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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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sehen?«
    Die Ausgucke meldeten allesamt, dass das Schiff im Nebel nicht mehr auszumachen war. Ein mattes Licht aus Nord-Nordwest in der Ferne stammte höchstwahrscheinlich von der Île de Groix.
    »Kennen Sie sich in diesen Gewässern aus?«, fragte Hayden den jungen Leutnant.
    »Einigermaßen. Im Augenblick dürften wir etwa sechs Seemeilen südlich von L'Orient sein. Der Lichtschimmer aus Nordwest kommt sicherlich von der Südspitze der Île de Groix. Dort befinden sich große Befestigungsanlagen. Weiter östlich verläuft die Küste in einem weiten Bogen nach Norden und dann nach Westen. Aber das wissen Sie vermutlich schon alles.«
    »Nun, bei diesen schlechten Sichtverhältnissen beruhigt es mich, wenn ein anderer Offizier meine Vermutungen bestätigt. Wenn wir in zwei Stunden keinen Franzosen eingeholt haben, Mr Philpott, dann werden wir die Verfolgung aufgeben müssen.« Hayden schaute zum Himmel. »Ich habe das Gefühl, dass sich das Wetter ändert. Der ablandige Wind wird abflauen. Ich rechne mit Wind aus Süd-Ost, vielleicht mit leichtem Sturm. Dann dürfen wir nicht zu nah an der Küste sein.«
    Hayden tastete sich auf dem dunklen Deck nach vorn. Einige Fuß vor ihm schlug ein schwerer Gegenstand auf die Planken. Flüche waren zu hören. Die Matrosen an Deck murmelten untereinander. Offensichtlich war ein Hammer von oben heruntergefallen.
    »He, ihr da oben!«, zischte einer der Männer in der Kuhl. »Wenn ihr den noch einmal fallen lasst, komme ich rauf zu euch und hämmere euch die Zehen platt, verstanden?«
    »Kapitän an Deck!«, rief jemand leise in Haydens Nähe, worauf der Streit sofort erstarb.
    Hayden bahnte sich seinen Weg durch die Männer, die im Mittelschiff arbeiteten, und war kurz darauf auf dem Vorschiff. Inzwischen hatte die Lucy die Nebelbänke verlassen - vermutlich hatte der ablandige Wind die Schwaden vertrieben. »Wickham?«, flüsterte er in Richtung Bugspriet.
    »Hier, Mr Hayden«, hörte er die Stimme des jungen Mannes.
    »Irgendein Anzeichen unserer Beute?«
    Wickham kletterte zurück und sprang behände an Deck.
    »Können Sie etwas in der Dunkelheit erkennen, Wickham?«
    Der Midshipman gluckste. »Nicht viel, Sir, aber ich denke, ich habe bessere Augen als manch ein anderer. Ich glaube, in einiger Entfernung ist etwas. Sehen Sie das? Ein Strich steuerbord, vielleicht eine Drittelmeile entfernt ...«
    Hayden versuchte, irgendetwas in der Dunkelheit zu erkennen, zuerst mit bloßem Auge, dann mit seinem Nachtglas. »Eine Laterne«, sagte er dann. »Ist das eine Laterne?«
    »Das dachte ich auch, Sir. Es blinkt immer mal wieder auf, als wäre es zeitweise von Segeln oder Rigg verdeckt.«
    »Oder von Männern an Deck«, mutmaßte Hayden.
    »Aber das würde ja bedeuten, dass sie auf uns zuhält, Sir.«
    »Exakt.«
    »Denken Sie, es ist die Themis?«
    »Ich weiß es nicht, Wickham. Wenn wirklich die Themis auf uns gefeuert hat, dann hatte Hart keine Laternen oben am Mast. Vielleicht ist er es jetzt.«
    »Dann hat er seinen Kurs geändert?«
    »Scheint so, es sei denn, der Wind hat ein Schiff von L'Orient bis hierher getrieben.«
    »Der Wind hält seit zwei Stunden an. Bei vier Knoten wären das acht Meilen.«
    »Sagen Sie jedem an Deck, dass wir keinen Laut von uns geben dürfen. Feindliches Schiff nähert sich. Mr Philpott soll den Kurs auf West ändern.«
    Plötzlich umklammerte Wickham Haydens Schulter: »Schiff voraus!«
    Hayden fuhr herum. »Laufen Sie zum Ruder. Keiner sagt ein Wort. Wir dürfen uns nicht verraten.«
    Hayden formte die Hände am Mund zu einem Trichter und rief: »Navire droit devant! À babord toute!« [»Schiff voraus! Kurs hart backbord!«]
    Aus der Dunkelheit schallten Rufe auf Französisch herüber, und als die Lucy nach Backbord drehte, tauchte der Bug eines großen Schiffes auf. Hayden begann sogleich auf Französisch zu fluchen und stieß die übelsten Beschimpfungen aus.
    An der Reling des anderen Schiffes erschien ein Offizier mit einer Laterne in der Hand.
    »Pourquoi voguez-vous toutes lumières éteintes?« [»Warum haben Sie keine Lichter gesetzt?«], verlangte er in breitem provenzalischen Akzent.
    »Une frégate anglaise nous a tiré dessus«, beklagte Hayden sich. »Sehen Sie, was die angerichtet haben.«
    »Und wo ist sie jetzt, die Fregatte?«, rief der Mann.
    »Irgendwo in der Dunkelheit, zwei Seemeilen achteraus, Gott sei Dank!«
    Als das Schiff vorüberglitt, hastete der Mann an der Reling entlang, damit er sich noch weiter mit Hayden

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