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