Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Bronx nur verlassen, um seinen Dienst bei der Army abzuleisten und später die Polizeiakademie zu besuchen. Er war ein harter, aber gerechter Cop, sein Name in der South Bronx längst Legende, denn er war unbestechlich und entschlossen, die ehrliche Bevölkerung vor den Verbrechern zu schützen.
»He, Marvin!« Patrick Peters, der Lieutenant vom Dienst, streckte um kurz nach eins seinen Kopf zur Tür des Aufenthaltsraumes herein. »Eine Frau aus einem Wohnblock Flatbush Street Ecke Sound View Avenue hat gerade gemeldet, dass wieder diese Bande aufgetaucht ist und die Leute da terrorisiert. Ich habe Hank und Freddie hingeschickt.«
Finnegan legte sein Blatt mit kurzem Bedauern hin. Er hatte ein Fullhouse auf der Hand, aber das war Pech.
»Jungs«, sagte er zu seinen Kollegen, »auf geht’s!«
Tom Ganelli, seit drei Jahren Finnegans Partner, grinste aufgeregt.
»Pat«, sagte Finnegan, während er in seine Jacke schlüpfte, »versuch, Valentine und Burns zu erreichen. Sie sollen da hinkommen, aber ohne Sirene. Heute Abend legen wir diesen Schweinen ein für alle Mal das Handwerk.«
Nur zehn Minuten später hielt der Streifenwagen in einer Stichstraße unweit des Wohnblocks. Bei dem Gebäude handelte es sich um eines dieser nur halb bewohnten, fast verfallenen Häuser, in denen Arbeiterfamilien neben Fixertreffs, Pennerquartieren und illegalen Spielhöllen hausten. Schon von weitem hörten Finnegan und Ganelli Schreie und das Geräusch von splitterndem Glas. Im Schatten der bröckeligen Mauern huschten sie zur rückwärtigen Seite des Hauses, wobei sie aufpassen mussten, nicht über Schutt und Unrat zu stolpern. Sie kamen an einem ausgebrannten Autowrack vorbei, wie sie zu Dutzenden in dieser Gegend zu finden waren. Finnegan zog seine Dienstwaffe. In den letzten Wochen war es zu einer ungewöhnlichen Häufung dieser nächtlichen Überfälle auf abbruchreife Wohnblocks gekommen, bei denen die Bewohner der Häuser zusammengeschlagen und bedroht wurden. Zweimal war ein Haus angezündet worden und da man jedes Mal die Hydranten in der Nähe blockiert hatte, waren sie bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Für die Männer des 41. Polizeireviers sah es nach gezielten Entmietungsaktionen aus. Wenn die Bewohner aus Angst und des ständigen Terrors müde endlich aufgegeben hatten und ausgezogen waren, rückten die Bagger mit den Abrissbirnen an und machten das Haus dem Erdboden gleich. Überall standen ausgebrannte Ruinen oder lagen Schuttberge, wo früher einmal Wohnblöcke gestanden hatten. Bauland war rar in New York City. Irgendwann würden hier neue Gebäude entstehen, teure Eigentumswohnungen oder Bürogebäude. Vielleicht würde dieser Bezirk in ein paar Jahren saniert werden, und die gewissenlosen Immobilienspekulanten, die die Grundstücke für billiges Geld erworben hatten, würden einen gewaltigen Reibach beim Verkauf machen. Die armen Leute aber würden nach East Harlem oder in andere, noch verkommenere Stadtviertel abgedrängt. Per Funk verständigten sich die Polizeibeamten und schlossen einen Ring um das Haus.
»Wie viele sind es und wo sind sie?«, wollte Finnegan wissen.
»Sie sind im Haus«, erwiderte sein Kollege von der anderen Seite, »ich schätze, es sind fünf oder sechs.«
Langsam näherten sie sich dem Haus.
»Hier riecht es verdammt nach Benzin«, sagte Ganelli leise, »die wollen wohl die Bude abfackeln.«
In diesem Moment erhellte schon ein Feuerschein die Nacht, Fenster wurden aufgerissen und Leute schrien verzweifelt.
»Ruf die Feuerwehr«, sagte Finnegan und schaltete sein Funkgerät an, »alle anderen rücken vor!«
Gerade als sie vor dem Haus auftauchten, wollten die Brandstifter durch die geborstene Haustür flüchten.
»Polizei!«, brüllte Finnegan und stürmte mit gezogener Waffe los. »Stehen bleiben!«
Ganelli ließ den hellen Scheinwerfer aufflammen und richtete ihn auf die Männer. Für eine Sekunde verharrten die Typen geblendet, dann zog einer von ihnen eine Waffe.
»Runter!«, schrie Finnegan und duckte sich. Keine Sekunde zu spät, denn der Mann begann schon in der Gegend herumzuballern. Finnegan riss seine 38er Magnum hoch und drückte ab. Gewissensbisse oder ein kurzes Zögern konnten in einer Situation wie dieser tödlich sein. Er hörte hinter sich einen erstickten Schrei, dann erlosch der Scheinwerfer. Die anderen Beamten stürzten sich auf die fünf Typen, die nun brav wie die Chorknaben dastanden,
»Tommy?« Marvin Finnegan beugte sich besorgt über seinen
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