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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Ausdrucksweise‹, all diese Anklagepunkte ziehen die Todesstrafe nach sich.«
    »Und was ist mit Feigheit vor dem Feind?«, setzte der Leutnant der Seesoldaten dagegen. »Wie müsste man das bestrafen?«
    »In unserer Position haben wir nicht die Möglichkeit, überall nach Gerechtigkeit zu suchen, Mr Hawthorne, wie Sie sehr wohl wissen. Es ist unsere heilige Pflicht, Krieg gegen die Feinde Englands zu führen, und ein Kriegsschiff kann nicht von einer gewählten Versammlung geleitet werden, ganz gleich, wie sehr wir uns das vielleicht wünschen.«
    Hawthorne lehnte sich zurück und betrachtete Hayden. »So müssen also Männer hängen, die im Recht sind, während Offiziere befördert werden, die jedes Mal beim Anblick des Feindes zurückgewichen sind?«
    Hayden fragte sich mit einem Mal, welche widersinnige Wendung des Schicksals ihn in die Lage gebracht hatte, einen Mann wie Hart zu verteidigen. »Wenn Sie in einer gerechten Welt leben möchten, Mr Hawthorne, dann müssen Sie sich nach Amerika aufmachen, wo alles, wie ich hörte, im Lot ist.«
    Hawthorne lächelte. »Sie klingen schon wie Aldrich, unser Philosoph vom Fockmast.«
    »Ja, und Aldrich sollte lernen, vorsichtiger zu sein, denn sonst wird er einen hohen Preis zahlen müssen, fürchte ich.«
    Das Lächeln des Leutnants schwand. »Das habe ich ihm auch schon gesagt, aber Aldrich glaubt, dass jeder, der vernünftig ist, letzten Endes zustimmen muss, wenn man die Wahrheit sagt. Elender Narr.«
    Kurz vor Sonnenuntergang ordnete Hart an, sich der Küste zu nähern. Das Ruder wurde umgelegt, Rahen wurden gedreht, Segel mit einem gewissen Eifer gesetzt. Männer waren für aufrührerisches Benehmen ausgepeitscht worden, aber Hayden glaubte nicht, dass das der Grund war, warum sich die Mannschaft überraschend emsig an die Arbeit machte. Sie hatten eine Prise aufgebracht, und an Bord hatte nicht nur jeder Mann etwas mehr Geld in Aussicht, sondern auch die Stimmung der Männer hatte sich aufgehellt. Zugegeben, die Prise war nur ein Handelsschiff, aber die Männer hatten es unter widrigen Umständen gekapert, für die man ein gehöriges Maß an Mut brauchte - viele hatten gehört, dass Bourne das gesagt hatte. Nunmehr wären sie nicht mehr das Ziel des Spotts in Häfen, in denen britische Schiffe anlegten. Und allein dadurch würde sich die Stimmung jedes Seemanns aufhellen.
    Der Wind ließ nach, bis nur noch ein Hauch der früheren Stärke in den Segeln hing. Die kleine Fregatte wühlte kaum noch das Wasser auf. Als abzusehen war, dass der Wind die Themis nicht näher an die Küste bringen würde, orderte Hart ein Beiboot längsseits.
    »Sie müssen bis zur Küste rudern«, sagte er. »Bestellen Sie den Franzosen meinen Gruß, Mr Hayden.« Es war das erste Mal, dass der Kommandant versuchte, einen Scherz zu machen.
    »Aber es sind noch einige Meilen bis zur Küste«, warf Hayden ein. »Das Boot wird es nicht vor der Dämmerung zum Strand und wieder zurück zum Schiff schaffen. Die Franzosen werden argwöhnen, dass Sie Männer an Land geschickt haben.«
    »Darauf werden sie nicht kommen«, sagte Hart. »Sie gehen in jedem Fall als Franzose durch. Machen Sie weiter. Vergeuden Sie nicht die Dunkelheit, die Ihnen noch bleibt.«
    Hayden und der Leutnant der Seesoldaten kletterten über das Fallreep hinab ins Beiboot.
    »Ablegen«, sagte der Bootssteuerer leise, und die Rudergasten legten sich in die Riemen.
    Hayden warf einen Blick auf Hawthorne, der im Boot kaum zu erkennen war.
    »Und, wie sehe ich aus?«, fragte der Leutnant und schien sich in seiner französischen Kleidung nicht recht wohl zu fühlen.
    »Wie ein Engländer, der sich die Sachen eines Franzosen angezogen hat.«
    »Dachte ich mir. Hoffen wir, dass wir niemandem begegnen.« Einen Moment lang schwieg er, und im schwachen Mondlicht konnte Hayden die Sorgen in der Miene des Mannes sehen. Dann beugte sich Hawthorne vor und wisperte: »Glauben Sie, dieses Unternehmen findet nur statt, um uns loszuwerden?«
    Hayden legte warnend einen Finger auf die Lippen.
    »Oh, machen Sie sich keine Sorgen wegen Childers.« Hawthorne deutete mit dem Kinn auf den Bootssteuerer.
    Hayden fragte sich, ob der Leutnant nicht vielleicht recht hatte, denn derselbe Gedanke war ihm auch schon gekommen. »Wir haben uns in Plymouth für die Pflicht entschieden. Können wir uns nun anders entscheiden?«
    »Genau«, antwortete Hawthorne, und sie verfielen in Schweigen.
    Das kleine Boot rollte in der sanften Dünung, und da man die

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