Unter feindlicher Flagge
Name Roadstead schon vergeben war«, bemerkte Hayden, als er seinen Blick über das ausgedehnte mit neuen Planken versehene Deck - fast jungfräulich in seiner Reinheit - gleiten ließ.
»Es ist wenigstens keiner der Namen, die in die Tradition der Indomitable oder der Indefatigable gehören.«
»Oder Impregnable ...?«, schlug Hayden vor. »Aber Frauen sind ja an Bord nicht erlaubt.«
»Indefensible«, konterte Hertle, »für Navy-Anwälte.«
»Oder Irresolute?«
»Wir wissen alle, wessen Schiff das wäre.«
Beide lachten.
»Ich bin richtig erleichtert, dass du nicht vor das Kriegsgericht gezerrt wurdest, Charles.«
»Hart und die anderen wurden alle ehrenvoll freigesprochen.«
»Freigesprochen vielleicht - aber ehrenvoll?«
Hayden blickte nach oben, wo die Männer arbeiteten, und hielt wegen der Sonne die Hand über die Augen. »Wann segelt ihr?«
»Mit der Morgentide.«
»Elizabeth wird dich nur sehr ungern ziehen lassen.«
»Sie wird gar nicht mitbekommen, wie wir ablegen - ein alter Aberglaube. Mrs Hertle und Henrietta sind gestern nach London gefahren.«
Hayden war recht überrascht. »Sie sind weggefahren ...?«
»Ja.« Hertle sah ihn an und blickte dann nach unten auf das makellose Deck. »Du hättest den Mund aufmachen sollen, Charles. Das ist, was ich denke. Ich weiß, du bist mit deinen Karriereaussichten unzufrieden, aber inzwischen glaubt Henrietta, dass du dir deiner Gefühle für sie nicht sicher bist. Und ich habe mich das auch schon gefragt.«
»Ich bin mir ihrer nicht im Geringsten unsicher. Du weißt nicht, Robert, wie sehr einen ein geringes Einkommen belastet. Henrietta ist an ein sorgenfreies Leben gewöhnt. Sie kann nach London, wann immer sie Lust dazu hat, kann sich nach der letzten Mode kleiden - kann die letzte Mode kaufen. Die acht Pfund und acht Schilling im Monat könnten ihr dieses Leben nicht mehr bieten. Und ihr Vater hat zahlreiche Töchter. Er kann unmöglich für den Lebensunterhalt aller sorgen.«
»Hast du schon Lady Hertle und ihre beiden schönen Häuser vergessen?«
»Es liegt mir nicht, an eine Frau mit Blick auf ihr Vermögen zu denken.«
»Du bist dir wirklich deiner Gefühle für sie nicht sicher. Das muss einfach so sein, denn sonst würdest du nicht die fadenscheinigsten Entschuldigungen anführen. Henrietta Carthew wird nie arm sein, und glaube ja nicht, dass anderen Männern das nicht auffällt.«
»Würde sie denn einem gescheiterten Marineoffizier nach Amerika folgen? Würde sie für die Unsicherheiten Bostons oder New Yorks England und ihre angesehene Familie verlassen?«
Robert kreuzte die Arme über der Brust und blickte seinen Freund an. »Wenn deine Gefühle für sie tief und echt wären, würdest du solche Fragen überhaupt nicht stellen. Du würdest dir nicht einmal große Sorgen darüber machen, dass dein Antrag vielleicht sogar zurückgewiesen werden könnte. Ich weiß, wovon ich spreche. Wenn Liebe wie ein Fieberwahn ist, dann sorgst du dich herzlich wenig um eine respektable Erscheinung oder darum, wo und wie du leben könntest. Du sagst jetzt besser nichts mehr, Charles.« Er löste sich von der Reling, gegen die er sich gelehnt hatte. »Komm, ich zeige dir den Rest des Schiffes.«
Beim Dinner in der Kajüte des Kommandanten sprach Hayden von den letzten Ereignissen, der Verhandlung vor dem Kriegsgericht, von Harts Erhebung in den Ritterstand und von Gardners unangekündigtem Besuch. Er berichtete diese Vorfälle mit wenig Enthusiasmus, fast, so schien es, ohne Interesse, denn der Schmerz von Henriettas ziemlich plötzlicher Abreise nach London nagte an ihm. Hayden fragte sich die ganze Zeit, ob er nicht doch einen schrecklichen Fehler begangen hatte. Vielleicht war er sich wirklich seiner Gefühle nicht sicher ...
Hertle schwieg nachdenklich, während sein Freund sprach. Als Hayden zum Ende gekommen war, änderte sich sein Verhalten nicht, so als ob er alles Gesagte auf eine Waage gelegt hätte und nun beobachtete, wie sich die Waagschalen gegeneinander auf und ab bewegten.
»Ich glaube, es ist eine gute Nachricht, dass sich Philip Stephens und Kapitän Gardner - der bald ein Kommando erhalten wird - so sehr bemüht haben, dich von dem Makel freizuhalten, der deinen Offizierskameraden immer anhaften wird, nämlich der Meuterei gegen Hart.«
»Stephens hat mir nichts versprochen, und das hat dir in der Vergangenheit immer Sorgen gemacht.«
»Ja, aber er hat viel dafür getan, deinen Ruf zu schützen, sodass du gute
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