Unter feindlicher Flagge
Berufsaussichten für die Zukunft hast.«
»Vielleicht hat er irgendeinen anderen Kommandanten, der ein Kindermädchen braucht.«
»Stephens weiß, wie eifrig du auf deiner letzten Seefahrt den Kampf gegen die Franzosen vorangetrieben hast. Andere wissen das auch - trotz des Artikels in der Times . Hoffen wir, dass sich etwas Gutes ergibt. Ich will dir aber auch noch Folgendes sagen: Dass das Logbuch des Masters wieder auftauchte, hatte viel mehr zur Folge, als du denkst. Bis dahin hatte Hart vermutlich geglaubt, er könnte mit seinen lautstark vorgebrachten Lügen so einfach durch das Gerichtsverfahren kommen. Aber danach musste eine durchdachte Vereinbarung erzielt werden.« Hertle schob seinen Stuhl etwas vom Tisch zurück. »Nun, was hältst du von meinem Schiff?«
»Es hat alles, was sich ein Mann nur wünschen kann, obwohl die Besatzung ein bisschen auf Vordermann gebracht werden müsste. Ich habe selten so eine Ansammlung von unerfahrenen und dazu noch verdrießlichen Seeleuten gesehen.«
Hertle lachte. »Man muss etwas an ihnen arbeiten. Ich werde jemanden finden, der ihnen zur Erweiterung ihres Horizonts jeden Abend etwas von Tom Paine vorliest. Das sollte helfen.«
Aber dieser Scherz kam bei Hayden nicht gut an. Das Lächeln wich aus seinem Gesicht.
»Ich mache mir sehr große Sorgen um Aldrich, Robert. Wenn man ihn nicht hängt, dann glaubt Gardner, dass er auf jedem Schiff der Flotte ausgepeitscht wird, was ihn genauso sicher umbringen wird wie der Strang.«
»Es war sehr töricht von dem Mann, einer unzufriedenen Mannschaft solche Pamphlete vorzulesen. Es mag in harmloser Absicht geschehen sein, das gilt aber auch für manche andere dunkle Tat. Die Gerichte kümmern sich nicht viel um gute Absichten eines Menschen, wenn dabei jemand zu Tode kommt. Was Aldrich gemacht hat, zeugt nicht gerade von gesundem Menschenverstand, wenn ich Paines Titel hier einmal heranziehen darf.«
»An Bord unseres Schiffes war gesunder Menschenverstand zwar auf jedermanns Lippen, aber weiter reichte es nicht.«
Nach der Erledigung einiger Angelegenheiten an Land kehrte Hayden zur Themis zurück, gerade als die Sonne hinter einer Wolkenwand aus Kohlenstaub verschwand. Er ging unter Deck, um den Doktor zu suchen, und fand ihn schließlich im Lazarett. Griffiths sah sehr blass aus, wenn nicht sogar aschfahl.
»Guten Abend, Doktor.«
»Guten Abend, Sir«, antwortete Griffiths. Eine Röte überzog plötzlich sein Gesicht - zweifellos aus Verlegenheit über sein Verhalten am vorhergehenden Abend.
»Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen?«
»Ja.«
Hayden bemerkte nun Aldrich, der aufrecht im Bett saß und beim Schein einer Lampe las. »Wie geht es Ihnen, Mr Aldrich?«
»Recht gut, Sir, obwohl der Doktor nicht dieser Meinung ist.«
»Ich würde auf Doktor Griffiths hören, Mr Aldrich. Er ist hier die Autorität.«
Hayden führte den Doktor schnell hinauf in die große leere Kajüte. Ein Diener huschte herein, um die Kerzen anzuzünden. »Entschuldigung, Sir«, sagte der Junge. »Ich war nicht sicher, ob Sie heute Abend die Kapitänskajüte benutzen würden.«
Hayden wartete, bis der Diener gegangen war, und schloss dann das Oberlicht. Er bat Griffiths zu den Fenstern der Heckgalerie, wo sie auf dem Sims Platz nahmen.
»Was ist denn so geheim, dass wir uns einschließen müssen, um zu sprechen?«, fragte der Doktor, wobei er immer noch kränklich und auch besorgt aussah.
»Gestern Abend hatte ich Besuch von Kapitän Gardner.«
»Gardner? Vom Kriegsgericht?«
»Genau der. Er ist der Meinung, dass Aldrich wegen seiner Verwicklung in die Meuterei auf allen Schiffen der Flotte ausgepeitscht werden wird - das heißt, wenn er dem Strang entgeht.«
Griffiths äußerte sich nicht, aber die Blässe wich einer sehr dunklen Rötung, und die Lippen wurden zu einer dünnen, harten Linie.
»Ich glaube nicht, dass sich Gardner darin irrt«, flüsterte Hayden.
»Nein, keineswegs. Verdammt ...« Griffiths blickte Hayden an. »Aldrichs Konstitution wird das nicht aushalten, glaube ich. Gibt es irgendeine Hoffnung auf die Gnade des Königs?«
»Das halte ich für unwahrscheinlich. Aber selbst wenn, dann wäre das nur ein Strohhalm, an den man sich klammert.«
»Ja, das sehe ich auch so. Liegt es daran, dass es mir zurzeit nicht besonders gut geht, oder habe ich jetzt wirklich ein Gespür dafür, dass Sie mir das nicht ohne eine Absicht erzählen?«
»Sind Sie bereit, Ihre Karriere zu riskieren, wenn nicht sogar Schande auf sich
Weitere Kostenlose Bücher