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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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unterhalten konnte. Hayden lief ebenfalls nach achtern. An der Heckreling blieb der Mann stehen und hielt seine Laterne hoch. »Wie viele waren es? Wie viele Fregatten?«
    »Zwei oder drei, eine Sloop und ein Vierundsechziger!«, rief Hayden.
    Der Offizier fluchte und war Augenblicke später mit seinem Schiff von der Dunkelheit verschluckt.
    Eine ganze Weile war an Bord der Lucy kein Laut zu hören, bis schließlich Philpott leise sagte: »Gott sei Dank, dass Sie so gut Französisch sprechen, Mr Hayden. Die hatten die Kanonen ausgerannt.«
    »Ja«, erwiderte Hayden. »Sie haben ohne Zweifel den Kanonendonner gehört. Ich denke, wir sollten jetzt auf die offene See zuhalten, Mr Philpott. Denn wir wissen nicht, wie viele französische Schiffe L'Orient verlassen haben.«
    Die Matrosen trimmten die Segel und drehten die Rahen, um Kurs zu setzen auf den Atlantik.

K APITEL ZWANZIG
    Die Sonne stieg über den Horizont und vertrieb die kühle Nacht. Eine leichte Brise aus Ost-Südost brachte die Schiffe vorübergehend in den Schatten einer großen Wolke. Noch hingen hier und da Nebelschleier über dem Wasser und ließen nur die höchsten Stellen am französischen Festland erahnen. An der Reling der Lucy stand Philpott, der jetzt wieder Kommandant an Bord war und zusah, wie Haydens Beiboot in der leichten Dünung zur Tenacious gerudert wurde. Im frühen Licht des Morgens wirkte Philpotts Gesicht hager und nachdenklich. Hinter den Männern lag eine Nacht, die einen Menschen altern ließ - auch einen so jungen Mann wie den Leutnant.
    Philpotts Besatzung war noch mit dem Ausbessern der Takelage beschäftigt, während die Lucy sanft in den Wellen schaukelte. Weiter östlich waren auch die Matrosen der Tenacious fieberhaft an der Arbeit. Bourne hatte die französische Fregatte im Schlepptau und genügend Männer abkommandiert, um die Prise aufs offene Meer zu bringen.
    »Sieht nach einem erstklassigen Schiff aus«, sagte Wickham und deutete auf die französische Fregatte. »Noch nicht lange vom Stapel gelaufen, möchte ich wetten.«
    Ehe Hayden ihm beipflichten konnte, kam das Beiboot an der britischen Fregatte längsseits. Im Wellengang hielt Hayden das Gleichgewicht, packte schließlich die Jakobsleiter und setzte einen Fuß auf die unterste Sprosse. Kurz darauf kletterte er über die Reling, gefolgt von Wickham. Seesoldaten in Reih und Glied und das Zwitschern der Bootsmannspfeife empfingen die Rückkehrer an Bord. Die Soldaten feuerten Salutschüsse in die Luft, während sowohl die Lucy als auch die Prise ihre Kanonen abfeuerten. Auf allen drei Schiffen feierten die Männer Leutnant Hayden mit einem dreifachen Hurra.
    Bourne kam ihm mit ausgestreckter Hand entgegen und lächelte über das ganze Gesicht. »Willkommen an Bord, Mr Hayden. Ich denke, ich spreche im Namen aller hier anwesenden Offiziere und meiner Besatzung, wenn ich Ihnen meinen wärmsten Dank ausspreche. Denn Sie haben uns vor den Franzosen bewahrt, die uns in den frühen Morgenstunden gewiss als Gefangene zur Belle Ile gebracht hätten, wenn Sie nicht so rasch und beherzt gehandelt hätten.«
    »Der Dank gebührt auch Mr Philpott und der Mannschaft der Lucy«, antwortete Hayden und war ein wenig nervös bei dem Lob. »Und natürlich Mr Wickham hier, der den Infanteristen an Bord der Fregatte entdeckte und beobachtete, wie der Mann wieder nach unten gescheucht wurde.«
    Bourne schüttelte dem jungen Midshipman die Hand. »Auch Sie haben meinen Dank, Mr Wickham. Ihre gute Beobachtungsgabe wird Ihnen noch in all den kommenden Jahren auf See von Vorteil sein.« Bourne deutete achteraus. »Aber kommen Sie doch in meine Kajüte. Entscheidungen müssen getroffen werden, und ich möchte Ihre Meinung dazu hören.«
    Wickham war fast überfordert, als er sich bewusst machte, dass ein so bedeutender Kommandant wie Bourne ihn in die Beratungen mit einbezog. Doch er fasste sich und folgte Bourne und Hayden über das Deck zum Niedergang. »Das war doch nicht Ihre Geschützbatterie gestern Nacht, Mr Hayden?«
    »Nein, die arme Lucy musste eine Breitseite einstecken. Wir haben einen Mann verloren.«
    »Das ist bedauerlich«, sagte Bourne. »Aber wenn ich mir den Schaden so ansehe«, fuhr er fort, »wundere ich mich, dass das Sechspfünder einer Brigg gewesen sein sollen.«
    »Das hat mich auch überrascht«, meinte Hayden und schwieg.
    Bourne verzog das Gesicht, beließ es aber bei dieser Andeutung und ging weiter.
    In der gemütlichen Kajüte des Kommandanten nahmen die

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