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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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offenlassend, sein. Je nachdem.
    Im Augenblick kann man den Korsaren nicht dienen.
    Es hat keinen Zweck, Schiffe zu verraten; denn die Seeräuberflotte ist noch nicht wieder schlagkräftig. Aber Luigi Parvisi befindet sich auf dem Weg nach Algier. Er wird Livio den Händen des Deys entreißen wollen. Das muß man Benelli mitteilen.
    »Es erscheint angebracht«, schreibt er an Benelli, »auf der Hut zu sein. Dieser Luigi Parvisi, der schon einmal dem Zugriff Ihrer Korsaren entschlüpft, ist ein Mensch, dem alles zugetraut werden kann, selbst die Anzettelung eines Aufstandes gegen die Türken.« Und nach einer in alle Einzelheiten gehenden Beschreibung Luigis – »Ich halte es für meine Pflicht, Verehrtester«, er gebraucht auch jetzt den richtigen Namen des Renegaten nicht,
    »Sie zu warnen. Meine Ergebenheit dem Dey und Ihnen gegenüber ist Ihnen bekannt; Sie werden sie zu würdigen wissen.«
    Das ist nicht schlecht, eigentlich recht gut, findet er beim Überlesen der Zeilen. Vor allem das »Ihrer« vor Korsaren. Er wollte doch »der Korsaren« schreiben.
    Aber mag ruhig das andere stehenbleiben, das Benelli zeigen wird, daß sein eigenmächtiges Spiel mit den Parvisis durchschaut ist.
    Hoffentlich versteht der Kerl, dem Wort »würdigen«
    den gewünschten Sinn, die Beseitigung Luigi Parvisis, zu entnehmen. Aber man hat ja ein zweites Eisen im Feuer, das, seitdem das Fortbestehen der Deyherrschaft gewiß geworden ist, nicht mehr dem ursprünglichen Zweck dienen kann. Rufen wir die Leute, die Livio suchen sollten, zurück.
    »Sollte euch Luigi Parvisi über den Weg laufen – er ist ein Feind!«
    Als Nachsatz hat er diese Bemerkung dem Schreiben an seine Leute angehängt. So ganz nebenbei, ohne sie wichtig zu machen. Wichtiges steht meistens am Anfang, oder es wird so herausgestellt, erklärt, unterstrichen, vielfältig darauf hingewiesen, daß es niemand übersehen kann. Ein Mensch wie Agostino Gravelli kritzelt es auf den Rand, setzt es noch flüchtig unter den Gruß und die Unterschrift. Ist ja so unwichtig. Seine Kreaturen aber, nicht anders als er selbst, verstehen es. Wie Donner, Blitz, Trompetenstoß wirkt es auf sie. Ein Befehl, der alles andere zurückstellt.
    Ein Vorstoß zu neuer Tat. Der Hebel ist angesetzt. Laß laufen nun.
    Kein Wollen, keine Kraft mehr danach. Das Strohfeuer ist niedergebrannt.

    SCHIFFSJUNGE DER KORSAREN
    El-Fransi – Parvisi – durchstreift wieder die Regentschaft Algerien. Selim fühlt sich glücklich an der Seite des Freundes, der vom einstigen Schüler längst zum Meister geworden ist.
    Immer noch suchen die beiden das Kind, das nun fast kein Kind mehr ist.
    Nirgends eine Spur zu finden.
    »Ob er – tot ist, mein Livio?« Die schon Hunderte von Malen gestellte Frage kann der Neger auch jetzt nicht beantworten. Luigi erwartet kein Ja oder Nein von dem treuen Begleiter zu hören. Sie galt ihm selbst. Kann man damit nicht erfahren, was ist und was nicht? Nichts ver-neint sie. Er spürt, daß sein Sohn lebt. Irgendwo in diesem großen Lande lebt er. Man wird so lange weitersuchen, bis die Schleier um Livio zerrissen sind, bis man ihn gefunden hat.
    Wochen- und monatelang sind die beiden Jäger und Forscher unterwegs, kehren dann für kurze Zeit nach La Calle zurück.
    Roger de la Vigne kommt dem Freund mit weitgeöffneten Armen entgegen, begrüßt ihn immer wie einen Neu-geschenkten; denn Luigi kehrt aus Gefahren wohlbehal-ten heim. Wie gerne möchte auch er einmal mit hinaus-ziehen, Abenteuer erleben, wie er sie immer von Afrika träumte. Aber seine beruf liehen Aufgaben fesseln ihn an die Compagnied’Afrique. Und er würde den Freund nur hemmen, ihm vielleicht sogar schaden.
    Mancher alte Bekannte aus der ersten Zeit von Parvisis Aufenthalt in La Calle lebt nicht mehr. Das Meer hat seine nassen Arme ausgestredct, die Hand geballt und die Barke zerschmettert, die Menschen in die Tiefe gerissen; andere sind bei dem Gemetzel in der Kirche von Bona umgekommen.
    Einer neben Roger ist geblieben: Claude. Zu einem strammen Burschen ist er geworden. So müßte Livio jetzt auch sein. Die väterliche Freundschaft von einst hat sich zu einer richtigen Männerfreundschaft entwickelt, ist tief und innig. Mit Claude kann man trotz seines ju-gendlichen Alters über ernsthafte Dinge sprechen.
    Nicht lange hält es Luigi in der Korallenfischerstadt.
    Schuld daran ist – Claude. Luigi liebt ihn, wie er sich von dem Jungen geliebt und verehrt weiß, und sieht in ihm Livio. Das ist zuviel für

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