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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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zweite Fregatte, Mr Lawrence?«, rief Wickham, der sich von den Erfahrungen des Vortags recht gut erholt zu haben schien. Hayden war froh.
    »Ich denke, ja, Mr Wickham. Sie hält wie wir auf die Themis zu.«
    »Die Flagge können Sie aber noch nicht erkennen?«
    »Noch nicht, Sir, aber wenn die Sonne aufgeht ...«
    »Danke, Lawrence.«
    Hayden nippte an dem dampfenden Kaffee und seufzte fast behaglich. Während der Nacht, in den Träumen, war er ein Dutzend Mal getötet worden, und hier saß er nun am nächsten Morgen und trank Kaffee auf einer Prise.
    Erst im Verlauf der letzten Stunden hatte er gemerkt, dass er ein Stechen in der Seite verspürte, wo das Bajonett durch seine Uniform gedrungen war. Hayden beendete seine Mahlzeit, erhob sich, den Kaffeebecher in der Hand, und blickte auf die Fregatten in der Ferne. Eine war zweifellos die Themis, die andere mit ziemlicher Sicherheit die englische Fregatte. Hayden glaubte nicht, dass eine französische Fregatte so kühn auf die Themis zuhalten würde, da eine zweite britische Fregatte ganz in der Nähe war.
    Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne stahlen sich durch das dünne Wolkenband am Horizont.
    »Deck! Britische Flagge am Besanmast!«, rief der Ausguck.
    »Danke, Mr Lawrence«, antwortete Wickham. Da er sah, dass der Erste Leutnant seine Frühmahlzeit beendet hatte, tippte er an seinen Hut. »Wie lauten Ihre Befehle, Sir?«
    »Wie es aussieht, haben Sie alles im Griff, Mr Wickham. Vielleicht wollen Sie mich erst in Eisen legen lassen, ehe Sie mich an Bord der Themis bringen. Falls nicht, fahren Sie einfach fort wie bisher.«
    Hayden legte den Rock ab, knöpfte seine Weste auf und merkte, dass sein Hemd ihm mit getrocknetem Blut auf der Haut klebte.
    »Oh, Sir, Sie sind verwundet!«, rief Wickham.
    »Nichts im Vergleich zu den Wunden der anderen. Childers?«, rief Hayden den Bootssteuerer. »Gibt es hier heißes Wasser?«
    »Ja, in der Kombüse.«
    »Könnte ich eine Schale davon bekommen?«
    »Aye, Sir.«
    So gut es ging, wusch Hayden mit dem heißen Wasser die Wunde aus und stellte zu seiner Erleichterung fest, dass es sich zum Glück nur um einen kleineren Schnitt von vielleicht drei Zoll handelte. Childers legte ihm einen Verband an, während einer der Männer notdürftig das Blut aus dem Hemd und der Weste wusch und die Sachen dann zum Trocknen aufhängte. In der Wäschetruhe des Kapitäns fand sich noch ein frisches weißes Hemd, das Hayden anzog. Dann schlüpfte er vorsichtig wieder in seine Uniformjacke und machte sich bewusst, dass seine Kleidung jetzt seine Herkunft widerspiegelte: teils englisch, teils französisch.
    Auf der blauen Oberfläche der See war das leicht gekräuselte Kielwasser der Themis zu erkennen. Sie kam steuerbord, als die beiden Schiffe sich einander näherten, und geite Rah- und Focksegel auf. Hayden hingegen brauchte mit der kleinen Mannschaft länger fürs Manövrieren, aber schließlich drehten sie dreißig Yards von der Themis bei. Eins der Beiboote kam längsseits, und nachdem Hayden Mr Franks das Kommando über die Prise gelassen hatte, stieg er mit Wickham ins Boot.
    »Nun, jetzt bin ich dran«, sagte Hayden und spürte, wie sein Groll zunahm.
    »Sie haben eine französische Prise genommen, Mr Hayden. Man müsste Ihnen zujubeln, wenn Sie an Bord kommen.«
    »Ich denke, dass Kapitän Hart keine Jubelrufe im Sinn haben wird.«
    Bald waren sie längsseits der Themis. Hayden kletterte rasch das Fallreep hinauf und tröstete sich mit dem Gedanken, dass er im Konflikt mit Hart die Oberhand behalten würde, solange sich der Kommandant nicht in einem Gefecht bewiesen hatte. Bis dahin war es Hayden gleich, mit wie vielen Schimpfwörtern Hart ihn belegen würde. Als er über die Reling stieg, verhielt sich die Besatzung ruhig, aber Hawthorne trat lächelnd vor und reichte Hayden die Hand.
    »Gut gemacht, Mr Hayden! Sehr gut gemacht!«
    »Wie verlief die Meuterei?«, erkundigte sich Hayden leise und schaute sich unauffällig an Bord um. An Deck standen mehr Seesoldaten als sonst, doch alles schien ruhig zu sein.
    »Es gab ein paar Auspeitschungen, Sir«, antwortete Hawthorne und wirkte ein wenig betroffen. »Wir sprechen später darüber.«
    Mr Barthe schritt ebenfalls mit einem breiten Lächeln über das Deck und schüttelte Hayden anerkennend die Hand. »Unsere erste Prise in diesem Krieg«, sagte er herzlich. »Und das haben wir allein Ihnen zu verdanken, Mr Hayden.« Er schüttelte auch dem jungen Wickham die Hand. »Was hat sie

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