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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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gegeben hatte, zur Themis zurückzukehren. Diese Information hatte nur Philip Stephens erhalten.
    Hayden ließ das Fernrohr sinken und vertrieb die Prise aus seinen Gedanken, obwohl er sich insgeheim auf das Prisengeld freute, das eines Tages ausgezahlt würde. Geld hatte Hayden nie im Überfluss gehabt, und daher kam ein unverhoffter Gewinn nicht ungelegen.
    Jemand räusperte sich hinter ihm.
    Hayden drehte sich um. »Mr Archer. Womit kann ich Ihnen dienen?«
    »Der Kommandant entbietet seinen Gruß und bittet Sie, ihn in seiner Kajüte aufzusuchen, Mr Hayden.«
    Hayden glaubte nicht, dass Hart die Aufforderung so formuliert hatte, wusste Archers Wortwahl aber zu schätzen. »Ich gehe sofort zu ihm. Danke, Mr Archer.«
    Archer lächelte. »Meinen Glückwunsch zu der Prise, Mr Hayden. Das war eine mutige Tat, Sir.«
    »Ich weiß nicht, wie mutig wir das zu Wege brachten, aber wir haben das verdammte Schiff aufgebracht, und das allein zählt. Sammelt irgendjemand Spenden für die Familien der Toten?«
    Der junge Leutnant schaute zu Boden und schabte mit einem polierten Stiefel über eine schmutzige Stelle auf den Planken. »Ja, Sir. Mr Hawthorne. Er bat die anderen, den zwanzigsten Teil des Prisengelds den Witwen zu spenden, aber einige der Männer weigerten sich. Andere waren bereit, ihren Anteil mit der Familie eines Mannes zu teilen, nicht aber mit einer anderen Familie. Das ist alles ganz schön verwirrend, Sir.«
    »Es tut mir leid, das zu hören. Bitte sagen Sie Mr Hawthorne, dass er wegen des zwanzigsten Teils zu mir kommen kann. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden ...«
    »Natürlich, Sir. Danke.«
    Diese Gemeinheit im Hinblick auf die Witwenversorgung gab es nur an Bord der Themis, dessen war sich Hayden sicher. Er schüttelte den Kopf und spürte, dass sich seine Laune verschlechterte, als er die Stufen unter Deck nahm. Der Seesoldat vor der Tür meldete Hayden an. Kapitän Hart saß an seinem Tisch, die Augengläser auf der Nase. Die Hände des Kommandanten waren klein und fleischig. Die Nägel seiner Stummelfinger waren kurz wie bei einem Kind - die Hände eines Trolls oder eines verkümmerten Zwergs. Hayden beobachtete, dass Hart seinen Federkiel ungeschickt zwischen Daumen und ausgestrecktem Zeigefinger hielt und das weiße Blatt Papier mit kleinen Tintenklecksen füllte. Über den Rand der Brille schaute er zu Hayden auf.
    »Wie ich hörte, sind Sie zur Hälfte Franzose, Mr Hayden.«
    »Ich bin Engländer, Sir. Meine Mutter stammt aus Frankreich.«
    »Aber Sie sprechen wie ein Franzose?«
    »Ja.«
    »Gut.« Einem Stapel Papier entnahm er ein Blatt und schob es Hayden über den Tisch zu. »Ich bin nicht zufrieden mit Ihrer Einschätzung der französischen Flotte, Leutnant«, sagte er. »Einen solchen Bericht werde ich nicht der Admiralität schicken, solange ich keine genaueren Angaben habe.«
    Hayden war erschrocken. Die Zahlen auf dem Blatt Papier stammten von Landry. Hayden wollte darauf hinweisen, machte sich dann aber klar, dass Hart dies wahrscheinlich längst wusste, da die Einschätzung die Handschrift des Zweiten Leutnants aufwies.
    »Es gibt auch noch den Ankerplatz innerhalb der Île Longue«, fuhr Hart fort, »den wir uns noch gar nicht angesehen haben. Von Land aus kann man sich einen weitaus besseren Überblick verschaffen. Ich werde Sie heute Abend an Land rudern lassen und Sie am folgenden Tag wieder abholen. Eine Stunde nach Mitternacht an der nördlichsten Spitze am Strand unterhalb von Crozon. Ist das klar?«
    »Ja, Sir - allerdings ist die Bretagne kaum ein sicherer Ort für Engländer, selbst für die nicht, die man für Franzosen hält. Wenn man der Times glauben darf, so stand die Gegend vergangenen Juli kurz vor einem Aufstand. Es heißt, die Leute verstecken Priester, die sich weigern, die bürgerliche Verfassung des Klerus zu unterzeichnen. Kurz bevor wir England verließen, las ich, dass vermutlich mehrere Bischöfe in Brest versteckt gehalten werden.«
    Hart beäugte ihn skeptisch und zog die Unterlippe hoch, sodass eigenartige Grübchen auf seinem Kinn erschienen. »Keine Ausflüchte, Sir. Sie werden an Land gebracht. Ich will darüber nicht diskutieren.« Einen Augenblick sah es so aus, als müsse er sich auf das besinnen, was er sagen wollte. Doch dann fuhr er fort: »Mr Landry war so klug, etwas Kleidung von dem französischen Handelsschiff mitzunehmen. Wir werden Sie und Leutnant Hawthorne an Land bringen, sobald es dunkel wird.«
    »Mr Hawthorne spricht kein

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