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Unter goldenen Schwingen

Unter goldenen Schwingen

Titel: Unter goldenen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Luca
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vorsichtig.
    »Du hast sie selbst gesehen«, sagte er düster. »Meinst du, sie lassen sich von Mauern aufhalten?«
    Ein Schauer lief mir über den Rücken und etwas von der Aufregung kehrte zurück.
    »Nein«, sagte ich leise. »Bestimmt nicht.«
    »Dazu braucht es viel mehr.« Wagner betrachtete mich aufmerksam. »Es muss ein traumatisches Erlebnis für dich gewesen sein. Du hast sie zum ersten Mal gesehen, nicht wahr?«
    Ich nickte zögernd.
    »Ein schreckliches Gefühl, nicht?«, murmelte Wagner. »Zu wissen, dass sie jederzeit wieder auftauchen könnten …«
    »Sie … waren auch bei mir zu Hause«, flüsterte ich langsam.
    »Ist das so?« Wagners Gesichtsausdruck wurde sehr ernst. »Es ist seine Aufgabe, dich zu beschützen. Was tut er, damit du sicher bist?«
    Mein Herz schlug schneller. Er sprach tatsächlich über Nathaniel. Ich schluckte und presste die Lippen aufeinander. »Er hat sie … verjagt«, flüsterte ich kaum hörbar.
    »Sehr gut!« Wagner nickte enthusiastisch. »Ich nehme an, er hat etwas eingebaut, bevor er weggeflogen ist?«
    »Eingebaut?« Ich versuchte, mich daran zu erinnern, ob Nathaniel gestern etwas eingebaut hatte. Konnte er es ohne mein Wissen getan haben?
    »Melinda sollte auch etwas einbauen lassen. Was habt ihr gewählt?«, fragte Wagner interessiert.
    Ich blinzelte blank. »Ich … weiß nicht …«
    »Was hat er eingebaut?«, fragte er wieder. »Bewegungsmelder, Sicherheitsschlösser, eine verstärkte Eingangstür … ?«
    Ich hatte die skurrile Vision von Nathaniel in einem blauen Overall, aus dem seine riesigen Flügel ragten, während er ein überdimensionales Vorhängeschloss an unsere Wohnungstür schraubte.
    Wagner runzelte die Stirn. »Ich dachte, dein Vater hat das Problem gelöst, bevor er nach Hong Kong geflogen ist?«
    Oh. Mein. Gott.
    »Wovon sprechen Sie eigentlich?«, murmelte ich verwirrt.
    »Von den Einbrechern, natürlich!«
    Ich öffnete und schloss den Mund, ohne dass ein Ton herauskam. Wie ein Fisch auf dem Trockenen. Wagner musterte mich erwartungsvoll.
    »Vorhängeschloss«, japste ich schließlich.
    »Was?«
    Ich räusperte mich. »Ich meine, Sicherheitsschloss. Nein, Sicherheits tür .« Ich atmete tief durch. »Wir haben eine Sicherheitstür.«
    Wagner nickte wohlwollend. »Eine gute Wahl.« Dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder ernst. »Es wäre katastrophal für den Ruf der Universität, wenn dieser Sicherheitsvorfall an die Öffentlichkeit käme. Melinda will versuchen, bei der nächsten Rektoratssitzung ein höheres Budget für den Sicherheitsdienst zu erwirken. Da du ähnliche Erfahrungen gemacht hast, verstehst du sicher, wie unangenehm ihr die ganze Situation ist. Bitte erzähl niemandem etwas von dem Vorfall.«
    Ich starrte Wagner an. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, was tatsächlich geschehen war. Und ich hätte mich um ein Haar verplappert. Zum zweiten Mal. »Ich sage kein Wort. Darauf können Sie sich verlassen.«
    Und wie.
    »Sehr gut.« Wagner nickte. Dann warf er einen flüchtigen Blick auf die Uhr. »Du meine Güte, du kommst zu spät zum Unterricht! Ich werde Melinda ausrichten, dass es dir gut geht. Und übrigens, sie möchte, dass du heute bei ihr vorbeikommst. Sie sagt, du hättest deine Jacke vergessen.«
    Ich schaffte es gerade noch mit dem Läuten zum Klassenzimmer und schob mich kurz hinter Herrn Schulz durch die Tür.
    »Was wollte Wagner?«, flüsterte Anne, als ich mich auf den Stuhl neben ihr fallen ließ.
    »War ein … äh … Missverständnis.«
    Anne runzelte die Stirn, doch in diesem Moment erinnerte Herr Schulz die Klasse an den umfangreichen Stoff für die bevorstehende Prüfung am Donnerstag – und der Gedanke, die nächsten Tage über Mathebüchern verbringen zu müssen, fegte mein Gespräch mit Wagner völlig aus Annes Aufmerksamkeit.
     
    »Mark hat Chrissy gefragt, ob sie mit ihm für die Prüfung lernt«, flüsterte Anne, als wir uns nach der letzten Stunde im Gedränge die Treppen hinunterkämpften. Anne warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass Chrissy und Mark weit genug hinter uns waren, um uns nicht zu hören.
    »Was hat sie gesagt?«, fragte ich.
    »Dass Julius Caesar krank ist und sie im Reitstall lernen wird. Aber wenn Mark will, kann er mitkommen.« Anne grinste. »Ich wette, er will. Und wer kann seinen Enkeln schon erzählen, dass Julius Caesar sie zusammengebracht hat?«
    Manchmal war es einfach nicht zu verleugnen, dass Anne bei ihrer Großmutter aufgewachsen war. Ich

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