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Unter goldenen Schwingen

Unter goldenen Schwingen

Titel: Unter goldenen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Luca
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»Victoria …«
    Ich erschrak über die Intensität, die mich wie ein Pfeil traf, als er meinen Namen aussprach. Dann sah ich das Flehen in seinen Augen.
    »Habe ich etwas Falsches gesagt?«, fragte ich erschrocken.
    Er schüttelte den Kopf. »Vertraust du mir?«
    »Aber natürlich«, erwiderte ich ohne nachzudenken, perplex über diese Frage, deren Antwort doch so offensichtlich war.
    »Dann besteh nicht darauf, dass ich deine Fragen jetzt beantworte. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt. Ich verspreche dir, dass du deine Antworten später bekommen wirst.«
    Das Bitten in seinen Augen ließ mir keine Wahl. Ich nickte.
    Sein Gesichtsausdruck entspannte sich. »Danke. Du brauchst diese Kreaturen nicht mehr zu fürchten. Ich werde dich beschützen – wenn du es mir erlaubst.«
    »Wenn ich es dir erlaube? Was ist denn das für eine seltsame Regel?«
    Er schmunzelte ein wenig. »Schutzengel dürfen nur unter bestimmten Bedingungen handeln. Damit ich dich vor diesen Kreaturen beschützen kann, musst du mich rufen.«
    »Und wie?«, fragte ich langsam.
    »In der Bibliothek hast du um Hilfe gekrächzt. Das war mehr als genug für mich.«
    Ich fasste es nicht. »Großartig«, murmelte ich. »Ich würde das lieber nicht wiederholen. Verrätst du mir deine Nummer?«
    »Besser. Ich verrate dir meinen Namen.«
    Ich wartete.
    »Nathaniel«, sagte er schließlich. »Mein Name ist Nathaniel.«
    Ich nickte langsam und betrachtete ihn nachdenklich. In der letzten halben Stunde hatte sich meine ganze Welt komplett auf den Kopf gestellt.
    »Ich denke, das war mehr als genug für eine erste Begegnung«, sagte er leise. »Lass mich dich nach Hause bringen.«
    Ich zögerte verwirrt. Meinte er, was ich dachte, das er meinte?
    »Jetzt? Okay …« Ich machte unsicher einen halben Schritt auf ihn zu. »Ich … äh … bin bereit.«
    Nathaniel starrte mich einen Moment lang an – dann brach er in herzliches Lachen aus. Er sah atemberaubend aus.
    Ich runzelte gekränkt die Stirn.
    »Du musst schon selbst laufen«, grinste er und forderte mich mit einer Armbewegung auf, voranzugehen.
    »Woher soll ich denn das wissen?« Ich stapfte auf die Tür zu. »Ich dachte, was weiß ich, du beamst uns nach Hause oder so …«
    »Ich weiß.« Er grinste. »Das war ja das Komische.«
    Ich warf ihm einen beleidigten Seitenblick zu.
    Na großartig , dachte ich. Einfach großartig. »Wie schön, dass dich das so erheitert«, grummelte ich. »Ich habe eben keine Ahnung von deiner Welt …«
    Ich verstummte, als er seine Hand mit einer knappen Bewegung über die Schlösser gleiten ließ, ohne das Metall zu berühren. Die Tore entriegelten sich und schwangen knarrend zur Seite. Während mein Blick noch staunend an den Eisentoren hing, schob er mich sanft durch den Torbogen.
    »Zum Beispiel das hier«, sagte ich. »Wie hast du das gemacht?«
    Doch Nathaniels Aufmerksamkeit richtete sich auf den Park, der vor uns lag. Seine Augen verengten sich.
    »Sie sind noch hier«, knurrte er leise.
    »Was?« Ich folgte seinem Blick, spähte angestrengt in die Dunkelheit und bemühte mich, etwas im Schatten der Bäume zu erkennen.
    Und plötzlich sah ich sie.
    Meine Augen suchten hektisch den Park ab und ich nahm noch eine weitere Bewegung wahr, und dann noch eine, und plötzlich waren es so viele, dass die Büsche selbst sich zu bewegen schienen.
    Der ganze Park war ein einziges Nest.
    Mir lief es kalt den Rücken hinunter und ich trat instinktiv näher an Nathaniel heran.
    »Sie haben auf uns gewartet.« Er schüttelte verächtlich den Kopf. »Als ob ich dich allein gehen lassen würde.« In seinen schönen Augen funkelte eine gefährliche Mischung aus Zorn und Verachtung. »Wir werden ihnen beweisen, dass wir sie nicht fürchten.«
    »Sprich nur für dich selbst«, murmelte ich. Meine Stimme bebte.
    Nathaniel sah mich an und sein zorniger Blick wandelte sich binnen eines Moments in den ruhigen Ausdruck, den ich kannte. »Nichts wird dir zu nahe kommen«, versprach er. Dann trat er einen Schritt zurück.
    Ich wartete atemlos, als er plötzlich flüsterte:
    »Hab keine Angst vor mir.«
    Einen Augenblick lang verstand ich nicht, was er meinte. Weshalb hätte ich mich vor ihm fürchten sollen? Erst dann ahnte ich, dass seine Worte als Vorwarnung gemeint waren – doch es hätte mich ohnehin nichts auf das vorbereiten können, was jetzt geschah.
    In einer einzigen, kraftvollen Bewegung breitete er seine Flügel aus und der goldene Schimmer, der ihn sonst umgab, vervielfachte

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