Unter feindlicher Flagge
verdammte Fregatte ist noch zu nah an uns dran.«
Wickham entfernte sich, während Hayden den Blick über die dunkler werdende See schweifen ließ. Erneut prüfte er das Wetterglas und sah, dass es weiter fiel. Die Männer mussten die Reparaturen am Rumpf vorerst ruhen lassen und enterten mit Stoßmatten auf, damit nichts durchscheuern konnte. Die Männer von der Tenacious arbeiteten effizient und brauchten kaum je Befehle von unten.
Während das Tageslicht abnahm, stieß ein Boot von der französischen Fregatte ab und hielt auf die Dragoon zu. Erneut stand der Leutnant im Heck der Gig.
»Capitaine«, rief er. »Mein Capitaine lässt fragen, ob Sie genug Material für die Reparaturen haben und Ihr Schiffsarzt mit allen wichtigen medizinischen Dingen ausgestattet ist.«
»Richten Sie Ihrem Kommandanten meinen verbindlichsten Dank aus, Monsieur«, antwortete Hayden in französischer Sprache. »Wir kommen mit dem zurecht, was wir haben. Es ist besser, wenn Sie nicht näher herankommen. Viele Männer sind an Bord des englischen Schiffes am Fieber gestorben.« Hayden deutete auf die Küstenlinie in der Ferne. »Es ist nicht weit zur Rade de Brest.«
»Ein Sturm zieht auf, Capitaine. Ihr Rumpf ist von den Engländern stark beschädigt worden. Sie sollten sich auf den Weg machen, sobald Sie Segel setzen können.«
»Das werden wir tun, Monsieur.«
Einen Augenblick lang sah es so aus, als wolle der Franzose noch mehr sagen, doch dann winkte er. »Bonne chance, Capitaine. Gott sei mit Ihnen.« Er setzte sich auf die Ducht, aber zu Haydens Schreck befahl der Mann dem Bootssteuerer, zur Themis zu rudern. Zu spät erkannte Hayden, dass er hätte sagen müssen, dass auch das englische Schiff mit allem Nötigen versorgt war, aber da war die Gig schon nah an der Themis und stellte die gleiche Frage.
Archer erschien an der Reling und antwortete auf Französisch, dass die Reparaturen durchgeführt würden, und wiederholte auch die Warnung, wegen des Fiebers nicht zu nah zu kommen.
Der Mann in der Gig formte die Hände am Mund zu einem Trichter und rief noch lauter über den auffrischenden Wind. »Non, Monsieur, ich fragte, ob Sie über genügend Material verfügen, um die Reparaturen zu Ende zu bringen, und ob Ihr Schiffsarzt noch irgendwelche Arzneien benötigt.«
»Wir kommen zurecht, Monsieur«, rief Archer zurück, aber nicht zu laut. »Merci, Sie sind sehr freundlich.«
Hayden atmete erleichtert auf. Bei den Windgeräuschen und den schwappenden Wellen hatte man Archers Stimme nicht gut verstehen können - und somit auch seinen schlechten Akzent überhört, so hoffte Hayden jedenfalls. Doch dann beobachtete er, wie der französische Leutnant mit dem Bootssteuerer diskutierte.
Hayden ließ sich sein Glas bringen und spähte hinüber zu den Franzosen. »Holen Sie Mr Wickham«, flüsterte er Tristram Stock zu.
Es dauerte nicht lange, da war Wickham an Haydens Seite.
»Mr Wickham, ich fürchte, man hat uns durchschaut. Holen Sie jeden Mann, den Sie von den Rumpfreparaturen entbehren können, und bereiten Sie alles vor zum Segelsetzen. Feuern Sie eine Kanone ab und geben Sie Signale an die Themis durch - britische Signale. Wir müssen unverzüglich in See stechen.«
Wickham stellte gar nicht erst Fragen, sondern rannte den Niedergang hinab unter Deck.
Kurz darauf kamen die Männer an Deck, aber es waren nicht genug. Die Bretter, die den Kalfaterern und Zimmerleuten als Gerüst gedient hatten, wurden an Bord gehievt und von den Gangways abgefiert.
Das Schiff hatte unter gerefften Segeln beigedreht, was den Männern oben an den Fußpferden nun gelegen kam, da es sich so nicht zu stark bewegte. Aber mit einer Rumpfmannschaft in See zu stechen war Kräfte zehrend und zeitraubend. Hayden half selbst beim Drehen der Rahen, zog an den Brassen und ließ dabei keinen Moment das französische Beiboot aus den Augen, das die anschwellende See durchschnitt. Die Dunkelheit senkte sich rasch herab, verstärkt noch durch pechschwarze Wolken.
Die Segel, die auf die Schnelle zur Hand waren, wurden gesetzt, und die Bewegung des Schiffes änderte sich, als die Dragoon langsam Fahrt aufnahmen.
»Nordwest bei Nord, Mr Wickham.«
»Aye, Sir. Ich frage mich, ob wir nicht den Rumpf im Auge behalten sollten, Mr Hayden. Die Reparaturen sind noch nicht fertig, und ich fürchte, wir laufen voll.«
»Ich kümmere mich darum, Mr Wickham. Die Männer müssen an die Pumpe.«
Hayden blickte noch einmal zum französischen Schiff in der Ferne. Die
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