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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Frau in einem weißen, wallenden Nachthemd vor ihr. Das Haar hing ihr wie gesponnenes Gold auf die Schultern. Ihre großen blauen Augen schimmerten feucht im Zwielicht. Sie lächelte – aber eine Welle modrigen Leichengestanks ging von ihr aus. Julia schrie vor Entsetzen, und im selben Augenblick öffnete sich der Leib der schönen Frau, und zehn scharfe Klingen fuhren aus ihrer Brust und ihrem Unterleib hervor.
    Julia schlug mit einem gellenden Aufschrei die Tür zu, und gleich darauf fand sie sich quer über ihrem Bett ausgestreckt wieder. Schweißnass und mit wild hämmerndem Herzen lag sie da.
    Jan war entsetzt aus dem Schlaf aufgeschreckt. Er hielt sie in den Armen und fragte immer wieder: »Was ist mit dir? Was ist geschehen? Was hat dich so erschreckt?« Es dauerte jedoch eine Weile, bis sie sich wieder einigermaßen erholt hatte.
    »Es war nur ein Albtraum«, versuchte Jan sie zu trösten. »Wasch dir das Gesicht kalt ab und schlaf weiter.«
    Sie gehorchte, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass noch etwas nachkommen würde, und sie behielt Recht. Keine halbe Stunde hatte sie mit offenen Augen neben ihrem fest schlafenden Gatten gelegen, als eine Stimme sie vom Fenster her ansprach.
    »Junge Frau, warum verwehrst du mir den Eintritt in dein Zimmer? Ich bin freundlich und gut, glaub denen nicht, die Lügen über mich erzählen. Nimm das grüne Holz weg, dann will ich zu dir kommen.«
    Julia dachte an Professor Pikes Rat und gab keine Antwort. Sie starrte angespannt zum Fenster hinüber und sah etwas Dünnes, Halbdurchsichtiges wie ein Spinnennetz im Nachtwind wehen.
    »Willst du mir keine Antwort geben?«, fragte die liebliche Stimme. «Warum hasst du mich? Ich meine es gut mit dir. Sieh, ich habe eine angenehme Gestalt. Lass mich eintreten, Julia.«
    Julia steckte den Kopf unter das Kissen und hielt es mit beiden Händen fest. Jetzt war die Stimme nicht mehr zu hören.
    Samantha wurde zornig. Ein scharfer Windstoss fegte durchs Fenster, und eine Woge von modrigem Gestank drang herein. Als sich Julia unter dem Kopfkissen hervorwagte und um sich blickte, war nichts mehr zu sehen.
    Samantha war fort, das spürte sie. Dankbar berührte sie Professor Pikes Medaille mit den Lippen und streckte sich im Bett aus. Sie schlief ein, kaum dass sie den Kopf auf das Kissen gebettet hatte. Diesmal trübten keine unheimlichen Erscheinungen ihren Schlaf.
    * * *
    Am nächsten Tag durchsuchten sie das Haus vom Keller bis zum Dachboden. Sie fanden jedoch keine Spur der Vampirin.
    »Jetzt haben wir das Schloss von den Zinnen bis zu den Grundfesten durchsucht, aber nichts gefunden«, sagte Bühler. »Hier ist sie also nicht. Das ist immerhin ein Trost.«
    »Ein wenig«, erwiderte Markus. »Ich wollte nicht unter demselben Dach mit diesem verfluchten Gespenst wohnen. Hat man aus dem Dorf schon etwas gehört? Ich habe dem Arzt aufgetragen, es mir sofort zu melden, wenn jemand krank wird oder als vermisst gilt.«
    »Wir haben auch nichts gehört«, erwiderte der Professor. »Aber ich fürchte, das wird nicht mehr lange so bleiben. Jetzt, wo Samantha erwacht ist, wird sie Beute suchen.«
    Tatsächlich wurden sie wenige Stunden später von der Nachricht alarmiert, im Dorf Dürnstätten liege eine junge Frau krank darnieder. Der Professor machte sich augenblicklich in seinem Wagen auf den Weg zu ihr. Julia und Jan fuhren mit ihm hinaus.
    Sie fanden die Frau in einem der hübschen alten Häuser mit den geschnitzten Giebeln. Welche Beunruhigung die Nachricht von der Erkrankung ausgelöst hatte, sahen sie daran, dass sich das halbe Dorf vor dem Haus versammelt hatte. Überall wurde getuschelt und geflüstert. Im Inneren des Hauses drängten sich die Verwandten der Patientin und diskutierten lebhaft mit dem Gemeindearzt.
    Jonathan Pike beugte sich über die Kranke, legte die Hand auf ihre schweißfeuchte Stirn und betrachtete eingehend ihren Hals. Dann schüttelte er den Kopf. »Hier war kein Vampir am Werk. Die Frau ist an einer Grippe erkrankt.« Er wandte sich an die Angehörigen. »Sie brauchen keine Sorge zu haben. Der Arzt kann sie behandeln, und sie wird bald wieder gesund sein.«
    Ein zweiter Fall sah weniger günstig aus. In Heidebrock war ein dreizehnjähriges Mädchen erkrankt. Als Jan und Julia hinter dem Professor die Stube betraten, erklärte die Mutter, sie sei seit dem vergangenen Tag fiebrig und fahre immer wieder voll Schrecken in dem Bett auf. Auch sei das eben noch blühende Mädchen verfallen, als tobe eine

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