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Unter goldenen Schwingen

Unter goldenen Schwingen

Titel: Unter goldenen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Luca
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schüttelte den Kopf. »Sieh mich an«, wiederholte er sanft.
    Ich tat es, verwundert, verstand nicht, was er … und plötzlich schrie ich erstickt auf.
    Er war der Gleiche, und war es doch nicht. Sein ganzer Körper schimmerte golden, viel stärker, als ich es früher wahrgenommen hatte.
    Und ich konnte seine Flügel sehen.
    Es waren mächtige Schwingen, strahlend weiß, mit glitzernden goldenen Funken. Sie ragten hoch über ihn empor und breiteten sich zu beiden Seiten ein wenig aus, als er sich entspannte. Sein Gesicht war nicht mehr nur schön. Es war perfekt. Sein wildes, blondes Haar schimmerte wie aus Gold.
    »Victoria.« Seine Stimme klang behutsam und unendlich sanft.
    Atemlos blickte ich ihn an, in sein überirdisches Gesicht mit denselben hellbraunen Augen, in die ich damals auf der Straße liegend geblickt hatte, während des Überfalls beim Autowrack, und vorhin in der dunklen Bibliothek.
    »Ich war es immer«, sagte er leise. »Du warst es, die mich nicht erkannt hat.«
    Die Zeit hatte keine Bedeutung mehr. Ich stand einfach vor ihm, unfähig, meinen Blick von ihm zu nehmen.
    Ein ruhiges Lächeln auf den Lippen, wartete er geduldig, während meine Augen sich an seinem Anblick nicht satt sehen konnten. Seine Flügel waren so groß, dass sie die ganze Breite des Mittelgangs der Kirche ausfüllten. Lange, weiße Federn, dicht und elegant, glitzerten wie Diamanten im schwachen Licht. Es sah aus, als wären zarte Goldfäden darin versponnen.
    »Ich bin es«, sagte er sanft. Konnte er meine Gedanken spüren? »Hab keine Angst.«
    Ganz langsam, wie um mich nicht zu erschrecken, ergriff er meine Finger und hielt sie behutsam fest. Ich starrte stumm auf seine große Hand, die mich so sanft berührte. Es knisterte wie Feuer auf meiner Haut.
    »Fürchtest du dich vor mir?«, fragte er leise.
    Ich brachte es fertig, den Kopf zu schütteln. Als ich sprach, war meine Stimme nur ein heiseres Flüstern. »Bleib bei mir.«
    Es waren die einzigen Worte, die zählten.
    »Ich verspreche es«, sagte er leise.
    Ich räusperte mich, um mir meiner Stimme sicher zu sein. »Dürfen Engel lügen?«, murmelte ich zaghaft.
    Er schmunzelte. »Nein.« Seine Stimme klang rein und klar, und so harmonisch wie Musik.
    Ich ließ meinen Blick über die Konturen seines perfekten Gesichts wandern, über seine schimmernde Haut, und über sein blondes Haar, das selbst im dämmrigen Licht der Kirche golden glänzte. Ich betrachtete seine mächtigen Flügel, strahlend weiß und glitzernd, die ihn hoch überragten und bis zum Steinboden hinunter reichten.
    »Ist das wirklich wahr?«, flüsterte ich. »Bist du real?«
    »Das hast du doch schon seit längerer Zeit geahnt.« Es klang so, als wäre er stolz auf mich. »Du hast schließlich die letzten Tage damit verbracht, nach mir zu suchen.«
    »Aber ich wusste nicht, was du bist «, erwiderte ich atemlos.
    Er neigte den Kopf ein wenig zur Seite und seine Augen funkelten. »Wenn ich mich nicht täusche, dann hattest du eine Theorie.« Auf seinem Gesicht erschien ein schalkhaftes Lächeln, das ihn, wenn das überhaupt möglich war, noch umwerfender aussehen ließ.
    Ich merkte, dass ich rot wurde, und senkte den Blick.
    »Deine Theorie war richtig«, sagte er leise und legte seine Finger sanft unter mein Kinn, damit ich ihn wieder ansah. Seine Berührung jagte mir einen angenehmen Schauer durch den Körper. »Selbstverständlich bin ich deinetwegen aufgetaucht.«
    »Es kam mir so unwahrscheinlich vor, das zu denken«, murmelte ich kleinlaut.
    »Dich zu beschützen ist der Sinn meiner Existenz.« Er sprach die Worte mit solcher Schlichtheit, dass mir die Luft wegblieb.
    Ich versuchte angestrengt, meine verwirrten Gedanken zu ordnen, denn ich hatte das Gefühl, als würde mein Verstand viel langsamer funktionieren, als ich es gewohnt war. Als würde das, von dem ich glaubte, dass es gerade geschah, meinen Verstand bei weitem übersteigen.
    Wie um mir selbst zu beweisen, dass er wirklich vor mir stand, legte ich langsam meine andere Hand auf unsere beiden Hände. Seine Haut schimmerte golden zwischen meinen Fingern.
    »Nein«, beantwortete er meine unausgesprochene Frage. »Es ist kein Traum.«
    Neben all dem, das ich gerade erlebte, erschien es mir beinahe normal, dass er offenbar meine Gedanken lesen konnte.
    »Bereits bei unserer ersten Begegnung, als ich dich aus dem Wrack gezogen habe, hast du geahnt, wer ich bin. Ist es nicht so?«
    »Ich habe gefühlt, dass da etwas war. Etwas Besonderes. Du

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